Berlin: BUND will Ausbau der A100 neu prüfen lassen
Der BUND hatte bereits erfolglos gegen den Autobahnbau geklagt, jetzt nimmt er neuen Anlauf. Die Grenzwerte für Stickoxide seien falsch berechnet worden.
Die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Weiterbau der Autobahn A 100 vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zusammen mit zwei Anwohnern verloren. Nun soll der Dieselskandal den Stopp der Autobahn bringen.
Weil die Grenzwerte für Stickoxide falsch berechnet worden seien, müsse der Planfeststellungsbeschluss für den bereits im Bau befindlichen Abschnitt geändert oder gar aufgehoben werden, forderte am Mittwoch BUND-Anwalt Carsten Sommer.
Widerruf verwaltungsrechtlich möglich
Ein Widerruf sei verwaltungsrechtlich möglich. Ob diese zusätzliche Luftbelastung die Planfeststellung für die A 100 infrage stellen kann, sei juristisch fraglich und werde geprüft, teilte die Senatsverkehrsverwaltung mit.
Planfeststellungsbeschlüsse seien in der Vergangenheit unter der Vorgabe erlassen worden, dass die Schadstoffbelastung durch einen nachträglichen Luftreinhalteplan reduziert würden, sagte Sommer. Diese Pläne seien bisher nicht erfüllt und durch die Manipulationen der Autoindustrie jetzt auch noch unterlaufen worden.
Die Kommunen – und auch der Senat – hätten bisher hilflos reagiert. Auch die von den Grünen ins Amt geholte parteilose Umweltsenatorin Regine Günther habe bisher keine Lösungen vorgelegt.
Lkw meist sauberer als Pkw
Der Leiter Verkehrspolitik des BUND-Bundesverbandes, Werner Reh, sieht derzeit nur eine Lösung: Ein generelles Fahrverbot in den Innenstädten für fast alle Diesel-Pkw. Lastwagen, die bisher als Haupt-Dreckschleuder galten, seien in der Regel sauberer, sagte Sommer. Auch Liefer- und Handwerkerfahrzeuge ließen sich meist nachrüsten.
Ein allgemeines Dieselfahrverbot würde auch das Taxigewerbe treffen, bestätigten Reh und Sommer. Allerdings seien wie bisher Ausnahmen denkbar. Und ein Teil der Flotte sei ohnehin auf schadstoffarme Antriebe umgestellt.
Nach Sommers Ansicht sind auch andere Lösungen möglich: Etwa Ampelschaltungen, die wie auf der Invalidenstraße den Autozufluss reduzieren, wenn die Schadstoffbelastung zunimmt. Oder den Verkehr durch die Wegnahme einer Fahrspur auf der Autobahn verringern.
Großteil der Baukosten schon ausgegeben
Sollte es nicht dazu kommen, müsse der Widerruf der Baugenehmigung greifen – „mit drastischen Folgen“: Einem Baustopp und einem Rückbau der bereits erfolgten Arbeiten. Ein großer Teil der veranschlagten Kosten in Höhe von 470 Millionen Euro für den 3,2 Kilometer kurzen Abschnitt ist schon ausgegeben.
Bereits im Planfeststellungsverfahren hatten zwei Anwohnerinnen und der BUND mit Hinweis auf das Überschreiten der Grenzwerte in der Elsenstraße erfolglos geklagt. Durch den Bau der Autobahn würde sich der Verkehr dort fast verdoppeln, hatten die Kläger argumentiert. Damals habe die Senatsverkehrsverwaltung die Werte „schöngerechnet“, sagte der Berliner BUND-Verkehrsexperte Martin Schlegel.
Sommer betonte, Ziel des neuen Vorstoßes sei es nicht, jahrelange juristische Auseinandersetzungen zu führen. Man wolle eine schnelle Lösung – zum Wohl der Allgemeinheit. Die neuen Berechnungen müssten für alle kommenden Neu- und Ausbauten gelten, sagte Sommer. Auch für die Rudolf-Wissell-Brücke, die nach 2020 ersetzt werden muss.