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Geht es doch weiter nach Westen? Ein Mann trägt sein Kind am Bahnsteig auf dem Bahnhof des Dorfes Tovarnik in Kroatien auf dem Arm.
© Gregor Fischer/dpa

Newsblog Flüchtlinge: Keine Absprachen über Grenzöffnung: Ungarn entwaffnet Polizisten aus Kroatien

Kroatien hat die Weiterleitung von bis zu 4000 Flüchtlingen offenbar nicht mit Ungarn abgesprochen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will Kroatien helfen. Die Ereignisse des Freitags im Newsblog.

Juncker will Kroatien unterstützen: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Kroatien zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms technische und logistische Unterstützung angeboten. Das teilt die Exekutive der Europäischen Union mit.

Ungarn entwaffnet kroatische Polizisten im Zug: Die Flüchtlingstransporte von Kroatien nach Ungarn sind offenbar nicht zwischen den beiden EU-Nachbarn koordiniert. „Ohne jegliche Absprache sind 1000 Migranten mit dem Zug nach Magyarboly gebracht worden“, sagte Ungarns Regierungssprecher Zoltan Kovacs am späten Freitagabend im ungarischen Grenzort Beremend. Die 40 kroatischen Polizisten, die den Zug begleiteten, seien entwaffnet, der Zugführer festgenommen worden, fügte der Sprecher hinzu.

Zuvor waren die Bereitstellung eines ungarischen Zugs zur Abholung der Flüchtlinge im Grenzbahnhof Magyarboly und von Bussen am Grenzübergang Beremend als Anzeichen dafür gedeutet worden, dass die Menschen auf organisierte Weise nach Österreich gebracht würden. Augenzeugen sahen zudem, wie ungarische und kroatische Polizisten in dem Grenzbahnhof gemeinsam agierten. In kroatischen Medien hieß es bereits: „Korridor nach Westen geöffnet“. Am späten Freitagabend mutmaßten ungarische Medien jedoch, dass die Asylbewerber in westungarische Lager gebracht würden. Ein erster Bus traf bereits im Aufnahmezentrum Vamosszabadi bei Györ ein, wie die lokale Webseite „kisalfold.hu“ berichtete.

Mehr als 4000 Flüchtlinge sind bislang über Kroatien nach Ungarn gekommen, wie die Regierung in Budapest weiter mitteilte. Bis Ende des Tages würden bis zu 1200 weitere erwartet.

EU-Ratspräsident gesteht Versagen ein: EU-Ratspräsident Donald Tusk fordert eine glaubwürdige europäische Flüchtlingspolitik. Die Europäer seien derzeit nicht in der Lage, ihre gemeinsamen Außengrenzen zu sichern. Der Schutz der europäischen Gemeinschaft sei aber "unsere erste Pflicht", schreibt Tusk in seiner Einladung zum Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Mittwoch. "Wir haben an dieser Front versagt."

Slowenien folgt dem kroatischen Beispiel: Nach Kroatien erwägt nun Sloweniens Regierung die Einrichtung eines Korridors für Flüchtlinge durch das eigene Land. Sollte der Druck durch den Zustrom für Slowenien zu groß werden, werde man über eine solche Maßnahme mit den betroffenen anderen Staaten sprechen, sagt Ministerpräsident Miro Cerar. Beamte der slowenischen Bereitschaftspolizei versperrten indes etwa 200 Flüchtlingen den Weg. Die aus Kroatien kommenden Migranten werden im Niemandsland zwischen beiden Staaten auf einer Brücke über den Fluss Sutla aufgehalten.

Merkel telefoniert mit Zagreb: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit dem kroatischen Ministerpräsidenten Zoran Milanovic wegen der Flüchtlingssituation in dessen Land telefoniert. Milanovic habe über die Anstrengungen Kroatiens gesprochen, seinen Verpflichtungen vollständig nachzukommen und dabei eine menschenwürdige Behandlung aller Flüchtlinge zu gewährleisten, berichtete Regierungssprecher Steffen Seibert. „Die Bundeskanzlerin und der Ministerpräsident stimmten überein, dass das Problem an den Außengrenzen der Europäischen Union gelöst werden müsse.“

Mehr als 17.000 Flüchtlinge sind seit Mittwochmorgen nach Kroatien gekommen, teilte das kroatische Innenministerium mit. Mehr als 3000 davon seien inzwischen nach Ungarn weitergezogen.

Österreich behält sich Abweisung von Flüchtlingen vor: Österreich behält sich nach Angaben des Innenministeriums vor, aus Ungarn kommende Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen. Sollten sie nicht vorhaben, Asyl zu beantragen, könne ihnen die Einreise verweigert werden, sagt ein Sprecher des Ministeriums.

Flüchtlinge sollen wohl nach Österreich gebracht werden: In Ungarn verdichten sich Anzeichen, dass noch am Abend mehrere Tausend Flüchtlinge aus Kroatien über Ungarn nach Österreich gebracht werden könnten. Kroatische Autobusse und Züge brachten seit dem Nachmittag Hunderte Asylbewerber an mehreren Punkten zur ungarischen Grenze. Am frühen Abend traf in Ungarn ein Zug mit mehr als 1000 Flüchtlingen ein. Das berichtete ein Reuters-Fotograf. Ein Sprecher der ungarischen Polizei sagte, Flüchtlinge würden per Bus zu zwei Registrierungszentren nahe der österreichischen Grenze gebracht.

Kroatische Medien jubelten „Korridor nach Westen geöffnet“. Rund 3500 Flüchtlinge hätten Kroatien schon verlassen und seien in Ungarn auf den Weg nach Österreich gebracht worden. Das sei ein Zeichen, dass die von Regierungschef Zoran Milanovic angekündigte Umleitung der Flüchtlinge nach Ungarn funktioniere. Demgegenüber habe Slowenien am Autobahngrenzübergang Bregana rund 300 Flüchtlinge wieder nach Zagreb zurückgeschickt.

Ungarische Busse warteten auch an den Straßengrenzübergängen auf die Ankömmlinge, die auf der kroatischen Seite abgesetzt worden waren. Das ungarische Außenministerium hatte zunächst Berichte kroatischer Medien vehement dementiert, wonach Kroatien, Ungarn und Österreich einen „Korridor“ für die Weiterreise der Flüchtlinge vereinbart hätten.

Ungarn soll geflüchtete Kinder besser behandeln: Dazu hat das UN-Kinderhilfswerk Unicef das EU-Land aufgefordert. „Szenen wie die vom Mittwoch, als Kinder zwischen Gewalt und Unruhen gefangen waren, dürfen sich nie wiederholen“, hieß es in einer in New York veröffentlichten Mitteilung. Ungarn müsse die Flüchtlingskinder besser beschützen und in ihrem Interesse handeln. „Kinder dürfen nicht kriminalisiert werden, weil sie ein Flüchtling oder Migrant sind, und sie dürfen auch nicht von ihren Familien getrennt werden. Diese Kinder haben auf ihrem Weg schon enormes Leid ertragen und müssen nun mit Würde behandelt werden.“ Unicef bot Ungarn seine Hilfe dabei an.

Komitee zum Schutz von Flüchtlingen kritisiert ungarische Polizei: Ungarn hat sich bereit erklärt, Flüchtlinge aus Kroatien aufzunehmen und zu registrieren. Unterdessen rufen Berichten über Angriffe ungarischer Polizisten auf Journalisten scharfe Kritik des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) hervor. Mindestens sieben Journalisten aus aller Welt seien bei ihrer Arbeit an der serbisch-ungarischen Grenze geschlagen worden, teilte das CPJ in der Nacht zum Freitag in New York mit. Ein Kameramann habe zudem seine Aufnahmen löschen müssen. „Wir sind entsetzt“, sagte die zuständige CPJ-Koordinatorin Nina Ognianova. Sie forderte die ungarische Regierung auf, sich entschieden gegen ein solches Verhalten der Polizisten auszusprechen.

Ungarn nimmt Flüchtlinge doch auf: Entgegen anderslautenden Ankündigungen hat Ungarn doch die Grenze für Hunderte Migranten aus Kroatien geöffnet. Die Sicherheitskräfte ließen am Freitag den Grenzübertritt zu, nachdem mehr als zehn kroatische Busse die Migranten in das Dorf Beremend gefahren hatten. Nach Angaben der ungarischen Polizei werden die Migranten nun registriert. Weitere Details nannte sie nicht.

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto beschuldigte die kroatische Regierung, Migranten massenweise zum illegalen Grenzübertritt zu ermutigen. Es gebe keine Koordination der Aktionen beider EU-Staaten.

Kroatien leitet Flüchtlinge nach Ungarn weiter.
Kroatien leitet Flüchtlinge nach Ungarn weiter.
© Reuters/Antonio Bronic

EU-Kommission missbilligt Umleitung der Flüchtlinge: Die EU-Kommission hat Kroatien dafür kritisiert, Tausende Flüchtlinge einfach nach Ungarn umleiten zu wollen. Migranten weiterreisen zu lassen, ohne sie zu registrieren, sei „in der Tat nicht mit den EU-Regeln vereinbar“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag in Brüssel.

Nach den sogenannten Dublin-Regeln ist dasjenige EU-Land für einen Asylbewerber und dessen Asylverfahren zuständig, in dem dieser erstmals europäischen Boden betreten hat. Das Land muss den Flüchtling registrieren und seine Fingerabdrücke nehmen.

Kroatien bringt Flüchtlinge Richtung Ungarn: Kroatien hat am Freitag, wie von Ministerpräsident Zoran Milanovic angekündigt, mit dem Transport von Flüchtlingen nach Ungarn begonnen. "Wir organisieren Transporte von Migranten (...) nach Ungarn", sagte ein Vertreter des Innenministeriums in Zagreb, der nicht namentlich genannt werden wollte. Es würden Busse eingesetzt, die von Beli Manastir im Nordosten und Tovarnik im Osten des EU-Landes losführen.

BA-Chef Weise übernimmt auch Flüchtlingsamt: Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, übernimmt auch die Leitung des Bundesamt fürs Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das sagte Innenminister Thomas de Maizière am Freitag. Der bisherige Präsident des Bundesamts, Manfred Schmidt, hatte am Donnerstag seinen Posten aufgegeben und dafür persönliche Gründe genannt. Schmidts Rücktritt wurde aber als Reaktion auf die wachsende Kritik an der Arbeit seiner Behörde gewertet.

Frank-Jürgen Weise
Frank-Jürgen Weise
© dpa/Daniel Karmann

Weise werde beide Ämter nun „in Personalunion“ ausüben, sagte de Maizière. Der 63-Jährige sei einer der hervorragendsten Manager in Deutschland, diese Qualitäten würden nun angesichts der schwierigen Lage des BAMF in der Flüchtlingskrise gefordert. Das Amt des BAMF-Präsidenten sei einer der schwierigsten Posten, der in Deutschland zur Zeit zu vergeben sei. Weise habe ohne den „Hauch einer Bedingung“ seine Bereitschaft erklärt, diese große Aufgabe zu übernehmen, sagte de Maizière.

"Er ist der richtige Mann für diese Mammutaufgabe", sagt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Weise sei "einfach einer, der dies auch noch zusätzlich stemmen kann". Deshalb habe sie dem Wunsch von Innenminister de Maizière zugestimmt.

Gabriel will Integration durch Arbeit: SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel will sich in der Bundesregierung dafür einsetzen, dass junge Flüchtlinge nach Abschluss einer Ausbildung in jedem Fall für ein oder zwei weitere Jahre in Deutschland bleiben dürfen. Bei den Innenministern und dem Koalitionspartner Union werde er dafür noch Überzeugungsarbeit leisten müssen, sagt Gabriel zu einer entsprechenden Forderung der Wirtschaft.

Die beste Integration ist Sprache, Ausbildung und Arbeit", sagt der Bundeswirtschaftsminister nach einem Treffen mit Spitzenverbänden der Wirtschaft und der Gewerkschaften. "Nichts wirkt mehr gegen Parallelgesellschaften und Vereinsamung."

Kroatien will Flüchtlinge nach Ungarn umleiten: Kroatien hat nach den Worten von Ministerpräsident Zoran Milanovic die Kontrolle über den Zustrom Tausender Flüchtlinge verloren. Die Last könne nicht länger getragen werden, sagte Milanovic am Freitag. Die Flüchtlinge könnten nicht mehr registriert und untergebracht werden. "Sie bekommen Nahrungsmittel, Wasser und medizinische Hilfe, dann können sie ihre Reise fortsetzen", fügte der Regierungschef hinzu. "Wir haben ein Herz, aber wir haben auch einen Kopf." Er habe eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates einberufen, um eine Änderung der Flüchtlingspolitik zu erörtern.

Kroatien fühlt sich überfordert angesichts der wachsenden Zahl ankommender Flüchtlinge.
Kroatien fühlt sich überfordert angesichts der wachsenden Zahl ankommender Flüchtlinge.
© dpa/Gregor Fischer

Milanovic will die ins Land drängenden Flüchtlinge nach Ungarn umleiten lassen. „Ab heute verfolgen wir eine neue Methode, wir gehen jetzt zu Plan B über“, sagte er. Allerdings baut die ungarische Regierung nun auch an der Grenze zu Kroatien einen Zaun, um - wie bereits an der Grenze zu Serbien - die Ankunft weiterer Flüchtlinge zu verhindern. Der EU warf Milanovic vor, Kroatien mit dem Problem allein zu lassen und sich um eine Lösung zu drücken.

Nach der Schließung der Grenze zwischen Ungarn und Serbien sind in den vergangenen zwei Tagen mehr als 13.000 Flüchtlinge auf der Suche nach einer Alternativroute nach Westeuropa nach Kroatien gekommen. Der kroatische Innenminister Ranko Ostojic sagte dem Fernsehsender N1, es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Grenzverkehr vollständig eingestellt werde, sollten weiter so viele Flüchtlinge kommen.

Steinmeier will Türkei noch mehr helfen: Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat der Türkei weitere Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise angeboten. Bei einem Besuch in Ankara lobte er den Nato-Partner am Freitag für die Aufnahme von annähernd zwei Millionen Menschen aus dem Nachbarland Syrien. Wichtig sei jetzt, eine „Rückkehrperspektive“ zu ermöglichen. Ziel ist, zu verhindern, dass sich noch mehr Flüchtlinge in großer Zahl auf den Weg nach Europa machen. Steinmeier sagte: „Wir brauchen die Zusammenarbeit mit der Türkei dringender denn je.“

Die Türkei hat in den vergangenen Jahren bereits mehr als 2,3 Millionen Menschen aufgenommen, auch aus dem Irak und Afghanistan. Viele davon wollen inzwischen weiter nach Europa, weil sie kaum noch Hoffnung auf eine baldige Lösung der Konflikte in ihren Heimatländern haben. Die EU-Kommission hatte am Donnerstag angekündigt, der Türkei bis zu einer Milliarde Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung stellen.

EU-Parlamentspräsident Schulz sieht Europa "in einem schlechten Zustand": Vor dem Sondergipfel zur Flüchtlingskrise hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vor einem Zerfall Europas gewarnt. „Europa ist in einem schlechten Zustand“, sagte der SPD-Politiker am Freitag angesichts des Streits über die Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen EU-Staaten. „Einige tun viel (...), andere verweigern sich. Ich finde das schändlich“, sagte Schulz. Er hoffe, dass man in den nächsten Tagen vorankomme. „Wir brauchen eine faire Verteilung von Flüchtlingen.“ Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Mittwoch über die Flüchtlingskrise beraten.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz äußert sich besorgt über den Zustand Europas.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz äußert sich besorgt über den Zustand Europas.
© REUTERS/Maja Suslin/TT News Agency

Kroatischer Innenminister hält Aufnahmekapazität für erschöpft: Kroatien kann nach eigenen Angaben keine weiteren Menschen mehr aufnehmen. "Wir haben seit Mittwoch 13.000 Einwanderer auf unserem Territorium registriert: Die Zahl zeigt, dass unsere Aufnahmekapazitäten erschöpft sind", sagte Innenminister Ranko Ostojic am Freitag laut dem Fernsehsender N1. Wegen des starken Andrangs der vergangenen Tage hatte die Regierung in Zagreb in der Nacht zum Freitag sieben von acht Grenzübergängen zu Serbien geschlossen. Von dort strömten immer mehr Flüchtlinge nach Kroatien, nachdem Ungarn die Grenze zu Serbien dicht gemacht hatte.

Einstufung als sichere Herkunftsstaaten senkt Zahl der Asylanträge: Länder als sichere Herkunftsstaaten einzustufen, verringert nach Erkenntnissen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) „die Anzahl der Asylanträge offenbar deutlich“. Die Ökonomen verglichen die Asylanträge der Jahre 2014 und 2015 aus den inzwischen als sicher bewerteten Ländern Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Serbien mit denjenigen der als nicht sicher deklarierten Nachbarstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro. In den ersten acht Monaten 2015 sei die Zahl der Asyl-Erstanträge aus den als nicht sicher geltenden Staaten von 8570 auf 70 637 und damit um 724 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Demgegenüber hätten aus den als sicher eingestuften Ländern nur 32 Prozent mehr Menschen einen Antrag gestellt - insgesamt 22 281.

300 Flüchtlinge von ungarischer Grenze mit Bussen nach Wien gebracht: In der Nacht zum Freitag sind rund 300 weitere Flüchtlinge von Ungarn über die Grenze nach Österreich gekommen. Sie wurden vom Grenzort Heiligenkreuz mit Bussen nach Wien gebracht, wie die Polizei mitteilte. An der südlichen Grenze zu Slowenien war die Lage am Freitag zunächst ruhig. Auch in Salzburg war die Situation nach Polizeiangaben vorerst entspannt. Auf der Saalach-Brücke zwischen Salzburg und Freilassing in Bayern befänden sich derzeit keine Flüchtlinge mehr, hieß es. In den vergangenen Tagen waren zahlreiche Menschen zu Fuß von Salzburg aus in Richtung des bayerischen Grenzorts gegangen.

Pöbeleien gegen Asylbewerber in Bischofswerda: Begleitet von ausländerfeindlichen Pöbeleien und Rangeleien sind Flüchtlinge in der Nacht zum Freitag in die Halle eines früheren Bekleidungsbetriebs im sächsischen Bischofswerda eingezogen. Eine Gruppe von 50 bis 70 Menschen habe sich am späten Donnerstagabend vor der Halle versammelt, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion Görlitz: „Die hatten großteils Bierflaschen dabei und waren alkoholisiert. Die Stimmung war sehr aggressiv.“ Rund 30 von ihnen hätten versucht, den Zugang zu der Halle zu versperren. In der Nacht seien sie dann nach und nach abgezogen. In drei Fällen werde nun wegen Beleidigung von Polizisten ermittelt, in einem Fall wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Inzwischen seien drei Busse mit Flüchtlingen in Bischofswerda angekommen, ein weiterer Bus sollte im Laufe des Tages eintreffen. Die Unterkunft biete Platz für bis zu 400 Asylsuchende, teilte die Landesdirektion Sachsen mit.

Tillich fordert konsequente Abschiebung von Flüchtlingen ohne Asylrecht: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat eine konsequente Abschiebung von Flüchtlingen aus Deutschland gefordert, die kein Asylrecht haben. "Die zu uns kommen, müssen an der Integration mitwirken", fordert er zudem im ZDF. Sie könnten sich nicht aussuchen, in welches Land sie kommen - weder in Europa noch in Deutschland.

Flüchtlinge suchen neue Wege über serbisch-kroatische Grenze: Flüchtlinge strömen Reuters-Augenzeugen zufolge über Felder bei Sid über die Grenze von Serbien nach Kroatien. Die offiziellen Grenzübergänge in der Gegend waren zuvor geschlossen worden.

Ungarn beginnt nun auch an der Grenze zu Kroatien mit dem Bau eines Grenzzauns.
Ungarn beginnt nun auch an der Grenze zu Kroatien mit dem Bau eines Grenzzauns.
© AFP PHOTO / ATTILA KISBENEDEK

Ungarn beginnt mit Bau des nächsten Grenzzauns: Zur Abwehr von Flüchtlingen hat Ungarn auch an seiner Grenze zu Kroatien mit der Errichtung eines Stacheldrahtzauns begonnen. 500 Soldaten hätten in der Nacht mit dem Bau der Absperrung begonnen, sagte Ministerpräsident Viktor Orban in einem Rundfunkinterview. Die Regierung in Budapest ließ bereits die Grenze zu Serbien abriegeln, woraufhin tausende Flüchtlinge auf das benachbarte Kroatien auswichen, um von dort weiter nach Mittel- und Nordeuropa zu gelangen.

Slowenien will 250 Flüchtlinge wieder nach Kroatien schicken: Slowenien will die ersten Flüchtlinge wieder nach Kroatien zurückschicken. Die Polizei habe in der Nacht 250 Menschen aufgegriffen, die illegal nach Slowenien eingereist seien, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA am Freitag in Ljubljana unter Berufung auf die Polizei. Demnach waren allein 150 von ihnen in einem Zug nach Zürich mit Fahrkarten, die sie in Zagreb gekauft hatten. Kroatien weigere sich jedoch, die Flüchtlinge wieder einreisen zu lassen, hieß es weiter. Der internationale Zugverkehr mit Kroatien sei mindestens bis 18.00 Uhr unterbrochen, teilten die Eisenbahnen mit.

Bundespolizei nimmt acht Schleuser fest: Die Bundespolizei hat an der deutsch-österreichischen Grenze am Donnerstag rund 3700 Flüchtlinge gestoppt. Das waren rund 1000 Menschen weniger als am Mittwoch, jedoch etwas mehr als am Dienstag. Zudem wurden acht Schleuser festgenommen, wie ein Sprecher der Bundespolizei Rosenheim in der Nacht zum Freitag mitteilte. Schwerpunkt war auch am Donnerstag die Saalachbrücke zwischen Salzburg und dem deutschen Grenzort Freilassing (Landkreis Berchtesgadener Land). Auch die Bahnsteige in Freilassing seien teils voller Flüchtlinge gewesen, sagte der Sprecher. Nach der Registrierung in Sammelstellen der Region werden die Flüchtlinge auf ganz Deutschland verteilt.

Wolfgang Bosbach spricht sich für eine weitere Aufrechterhaltung der Grenzkontrollen aus.
Wolfgang Bosbach spricht sich für eine weitere Aufrechterhaltung der Grenzkontrollen aus.
© Kay Nietfeld/dpa

Bosbach warnt vor voreiliger Aufhebung von Grenzkontrollen: Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hat vor einer voreiligen Aufhebung der Kontrollen an den deutschen Grenzen gewarnt. „Wir sollten sie unter keinen Umständen beenden, bevor es nicht die Hotspots in Südeuropa und die zentralen Aufnahmeeinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland gibt“, sagte Bosbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Erst die Realisierung dieser Maßnahmen, dann kann man über die Grenzöffnung wieder nachdenken“, verlangte er.

Die Grenzen dürften nicht schon allein wegen der Hoffnung wieder geöffnet werden, dass solche Hotspots eingerichtet würden, sagte Bosbach. Ansonsten könne dadurch ein weiteres Signal für nur schwer beherrschbare Flüchtlingsbewegungen gesetzt werden.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder wollen bei einem Sondergipfel zur Flüchtlingskrise am kommenden Mittwoch (23. September) unter anderem über die Einrichtung von Flüchtlings-Hotspots in Griechenland und Italien beraten. Dort sollen die Schutzsuchenden registriert und anschließend auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. Auch die Einrichtung der zentralen Aufnahmeeinrichtungen in verschiedenen deutschen Ländern dürfte noch Zeit in Anspruch nehmen.

Bosbach verteidigte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) gegen Vorwürfe, in der Flüchtlingskrise nicht kraftvoll genug agiert zu haben. „Mir ist ein ruhiger, kluger, besonnener Innenminister, der richtige Entscheidungen trifft, lieber, als ein hektischer Innenminister, der falsche Entscheidungen trifft“, sagte er.

Kroatien schließt Grenzen, Slowenien stoppt Zugverkehr: Auf der Suche nach Schutz in Europa geraten Flüchtlinge zunehmend im Streit der EU-Länder um eine gerechte Lastenverteilung zwischen die Fronten. Kroatien schloss in der Nacht zum Freitag sieben seiner acht Grenzübergänge zu Serbien, nachdem dort Ungarns vollständige Abschottung zu einem Massenandrang von Flüchtlingen geführt hatte.

Der Verkehr an den sieben Grenzübergängen Tovarnik, Ilok, Ilok 2, Principovac, Principovac 2, Batina und Erdut werde bis auf Weiteres eingestellt, teilte das kroatische Innenministerium in Zagreb mit. Begründet wurde dies damit, dass seit Mittwochmorgen mehr als 11.000 Flüchtlinge aus Serbien nach Kroatien gekommen seien.

In Tovarnik hatten am Donnerstag tausende Flüchtlinge in der sengenden Sonne stundenlang ausgeharrt. Regierungschef Zoran Milanovic erklärte, Kroatien wolle die Flüchtlinge nicht aufhalten, seine Aufnahmekapazitäten seien aber "begrenzt". Seit Ungarn am Dienstag seine Grenze zu Serbien vollständig dicht gemacht hatte, versuchen vermehrt Flüchtlinge, über Kroatien weiter nach Norden zu gelangen. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra'ad Al Hussein, nannte Ungarns Einwanderungspolitik "fremdenfeindlich und schockierend".

Die Polizei versucht, eine Gruppe von Flüchtlingen in Tovarnik aufzuhalten.
Die Polizei versucht, eine Gruppe von Flüchtlingen in Tovarnik aufzuhalten.
© AFP

Slowenien stoppte am Donnerstagabend an der Grenze zu Kroatien zunächst einen Zug mit Flüchtlingen und stellte dann den gesamten Bahnverkehr zwischen den beiden Ländern vorübergehend ein. Rund 150 der insgesamt etwa 300 Passagiere eines Zuges hätten nicht die notwendigen Papiere für eine Einreise gehabt, sagte ein Sprecher der Grenzpolizei. Daher sei der Zug am Bahnhof von Dobova gestoppt worden. Die illegal eingereisten Flüchtlinge würden nun schnellstmöglich in die kroatische Hauptstadt Zagreb zurückgebracht.

Später setzten die slowenischen Behörden den gesamten Zugverkehr zwischen Slowenien und Kroatien bis Freitagmorgen aus, wie die slowenische Nachrichtenagentur STA berichtete. Am Morgen durfte der zuerst gestoppte Zug mit den rund 150 übrigen Flüchtlingen westwärts fahren.

Steinmeier fordert zur Not Mehrheitsentscheidung im EU-Flüchtlingsstreit: Sloweniens Innenministerin Vesna Gjerkes Znidar hat hervorgehoben, dass eine unkontrollierte Weiterleitung von Flüchtlingen gegen EU-Recht verstoße. Gegen den Versuch der EU-Kommission, verbindliche Quoten zur Verteilung der Flüchtlinge einzuführen, hatten insbesondere ost- und mitteleuropäische Länder Widerstand geleistet. Etwa hundert Politiker und Intellektuelle der Region riefen am Donnerstag in einem offenen Brief die Regierungen und Bürger ihrer Länder im "Namen unserer Menschlichkeit, im Namen unserer Prinzipien und Werte" auf, "auf praktische Weise unsere Solidarität mit den Flüchtlingen zu beweisen".

Zu den Unterzeichnern zählen die polnischen Ex-Präsidenten Bronislaw Komorowski und Aleksander Kwasniewski, der frühere ungarische Regierungschef Gordon Bajnai, Litauens Ex-Ministerpräsident Andrius Kubilius, der tschechische Filmemacher Jiri Menzel und der litauische Dichter Tomas Venclova. Sie erinnerten daran, dass ihre Länder vor nicht allzu langer Zeit selbst "an die Türen" der Europäischen Union geklopft und Aufnahme gefunden hätten.

Die lettische Regierung stimmte der von der Europäischen Union von ihr geforderten Aufnahme von 526 Flüchtlingen "freiwillig" zu, wie Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma am Donnerstagabend in Riga sagte.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte in der "Passauer Neuen Presse" (Freitagsausgabe), es könne "nicht sein, dass Deutschland, Österreich, Schweden und Italien die Last allein tragen. So funktioniert europäische Solidarität nicht." Wenn es nicht anders gehe, "sollten wir ernsthaft erwägen, auch das Instrument der Mehrheitsentscheidung anzuwenden", forderte Steinmeier. Statt den Konsens aller Mitgliedstaaten zu suchen, würden dann einzelne überstimmt.

Derzeit reagieren viele EU-Länder auf die Flüchtlingskrise mit verschärfter Grenzkontrolle. Auch Deutschland sowie Österreich und die Slowakei hatten kürzlich wieder Grenzkontrollen eingeführt. Auch Polen und die Niederlande erwägen diesen Schritt. Das bayerische Innenministerium teilte am Donnerstagabend mit, um Chaos zu vermeiden, sollten weitere Flüchtlinge mit Sonderzügen von der deutsch-österreichischen Grenze abgeholt und direkt in verschiedene deutsche Städte gebracht werden. (mit dpa, AFP, Reuters)

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Die Ereignisse vom Donnerstag können Sie hier nachlesen.

Julian Graeber, Kai Portmann, Jana Lotze

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