Explodierende Kosten bei der A61: Scheuer droht Klage wegen Autobahn-Ausbau
Die A61-Kosten werden sich auf 1,4 Milliarden Euro fast verdoppeln. Der Verkehrsminister will die Gründe geheim halten – dagegen wollen die Grünen klagen.
Bundesverkehrsministerium von Andreas Scheuer (CSU) droht eine Klage wegen explodierender Kosten beim Ausbau der A61 in Süddeutschland. Die Kosten werden sich um 600 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro fast verdoppeln. Doch die Gründe für die enorme Kostensteigerung in der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsprüfung will das Ministerium unter Verschluss halten.
Das geht aus einem Schreiben des Ministeriums an den Grünen-Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler hervor, das Tagesspiegel Background vorliegt. In dem Bescheid heißt es, dass „eine Veröffentlichung der Dokumente in vollständiger Fassung die Gefährdung fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr begründen würde.“ Von einer Fassung mit Schwärzungen habe man abgesehen, weil sich aus dem Antrag kein Interesse daran ergeben habe.
Zur Begründung heißt es, der Bund habe ein „berechtigtes Geheimhaltungsinteresse“, da die Kenntnis von Kostensätzen „Rückschlüsse der Marktteilnehmer auf die Wirtschaftlichkeitswelle der Angebote in dem noch einzuleitenden Vergabeprozess“ für das A61-Projekt zulasse. Und das könne zu einer Wettbewerbseinschränkung führen.
Die Grünen drohen Scheuer nun mit einer Klage. „Ich behalte mir vor zeitnah Minister Scheuer zu verklagen. Er muss endlich die Fakten auf den Tisch legen“, sagte Kindler Tagesspiegel Background. „Wenn nur eine Klage ihn dazu bringt, dann gehe ich auch diesen Weg. Die Geheimnistuerei ist nicht länger hinnehmbar.“ Öffentlich-Private-Partnerschaften im Straßenbau – wie das Projekt des A61-Ausbaus – seien teure und intransparente Privatisierungsprojekte, von denen große Baukonzerne, Banken und Versicherungen profitierten. „Die Zeche zahlen die Bürgerinnen und Bürger.“
Länge der A61-Ausbaustrecke kann Kosten nicht erklären
Beim Ausbau der A61 zwischen der Landesgrenze Rheinland-Pfalz/Baden-Württemberg und dem Autobahnkreuz Frankenthal sind weiterhin der sechsspurige Ausbau sowie Betriebs- und Erhaltungsstrecken auf der A650 zwischen Friedelsheim und Ludwigshafen-Stadt (rund 14 km) und auf der A65 zwischen Haßloch und dem Autobahndreieck Ludwigshafen.
Hier sind statt bisher drei nun 12 Kilometer geplant, was die Steigerungen bei dem Projekt einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) von Verkehrsminister Scheuer aber nicht erklären kann. Die Ausbaustrecke auf der A61, das Hauptprojekt, bleibt mit 31 Kilometern Länge im Kern unverändert.
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Mit dem Ärger um den A61-Ausbau wächst der Druck auf Scheuer, der bereits mit schweren Vorwürfen wegen der geplatzten Pkw-Maut konfrontiert ist. Dazu ist ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Jüngst wurde auch ein Gutachten bekannt, das Scheuer schwere Fehler vorwirft: Experten des Bundestages sind der Ansicht, das Ministerium des CSU-Politikers habe in „mehrfacher Hinsicht“ gegen „das geltende Vergaberecht verstoßen“.
Zudem soll es weiteres Gutachten geben, mit dem sich der Minister entlasten will. Dieses ist vergleichsweise teuer: Wie der „Spiegel“ berichtete, sollen Anwälte der Kanzlei Linklaters auf Basis eines Stundensatzes von 410 Euro für das 90-seitige Rechtsgutachten mehr als 240.000 Euro in Rechnung stellen.
Der Europäische Gerichtshof hatte die deutschen Maut-Pläne im Juni 2019 gekippt, nachdem die Betreiberverträge bereits unterzeichnet worden waren. Scheuer hatte die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern noch 2018 geschlossen – bevor endgültige Rechtssicherheit bestand.