Sondierungsgespräche: Jamaika-Parteien versprechen mehr Sicherheit
15.000 Stellen mehr bei Polizei und Justiz, flexiblere Renten- und Arbeitszeiten - und eine Debatte über einen Joint: Der Abend bei den Jamaika-Verhandlungen von Union, FDP und Grünen.
Die „Jamaikaner“ haben zur konstruktiven Arbeit zurückgefunden - Ergebnisse haben sie auch am späten Montagabend noch nicht wirklich zu verkünden, bessere Stimmung bei den Sondierungsverhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen aber schon. Auch wenn offen ist, welche Ergebnisse und Ziele eine mögliche Koalition später verkünden wird - klar ist zumindest, worüber die Parteien demnächst konkret verhandeln wollen und welche Ziele sie ansteuern. Es gebe noch großen Diskussionsbedarf, verkündeten die Generalsekretäre einträchtig - der aber in nun wieder konstruktiver Atmosphäre abgearbeitet werden soll.
Am Sonntagabend verhandelten sie über weitere zentralen Themen wie Arbeit, Rente, Pflege und Sicherheit. Am Nachmittag hatte man sich über Bildung, Forschung und Digitalisierung verständigt.
Verbesserte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gegen Terrorismus
Die vier Parteien streben im Kampf gegen alle Formen des Terrorismus eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund an. Die Koordinierungsfunktion von Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) solle stärker als bisher wahrgenommen werden, heißt es in einem Leitlinien-Papier. Das BfV solle auf freiwilliger Basis durch Vereinbarungen mit einzelnen Ländern den Verfassungsschutz in diesen Ländern übernehmen können. Unabhängig davon sollen Länder auch die gemeinsame Erfüllung von Verfassungsschutzaufgaben vereinbaren können. Diese vor allem von den Grünen verfochtene Idee war auf Länderseite bisher besonders umstritten.
Zudem sollen so schnell wie möglich zusätzliche Stellen für die polizeilichen Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern, für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik 8nud in der Justiz geschaffen werden. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, Sicherheitsbehörden und Justiz müssten technisch, personell und materiell gestärkt werden: „Das bedeutet die beste Sicherheit für die Menschen im Land und das größtmögliche Maß an bürgerlicher Freiheit.“ Dazu solle die Zahl der Stellen um zusätzlich 15.000 in Bund und Ländern erweitert werden. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: „Wir wollen einen starken Rechtsstaat und wir wollen einen effektiven Sicherheitsstandort.“ - das sei Grundkonsens der verhandelnden Parteien.
Auf Widerstand bei FDP- und Grünen-Basis könnte die Verständigung stoßen, Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten gegebenenfalls befristet anzuordnen.
Viele verschiedene Anliegen bei Arbeit und Gesundheit
Eine Jamaika-Koalition will Vollbeschäftigung anstreben. Dabei sollen die Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent stabilisiert und auch geprüft werden, ob weitere Einkommensarten - etwa aus Vermietung - einbezogen werden sollten. Eine Absenkung der Arbeitslosenbeiträge in dieser Legislaturperiode soll zumindest geprüft werden. nachdenken. Union und FDP wollen das Arbeitszeitgesetz weiterentwickeln, in dem es um Arbeits- und Ruhezeiten, Feiertags- und Nachtarbeit , Sicherheit und Gesundheitsschutz geht - die Grünen sind da skeptisch.
Außerdem wollen die Verhandler einen flexibleren Renteneintritt und gleitende Übergänge von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand. Private und betriebliche Altersversorgung sollen verbessert werden. Auch weitere Verbesserungen bei der Mütterrente würden geprüft - dies ist das Herzensanliegen der CSU. Da man die Sorgen der Menschen vor einem Verlust des Arbeitsplatzes ernst nehme, wolle man eine nationale Weiterbildungsstrategie entwickeln, erklärte Tauber. Tauber wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer stellten sich hinter den aktuell geltenden Mindestlohn, betonten aber, etwa im Bereich des Ehrenamtes solle hier über Bürokratieabbau gesprochen werden. Scheuer sagte, im Bereich der Innenpolitik sei der Grundkonsens klar: „Wir wollen einen starken Rechtsstaat und wir wollen einen effektiven Sicherheitsstandort“, der auch den Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus gerecht werde.
Auch die Situation im Pflegebereich soll verbessert werden. Dazu seien mehr Personal und bessere Ausstattung notwendig, sagte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Darüber hinaus sei für die Grünen eine Rückkehr zur Beitragsparität der Beiträge von Versicherten und Arbeitgebern für die gesetzliche Krankenversicherung wichtig.
"Wer Cannabis konsumiert, braucht auch gute Pflegeeinrichtungen"
Eine Freigabe von Cannabis, wie dies die Grünen und die FDP befürworten, stößt bei CDU und CSU auf Widerstand. Großen Streit hat das Thema aber offenkundig noch nicht ausgelöst: „Dass wir auch über die Frage der Legalisierung von Cannabis gesprochen haben, liegt sicherlich nicht an den beiden Unionsparteien“, erklärte Tauber. Kellner behauptete: „Ich wurde auch gerade schon angesprochen von einem Delegationsmitglied, ob ich ihm einen Joint geben könnte. Und es war kein Liberaler und kein Grüner.“ Scheuer machte augenzwinkernd einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Gesundheitsthemen deutlich: „Jetzt könnte ich ganz ketzerisch sagen, wer Cannabis konsumiert, braucht auch gute Pflegeeinrichtungen später.“ Thema erkannt - Lösung offen.
Christian Lindner twitterte aus den Sitzungen, wie schon in der vergangenen Woche, abwechselnd mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, regelmäßig Fotos der gemeinsam vereinbarten Papiere - und kommentierte, nah an seiner Wahlkampfforderung für möglichst viele "Trendwenden": "So ist der Stand bei #Bildung. KÖNNTE eine Trendwende werden:"
Am Donnerstag geht es dann weiter mit den Streitthemen Klima und Migration - mal sehen, ob die gute Stimmung dann anhält. (mit dpa)