A100 – Deutschlands teuerste Straßenbaustelle: In Berlin kostet ein Meter Autobahn 191.608,13 Euro
Nach dem ersten Spatenstich können bei Straßenbaustellen die Kosten schnell explodieren: 21 Projekte kosten jetzt 400 Millionen Euro mehr. Am teuersten ist die A100.
Mal ist der Boden mit Öl- oder Eisenanteilen belastet. Dann können die technischen Anforderungen nicht erfüllt werden. Oder aber inhaltlich wird so einiges wieder über den Haufen geworfen. Es gibt viele Gründe, warum die Kosten für in Deutschland einmal gestartete Straßenbauprojekte nach dem ersten Spatenstich später rasant steigen.
Wie teuer das in Summe für die Steuerzahlenden wird, zeigt eine neue Liste des Bundesverkehrsministeriums für den Haushaltsausschuss, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Die darin aufgeführten 21 Straßenbauprojekte sind zusammen inzwischen gut 400 Millionen Euro teurer geworden.
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Regelmäßig muss das Verkehrsministerium melden, welche Baumaßnahmen kostenmäßig aus dem Ruder laufen. Das ist dann der Fall, wenn die Kostensteigerungen bei mehr als 20 Prozent gegenüber dem Haushaltsplan liegen. Als Hauptgründe werden in der Liste meist etwas nebulös „allgemeine Baupreissteigerungen“ und die „Berücksichtigung von Ausschreibungsergebnissen“ vermerkt.
Bundesweit am stärksten zu Buche bei den absoluten Kostensteigerungen im Straßenbau schlägt ein berühmt-berüchtigtes Projekt: der Ausbau der A100 in Berlin. Die Ausgaben für Deutschlands teuerste Straßenbaustelle sind seit 2013 um rund 140 Millionen Euro auf über 613 Millionen Euro gewachsen.
Dabei geht es um einen gerade mal 3,2 Kilometer langen Autobahnabschnitt, der bis 2023 von Neukölln zum Treptower Park verlängert werden soll. Es wurden aufwendige Lärmschutzmaßnahmen getroffen, ein 400 Meter langer Tunnel und mehrere Brücken gebaut. Jetzt zeigt sich: Bisher hat hier jeder Meter Autobahn 191.608,13 Euro gekostet.
Der Bund der Steuerzahler fordert mit Blick auf die Baukostenexplosionen insgesamt zum Umdenken auf. „Die Bauverwaltungen brauchen ein strafferes Planungs- und Risikomanagement“, sagt Präsident Reiner Holznagel zum Tagesspiegel. „Derzeit versinkt Deutschland wegen der Corona-Krise in neuen Schulden. Umso wichtiger wäre es jetzt, dass zumindest die staatlichen Standardaufgaben reibungslos funktionieren.“
Denn auch bei Projekten, die gerade erst gestartet sind, schießen die Kosten schon in die Höhe:
- Etwa beim Neubau der Talbrücke im hessischen Götzenhof: Der Bau hat noch nicht einmal richtig begonnen, und schon jetzt sind die Kosten um über 70 Prozent auf fast 29 Millionen Euro gestiegen.
- Prozentual fast genauso verteuert hat sich seit 2013 die Ortsumgehung Münchhausen im hessischen Lahntal. Mit fast 78 Millionen Euro verursacht die dortige B252/62 auch absolut gesehen die zweithöchste Verteuerung.
- Zudem ist der Ausbau der unbewirtschafteten Rastanlagen „Rur-Scholle“ an der A4 in Nordrhein-Westfalen seit 2018 um mehr als 60 Prozent gestiegen.
- Das gilt auch für den Ausbau der B91 in Sachsen-Anhalt zwischen Deuben und Werschen seit 2015.
- Bei der Sanierung des Virngrundtunnels an der A7 in Baden-Württemberg ist dies seit 2017 ebenfalls der Fall.
„Es ist haarsträubend, welche Baukostenexplosionen im Straßenbau innerhalb weniger Monate auftauchen – da gibt es Kostensteigerungen von teils 70 Prozent und mehr“, kritisiert Holznagel. „Schuld daran sind zum Beispiel schlechte Planungen und Änderungen während der Bauphase, die wir immer wieder beobachten.“
„Ein hübsches Wahlkreisgeschenk“
Ein besonderes Augenmerk auf die Kostensteigerungen in Bayern gelegt hat der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler. Er kritisiert, dass der ehemalige CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt für die Ortsumgehung in bayerischen Schirning viele Millionen Euro Steuergelder für ein überflüssiges Projekt aus dem Fenster geworfen habe – „nur um seinen CSU-Kollegen Friedrich ein hübsches Wahlkreisgeschenk zu machen“. Denn der Ort liegt im Wahlkreis des ehemaligen Bundesinnenministers und heutigen Bundestagsvizepräsidenten Hans-Peter Friedrich.
Von Anfang an sei das Projekt komplett schöngerechnet worden, sagt Kindler dem Tagesspiegel. Laut der Liste aus dem Ministerium sind die Kosten seit 2017 um 45 Prozent auf gut 21 Millionen Euro gewachsen.
Der Grünen-Politiker kritisiert, dass CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer an der Linie seiner Amtsvorgänger und Parteikollegen festhalte. Aufgrund „zweifelhafter Straßenbauprojekte“ fehle Geld für Investitionen in sichere Radwege, pünktliche Züge und saubere Busse. „Die verkehrspolitische Geisterfahrt der CSU im Verkehrsministerium muss endlich aufhören.“
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