Spitzenkandidat in Baden-Württemberg: Jörg Meuthen, das freundliche Gesicht der AfD
Der Spitzenkandidat der AfD in Baden-Württemberg tritt gemäßigter auf als seine Kollegen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen.
Theoretisch weiß er, wie es geht, praktisch hat er noch Probleme. „Jemand, der Politik macht, darf nicht so sehr Dozent sein“, sagt Jörg Meuthen, Bundessprecher der „Alternative für Deutschland“, Landeschef in Baden-Württemberg und Wirtschaftsprofessor an der Verwaltungshochschule Kehl. Noch, muss man sagen, denn am Sonntag will der 54-Jährige sich in den baden-württembergischen Landtag wählen lassen. Die Chancen stehen gut, aber Wahlkampf heißt eben auch: raus aus dem Hörsaal und hinaus auf die Dörfer, wo die Bürger mit ihren Sorgen wohnen.
Vor einem seiner Auftritte in einem kleinen Ort bei Schwäbisch Hall bestellt Meuthen im Restaurant ein Steak mit Pilzen, der örtliche AfD-Kreischef zahlt. Gratis-Abendessen? „Das finde ich schon mal gut!“ Ansonsten hat Meuthen noch viel zu lernen, wenn er es ernst meint mit der Politik. Er weiß, dass es im Wahlkampf härter zugeht. „Aber dieses Brüllende, Volkstribunhafte, das werde ich nie machen.“ Da liegt wohl auch sein Problem, denn das mit dem Brüllen, das kriegen andere in der AfD besser hin. Frauke Petry in Sachsen, Björn Höcke in Thüringen, Alexander Gauland in Brandenburg. Deswegen weiß auch kaum jemand, wie Jörg Meuthen eigentlich aussieht.
Dieses Brüllende, Volkstribunhafte, das werde ich nie machen
Jörg Meuthen, AfD-Bundessprecher
Sätze wie „Merkel ist eine Katastrophe, sie hat ihren Amtseid verraten“ gehen ihm zwar mittlerweile flüssig über die Lippen. Aber wenn Parteivize Gauland sagt, die Flüchtlingskrise sei ein Geschenk für die AfD, sagt Meuthen, das Thema sei ihm aufgezwungen worden, man komme leider, leider nicht daran vorbei.
Das Thema beschert Meuthen auch in Baden-Württemberg volle Hallen. Und? Wie sieht er aus, der typische AfD-Wähler? Politisch, sagt Meuthen, seien es arrivierte Männer, bitter enttäuscht von der CDU. Meuthen wird mit höflichem Beifall begrüßt. Und dann sagt er einen dieser Sätze, die ihn so abheben von den Krawallmachern der östlichen Landesverbände: „Also, der Vorwurf des Rassismus“, er holt noch einmal tief Luft, „ich muss es einfach so deutlich sagen: Das ist unterstes sittliches Niveau.“
Nein, er ist kein Volkstribun, ein Demagoge schon gar nicht. Aber er gibt der AfD im Südwesten das freundliche Gesicht, das die Partei braucht, um der CDU im bürgerlichen Lager Stimmen abzujagen und sich dauerhaft auch in westdeutschen Flächenländern zu verankern. Inhaltlich, sagt er, trenne ihn aber nichts von den Kollegen im Osten.
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