Einigung bei Biomasse und Teilhabegesetz: Koalition vertagt Entscheidung zu Erbschaftsteuer und Löhnen
Koalitionsausschuss verschiebt wichtige Entscheidungen, aber einigt sich in Sachen Energiewende. CSU setzt sich bei der Förderung von Biomasse durch.
Bei ihrem Treffen im Berliner Kanzleramt haben die Spitzen der Koalition wichtige Entscheidungen vertagt. Zur Reform der Erbschaftsteuer und zum Gesetz zur Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau seien weitere Beratungen nötig, hieß es in der Nacht zu Donnerstag. Einigen konnte sich die Koalition auf die Reform der Ökostromförderung und auf ein Teilhabegesetz, das Menschen mit Behinderungen unterstützen soll.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder wertete die Übereinkünfte am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin" als "vernünftige Ergebnisse". "Gestern war das eine ausgesprochen gute Atmosphäre", sagte der CDU-Politiker im Lichte zahlreicher Spannungen in den letzten Wochen. Zum Verhältnis von CDU und CSU äußerte er sich zurückhaltend optimistisch: "Wir sind dabei, das auf eine vernünftige Basis zu stellen."
Bei der geplanten Neuregelung der Förderung erneuerbarer Energien räumten die Koalitionäre unter der Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die letzte Hürde aus dem Weg: Sie einigten sich auf die künftige Förderung von Biomasse-Anlagen. In den ersten drei Jahren solle das geförderte Ausbauvolumen 150 Megawatt betragen, in den darauffolgenden drei Jahren dann noch einmal 200 Megawatt.
In diesem Punkt der geplanten Gesetzesnovelle setzte sich die CSU durch, deren Chef Horst Seehofer in Berlin vehement die Interessen der bayerischen Biomasse-Anlagebetreiber vertritt. In Unionskreisen war in der Nacht von einem "klaren Bekenntnis zur Biomasse" die Rede. Die Einigung sei ein "wichtiger Schritt" für die Neuregelung der Förderung erneuerbarer Energien. Am Tag zuvor hatten sich bereits Bund und Länder auf die Grundzüge der Novelle geeinigt, wobei die Biomasse-Förderung weiter umstritten geblieben war.
Ebenfalls einig wurden sich die Koalitionsspitzen bei dem geplanten Teilhabegesetz, das die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung verbessern soll. "Damit gibt die Koalition grünes Licht für eines der wichtigsten sozialpolitischen Projekte der Wahlperiode", hieß es in Koalitionskreisen.
Mit dem Teilhabegesetz setzt die Bundesregierung die Vorgaben der UN-Behindertenkonvention um. Behinderte sollen mehr Hilfe bei der Eingliederung ins Alltagsleben erhalten, Barrieren sollen abgebaut werden, und Behinderte sollen mehr Geld ansparen können, ohne dass dies auf die Hilfsleistungen angerechnet wird. Nach Angaben aus Unionskreisen einigten sich die Koalitionsspitzen darauf, die Kommunen mit fünf Milliarden Euro bei den Kosten zu entlasten.
Union weiter mit Bedenken gegen Schwesig-Vorhaben
Vertagt wurde den Angaben zufolge eine Einigung über ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen, das vor allem von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorangetrieben wird. Von Unionsseite hieß es, die Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben bestünden auch nach dem Treffen fort.
Knackpunkt ist vor allem das von Schwesig geplante Auskunftsrecht, mit dem Frauen erfahren können, was ihre männlichen Kollegen auf vergleichbaren Posten im Durchschnitt verdienen. Union und Wirtschaft fürchten einen zu hohen bürokratischen Aufwand. Die Union will das Auskunftsrecht erst in Unternehmen ab 500 Arbeitnehmern gelten lassen.
Neues Treffen zur Erbschaftsteuer womöglich schon Freitag
Ohne Durchbruch endeten auch die Beratungen über die anvisierte Reform der Erbschaftsteuer. Die Parteichefs von SPD und CSU, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer, wollten in Kürze zu einer neuen Beratungsrunde mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusammenkommen, hieß es aus Koalitionskreisen. Dieses Treffen könnte bereits am Freitag stattfinden.
Das Thema ist seit Monaten in der Koalition umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2014 wesentliche Teile der bislang gültigen Steuervergünstigungen für Firmenerben gekippt und eine Frist für die Neuregelung bis Ende Juni 2016 gesetzt. Für Streit sorgt in der Koalition die Frage, unter welchen Auflagen und wie weit der Staat den Firmenerben entgegenkommen soll. (Tsp, AFP)