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Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, bei einer Fraktionssitzung der SPD im Deutschen Bundestag.
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Exklusiv

Teure Datenbank zur Schwarzarbeit: IT-Berater im Finanzministerium verdient mehr als Merkel

„ProFis 2.0“ heißt das IT-Tool für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Das Haus von Olaf Scholz hat dafür auch teure Profis engagiert – bislang ohne Erfolg.

Seine Bezüge liegen höher als das Kanzlerinnen-Gehalt: Um die verzögerte Datenbank der Finanzkontrolle Schwarzarbeit doch noch an den Start zu bringen, zahlt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dem externen Projektleiter mehr als eine halbe Million Euro an Beraterhonorar. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Schriftliche Frage des Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Kanzlerin-Gehalt liegt bei 250.000 Euro

Demnach erhält der Projektleiter 2018 und 2019 rund 646.000 Euro. Hinzu kommen Kosten von etwa 700.000 Euro in diesem Zeitraum für zwei Analytiker. Die Kanzlerin bezieht laut Bundesministergesetz in der Besoldungsgruppe B11 für ihr Amt ein Jahresgehalt von gut 250.000 Euro inklusive Zulagen.

Damit gerät beim Einsatz von teuren Beratern nach dem Verteidigungsministerium unter der damaligen Führung von Ursula von der Leyen (CDU) und dem Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU) nun auch das Bundesfinanzministerium in den Blick. Die drei stehen für einen Trend: Lagen die Ausgaben aller Ressorts für externe Unterstützung 2014 noch bei 63 Millionen Euro, waren es 2017 schon 248 Millionen. Einem Schreiben aus dem Finanzministerium vom Juli zufolge hat die Bundesregierung allein im ersten Halbjahr 2019 bereits mindestens 178 Millionen Euro ausgegeben.

Zollbeamte betreten bei einer Razzia gegen Schwarzarbeit im Juni 2014 eine Baustelle in Frankfurt am Main.
Zollbeamte betreten bei einer Razzia gegen Schwarzarbeit im Juni 2014 eine Baustelle in Frankfurt am Main.
© Boris Roessler/dpa

Hintergrund für den Einsatz von Beratern im Finanzministerium ist der seit Jahren erfolglose Versuch, das IT-Tool für Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit Namen „ProFis 2.0“ an den Start zu bringen. Bis Juli 2020 soll es soweit sein. Durch ein Datenbankabrufverfahren für Staatsanwaltschaften, Finanz- und Polizeibehörden soll den Schwarzarbeitskontrolleuren die Arbeit erleichtert und bessere sowie häufigere Kontrollen ermöglicht werden.

Doch auch die externe Hilfe brachte das Finanzministerium bislang nicht ans Ziel. In dem Schreiben an den haushaltspolitischen Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion wird die Verzögerung damit begründet, dass „die Praxistauglichkeit der Software in Frage gestellt werden musste“. Zudem wurden die Anforderung durch den Dienstleister zunächst „nicht ausreichend benutzerfreundlich“ umgesetzt, sodass auch Neuplanungen gemacht werden mussten.

„Verzweiflung im Finanzministerium muss groß sein “

„Dass Minister Scholz bereit war, einem einzigen Projektleiter über 600.000 Euro zu zahlen damit das System endlich an den Start kommt, zeigt, dass die Verzweiflung im Finanzministerium groß sein muss“, sagte Kindler dem Tagesspiegel. „2020 muss das System endlich an den Start gehen. Für die Zukunft erwarte ich, dass Minister Scholz die Kosten für externe Berater in seinem Ministerium eindämmt.“

Die IT-Verzögerungen kommen den Steuerzahler teuer zu stehen: Für 2017 und 2018 wurde durch Schwarzarbeit ein Gesamtschaden für den Staat in Höhe von 1,8 Milliarden Euro ermittelt. 2018 überprüfte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit 53.491 Arbeitgeber und leitete rund 111.000 Strafverfahren ein - vor allem wegen Schwarzarbeit.

Der Schatten eines Malers ist auf einer Hauswand.
Der Schatten eines Malers ist auf einer Hauswand.
© Patrick Pleul/Zentralbild/dpa

Kontrollen beginnen oft auf der Baustelle und werden im Büro fortgesetzt: Welche Güte haben Rechnungen, wird wirklich Mindestlohn bezahlt, gibt es Scheinselbstständigkeit? So genannte IT-Forensiker sollen Datenströme untersuchen. Neben der Baubranche liegt der Fokus der Kontrollen vor allem in Hotels- und Gaststätten, in der Transportbranche sowie im Reinigungsgewerbe.

Die Verzögerungen bei der Einführung des Tools „ProFis 2.0“ hat auch bereits der Bundesrechnungshof beanstandet. Die Kritik: zu viele beteiligte Stellen, Mängel im Programm, „nicht nachvollziehbare“ Berufung auf das Steuergeheimnis beim Datenaustausch. Die Prüfer schätzen aufgrund der Verzögerungen den Mehraufwand für das nach wie vor manuelle Führen der Statistik auf rund 100 Vollzeitarbeitskräfte. Die Ausgaben hierfür: mindestens 5,6 Millionen Euro jährlich.

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