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Kontrollen durch den Zoll zur Einhaltung des Mindestlohns gibt es viel zu selten.
© Markus Scholz/DPA

Firmen halten sich nicht an Gesetze: 1,8 Millionen Beschäftigte verdienen weniger als den Mindestlohn

Unternehmen in Deutschland dürfen ihren Arbeitnehmern nicht weniger 9,19 Euro pro Stunde zahlen. Doch nicht alle halten sich daran.

Auch vier Jahre nach Einführung des Mindestlohns erhalten viele Beschäftigte nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) weniger Geld als vorgeschrieben. Im Jahr 2017 hätten etwa 1,8 Millionen Beschäftigte trotz Anspruchs den Mindestlohn nicht erhalten, teilte das DIW am Mittwoch mit. Dies gelte für 1,3 Millionen Arbeitnehmer in einer Hauptbeschäftigung und rund 500.000 Nebenjobber. Besonders oft werde der Mindestlohn Beschäftigten im Gastgewerbe, im Einzelhandel, bei persönlichen Dienstleistungen und in der Leiharbeit vorenthalten.

Für Kontrollen ist der Zoll zuständig. Der hat aber nur wenig Personal, deshalb kommt er dieser Aufgabe nicht flächendeckend nach. Doch der Bundestag hat bereits Abhilfe geschaffen: „Es nicht akzeptabel, wenn Beschäftigten dieses Recht vorenthalten wird. Bereits am 6. Juni 2019 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) mit zusätzlichen Befugnissen und deutlich mehr Personal auszustatten. Es ist im Haushalt vorgesehen, sie bis zum Jahr 2026 von heute bundesweit rund 7.900 auf dann mehr als 10.000 Stellen aufzustocken. Darüber hinaus sollen für die FKS perspektivisch weitere 3.500 Stellen geschaffen werden“, sagt Kerstin Tack, SPD.

Dem DIW zufolge ist die Zahl derjenigen, denen der Mindestlohn verwehrt wurde, im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Dies hänge auch damit zusammen, dass 2017 in einigen Branchen Ausnahmeregelungen ausgelaufen seien und eine Anpassung auf Höhe des Mindestlohns ausgeblieben sei.

Für eine bessere Durchsetzung der Lohnuntergrenze schlagen die DIW-Autoren Anreize für Arbeitgeber vor, sich an den Mindestlohn zu halten. Sie regen eine "Fair Pay"-Plakette als Zertifikat für Arbeitgeber an, die die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten nachvollziehbar dokumentieren. Verbraucher könnten sich dann bewusst dafür entscheiden, etwa in Restaurants mit "Fair Pay"-Plakette zu essen.

Die DIW-Zahlen gehen nach Angaben des Forschungsinstituts auf eine direkte Befragung der Teilnehmer der SOEP-Langzeitstudie nach der Höhe ihres Stundenlohns im Jahr 2017 zurück. Seinerzeit betrug der gesetzliche Mindestlohn 8,84 Euro pro Stunde. Seit Anfang 2019 liegt die Lohnuntergrenze bei 9,19 Euro. Das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP) ist eine Umfrage, die seit 1984 läuft. Derzeit werden jedes Jahr rund 30.000 Menschen in etwa 15.000 Haushalten befragt. (Reuters)

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