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Der Favorit enttäuscht nicht: Joe Biden in der dritten TV-Debatte.
© Robyn BECK/AFP

US-Demokraten: Joe Biden hat Stehvermögen und kann Attacke

Bei der dritten TV-Debatte der US-Demokraten schlägt sich der Favorit besser als erwartet. Seine Patzer haben bislang kaum Einfluss. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Joe Biden hat Stehvermögen und kann Attacke. Das ist vielleicht das wichtigste Ergebnis der dritten TV-Debatte der US-Demokraten. Und dass der ehemalige Vizepräsident von Barack Obama, der nun selbst endlich auch mal Präsident werden will, rhetorisch punkten kann, ohne unter die Gürtellinie zu gehen, zeichnete ihn am Donnerstagabend am meisten aus.

Dabei hieß es auch dieses Mal wieder: Alle gegen Biden. Also alle der neun von insgesamt noch mehr als 20 Präsidentschaftskandidaten, die es mit Biden auf die Bühne im texanischen Houston geschafft hatten. Sie wollten den 76-Jährigen vorführen, der in den Umfragen seit Monaten stabil vorne liegt, deutlich stabiler, als viele es vermutet hatten. Seine gelegentlichen Tapser in Fettnäpfen, Versprecher und andere Patzer werden zwar jedes Mal genüsslich aufgegriffen. Aber sie haben offenbar weit weniger Einfluss auf die Meinung vieler Amerikaner, als manche Debatte in den sozialen Netzwerken dies vermuten ließe.

Er wäre der älteste Präsident in der amerikanischen Geschichte

Sein moderates, freundliches und ja, vielleicht auch sein erfahren-großväterliches Auftreten kommt bei vielen Wählern an, gerade im Vergleich zu dem erratischen Amtsinhaber im Weißen Haus. Wer Biden wählt, damit wirbt seine Kampagne, weiß, was er bekommt. Das soll vergessen machen, dass dieser Kandidat bei seinem Amtsantritt 78 Jahre alt wäre und damit der älteste US-Präsident in der Geschichte. Und dass seine Ideen nicht gerade originell sind.

Der Versuch, Bidens Alter zu thematisieren, ist in Houston zumindest gründlich schief gegangen. Julián Castro, unter Obama Wohnungsbauminister und eigentlich ein sachlich argumentierender Konkurrent, überzog mit seinen Angriffen und war damit der Verlierer des Abends. Biden selbst wirkte deutlich frischer und fitter als bei den letzten beiden Debatten. Da fiel der ein oder andere Versprecher nicht allzu sehr auf.

Immer noch lautet die Hauptfrage: Wer kann Trump schlagen?

Natürlich gilt: Ein gutes Abschneiden in einer von vielen Fernsehdiskussionen macht noch keinen Präsidenten. Die Demokraten bestimmen endgültig erst im Sommer des kommenden Jahres, wer Donald Trump im November herausfordern soll. Trump zu schlagen, das ist den Parteistrategen bewusst, wird alles andere als einfach. Bisher halten viele an der These fest, dass dies am ehesten dem dienstältesten Demokraten im Rennen gelingen könnte.

Auf der anderen Seite gewinnt Elizabeth Warren, die eher links stehende Senatorin aus Massachusetts, an Rückhalt. Vor allem bei jungen, gut ausgebildeten Demokraten ist sie enorm beliebt. Zu jedem Thema scheint sie einen ausgefeilten Plan zu haben: mehr Umverteilung, mehr Staat, weniger Einfluss der Wirtschaft auf die Politik, eine Krankenversicherung für alle. Was aus europäischer Sicht deutlich weniger revolutionär klingt als aus amerikanischer, würde dieses Land gewaltig verändern. Darauf hoffen Warrens Anhänger, die sehr motiviert sind. Darin liegt auch eine Gefahr: die, dass im Falle einer Niederlage ihrer Kandidatin samt ihres neuen Politikansatzes auch die Dynamik innerhalb der Demokratischen Partei verloren geht.

Biden profitiert auch von anderen moderaten Kandidaten

Dabei ist die Frage: Ist die Mehrheit der Demokraten und letztlich der Amerikaner bereit für so viel Veränderung? Oder schenken die Wähler, darunter auch solche, die vom derzeitigen Präsidenten genug haben, ihr Vertrauen lieber demjenigen, der wenigstens für eine Übergangsphase die Rückkehr zu den vermeintlich guten alten Vor-Trump-Zeiten verspricht? Die Antwort auf diese Frage ist offen.

Am Donnerstag ist es Biden zumindest gelungen, Zweifel an der Finanzierbarkeit von Warrens Plänen zu wecken, die auch der dritte Favorit unter den Kandidaten, Senator Bernie Sanders, propagiert. Geholfen hat ihm dabei die gute Performance der anderen moderaten Kandidaten. Die von Pete Buttigieg zum Beispiel, dem Bürgermeister aus South Bend. Sein Argument, dass die Amerikaner doch am besten selbst entscheiden können, welches Krankenkassensystem das beste sei, man ihnen also Wahlfreiheit geben sollte, saß. Auch sonst war der jüngste Kandidat im Rennen wie immer überzeugend, ruhig und analysestark, und dabei stets bedacht darauf, fair zu spielen. Schon heißt es: Schade, dass er keine Chance hat, da er einfach noch zu unbekannt ist.

Biden dagegen ist sehr bekannt. Er löst zwar keine Begeisterungsstürme aus, ist aber äußerst beliebt. Wenn er nicht stolpert, das sieht selbst Donald Trump so, hat er damit auch weiterhin die größten Chancen, der Kandidat zu werden. Ob er Trump dann schlagen kann, steht auf einem anderen Blatt.

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