zum Hauptinhalt
Die drei Favoriten: Bernie Sanders, Joe Biden und Senator Elizabeth Warren (von links).
© Mike Blake/REUTERS

Dritte TV-Debatte der US-Demokraten: Diese Runde geht an Biden

Der Favorit Joe Biden zeigt sich im TV-Duell perfekt vorbereitet – und wehrt sich diesmal erfolgreich gegen die Angriffe seiner Mitbewerber.

Das Wahlkampfteam des Amtsinhabers zeigte sich auf der Höhe der Debatte. Als die zehn demokratischen Präsidentschaftsbewerber die Bühne an der Texas Southern University in Houston betraten, flatterte ein Banner am Himmel über der texanischen Großstadt. Daraus standen die Worte: "Sozialismus wird die Wirtschaft von Houston zerstören." Ein Satz, der einerseits Angst machen sollte für den Fall, dass einer der linken demokratischen Präsidentschaftsbewerber das Rennen macht und gegen Donald Trump im November des nächsten Jahres antreten wird.

Andererseits steht der Satz für die grundlegende Entscheidung, vor der die Demokratische Partei steht. Wie links will diese Partei sich für das Jahr 2020 aufstellen? Kann sie damit erfolgreich sein - und wenn ja, mit wem?

Es war das erste Mal, dass alle Frontrunner gleichzeitig auf der TV-Bühne standen. Zwei Fernsehdebatten hatte es bereits gegeben, damals noch mit 20 Kandidaten, die per Losverfahren auf zwei Tage aufgeteilt wurden.

Am Donnerstagabend waren es nur noch zehn Präsidentschaftsbewerber, die sich für die Teilnahme qualifiziert hatten. Darunter die drei derzeitigen Favoriten Joe Biden, Elizabeth Warren und Bernie Sanders, die schön in der Mitte der Reihe angeordnet waren: Barack Obamas ehemaliger Vizepräsident Biden eingerahmt von den politisch deutlich linker stehenden Senatoren Warren und Sanders.

Julián Castro schadet sich selbst

Und der noch immer mit deutlichem Abstand führende Biden, der damit wirbt, dass er am ehesten in der Lage sei, Trump zu schlagen, wurde auch tatsächlich wieder von Beginn an kräftig in die Mangel genommen.

Doch dieses Mal wehrte er sich deutlich energischer als bei den früheren Debatten - und vor allem erfolgreicher. Noch einmal sollte ihm nicht passieren, was Kamala Harris bei der ersten Debatte geglückt war: den 76-Jährigen mit ihren Attacken auf manche Entscheidungen in seiner langen politischen Karriere so aus dem Konzept zu bringen, dass den Zuschauern auf einmal das Alter dieses Kandidaten bewusst wurde.

Die kalifornische Senatorin versuchte es zwar mehrfach, aber der Effekt verpuffte.

Spätestens die Aggressivität, mit der Obamas ehemaliger Wohnungsbauminister Julián Castro Biden anging, führte diese Strategie ad absurdum. Castros plumper Versuch, Biden Vergesslichkeit vorzuwerfen, wirkte enorm unsympathisch. Beim Thema Gesundheitspolitik warf Castro Biden vor, er habe seine Position bei einem Detail innerhalb von zwei Minuten komplett geändert. "Haben Sie vergessen, was Sie gerade erst vor zwei Minuten gesagt hatten?", fragte er.

Das kam gar nicht gut an, selbst von den anderen Kandidaten kam Kritik. Und in den anschließenden Analysen in amerikanischen Medien wurde Castro scharf kritisiert. Manche sprachen gar davon, dass er sich damit selbst aus dem Rennen genommen habe.

Nicht jeder darf Joe Biden angreifen

Der Vorgang zeigt: Nicht jeder darf den extrem beliebten Biden angreifen. Hatten alle Kritiker nur darauf gewartet, dass dem ehemaligen Vizepräsidenten einer seiner berüchtigten Patzer unterläuft, enttäuschte er diese Erwartung an diesem Abend. Im Großen und Ganzen zeigte er sich themensicher und argumentierte überzeugend. Obamas ehemaliger Wahlkampfmanager David Axelrod bilanzierte auf CNN: "Joe Biden hatte seinen bisher stärksten Auftritt."

Inhaltlich begann dieses dritte Duell einmal mehr ausführlich mit der Gesundheitspolitik, einem Thema, bei dem sich die Spaltung der Partei besonders deutlich zeigt. Biden konnte hier punkten, als er Warren und Sanders vorwarf, ihre Pläne seien nicht finanzierbar. Die beiden werben für "Medicare for all", eine kostenlose Grundversorgung.

Außerdem wollen sie das bisher rein private Kassensystem mit einem System ersetzen, bei dem nicht arbeitende Familienmitglieder mitversichert sind, solange der Hauptverdiener einen Krankenkassenbeitrag zahlt. Als Sanders darauf hinwies, dass die Menschen in anderen Ländern, darunter viele in Europa und Kanada, mit solch einem System viel weniger für ihre Krankenversicherung zahlen müssten, rief Biden: "Wir sind hier in Amerika!"

Die anderen moderaten Kandidaten, vor allem die Senatorin Amy Klobuchar und der Bürgermeister von South Bend, Pete Buttigieg, argumentierten ähnlich.

30 Minuten lang geht es um Gesundheitspolitik

Alle Kandidaten wollen das von Obama eingeführte System ausweiten, unterscheiden sich aber in der Frage, ob das private System abgeschafft werden soll. In Umfragen erklären die Amerikaner immer wieder, dass dieses Thema eines der wichtigsten sei.

Nach 30 Minuten ging es in der dreistündigen Debatte dann aber auch um andere heiß diskutierte Themen wie die Frage, was gegen den Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft getan, wie die Waffengewalt eingedämmt und was gegen den Klimawandel unternommen werden kann.

Auch der Umgang mit den Millionen Einwanderern ohne offizielle Ausweisdokumente und generell die Einwanderungspolitik wurden genauso wie außenpolitische Fragen etwa im Bezug auf Afghanistan ausführlich behandelt.

Immer wieder musste Biden erklären, wie er in der Zukunft Fortschritte erreichen wolle, wenn ihm das doch in der Vergangenheit nicht gelungen sei, Stichwort Truppenabzug aus Afghanistan oder Verbot von Sturmgewehren. Er verwies dann meist darauf, was ihm alles gelungen sei.

Trump meint, Biden setzt sich durch

Das Gegenteil von persönlichen Angriffen, wie sie Biden beim vergangenen TV-Duell erfahren hatte, bekam Beto O'Rourke bei der Debatte zu hören. Der einstige Hoffnungsträger aus Texas, der es bisher nicht geschafft hat, die Begeisterung aus seinem Senatswahlkampf im vergangenen Jahr auf dieses Rennen zu übertragen, wurde fast von jedem seiner Wettbewerber gelobt.

Die Art und Weise, wie er nach dem rassistisch motivierten Schusswaffen-Angriff in seiner Heimatstadt El Paso Präsident Trump wegen dessen Rhetorik angegangen war, hatte ihm große Sympathien eingebracht.

Auch am Donnerstagabend bekam er fast den meisten Applaus, als er an die Adresse der Besitzer von automatischen Waffen gewandt ausrief: "Verdammt nochmal ja: Wir werden euch eure AR-15 wegnehmen." AR-15 sind Sturmgewehre, die bei vielen Massakern benutzt wurden. Aber das Lob der anderen zeigt eben auch, dass sie "Beto" derzeit für ungefährlich halten.

Ob so auch derjenige denkt, den sie alle im November 2020 aus dem Weißen Haus vertreiben wollen, weiß dieser wohl nur selbst. Kurz vor Beginn der Debatte erklärte Trump, seiner Meinung nach werde sich im internen Rennen der Demokraten voraussichtlich Biden durchsetzen. Dafür dürfe der Ex-Vizepräsident aber "keine größeren Fehler" machen. Die hat Biden zumindest am Donnerstag vermieden.

Zur Startseite