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Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko inspiziert Panzertruppen im Manöver.
© AFP/MYKOLA LAZARENKO

Asowsches Meer: Im Ukraine-Konflikt ruhen die Hoffnungen auf Merkel

Die Ukraine und die USA setzen im Krim-Konflikt auf die Kanzlerin. Doch wie weit reichen ihre Möglichkeiten?

Ausgerechnet Donald Trump setzt nun auf die Kanzlerin. In einem Interview zum Ukraine-Konflikt und die jüngsten Spannungen rund um die Krim sagte der US-Präsident unvermittelt: "Angela, lasst uns Angela einbeziehen!" Auch Frankreich solle sich an einer Lösung des Konflikts beteiligen. Allerdings sagte Trump nicht konkret, wie eine solche Lösung aussehen könnte. Mit seinem Ruf nach der Vermittlerin Angela Merkel machte Amerikas Präsident zugleich klar, dass er sich für dieses Problem nicht zuständig fühlt. Am Donnerstag sagte er ein Treffen mit Putin am Rande des G-20-Gipels in Buenos Aires ab.

Auch die ukrainische Führung hofft auf Angela Merkel. Aus Sicht von Präsident Petro Poroschenko geht es um nicht weniger als die Rettung seines Landes. "Im Jahr 2015 hat sie durch ihre Verhandlungen in Minsk schon einmal unser Land gerettet, wir hoffen darauf, dass sie uns zusammen mit unseren anderen Alliierten noch einmal so unterstützt", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Vermittlung seit 2014

Tatsächlich vermitteln Deutschland und Frankreich seit der russischen Intervention im Donbass 2014. Dabei spielte die Kanzlerin von Anfang an die wichtigste Rolle. Schon Trumps Vorgänger Barack Obama hatte die Friedensbemühungen für die Ostukraine den Deutschen und Franzosen überlassen. Aus den Gesprächen gingen die beiden Minsker Vereinbarungen hervor, die den Weg für eine Friedenslösung ebnen sollten. Einige Kenner der Region argumentieren, dass ohne diese Verhandlungen und ohne die EU-Sanktionen gegen Russland die Separatisten und ihre russischen Unterstützer viel weiter vorgerückt wären.

Doch bis heute gibt es keinen Frieden in der Ostukraine, mehr als 10000 Menschen wurden in diesem Krieg getötet. Der 2015 in Minsk ausgehaltene Waffenstillstand wird jeden Tag verletzt. Um eine Umsetzung der Abkommen zu erreichen, verhandeln Deutschland und Frankreich noch immer mit Russland und der Ukraine. Die USA ernannten angesichts der mangelnden Fortschritte doch noch einen Ukraine-Sonderbeauftragten, der direkt mit einem Gesandten Putins verhandelte. Aber auch diese Gespräche gestalteten sich schwierig, eine Einigung über ein mögliches UN-Mandat für die Ostukraine gelang bisher nicht.

Wird Merkel also jetzt einen neuen Anlauf als Vermittlerin machen? Deutschland arbeite daran, dass es nicht zu einer Wiederholung eines solchen Vorfalls komme und sich das Eskalationspotenzial der gegenwärtigen Krise nicht entfalte, heißt es in Regierungskreisen. Am Rande des G20-Gipfels in Argentinien will Merkel mit Putin über den Ukraine Konflikt und die Lage im Asowschen Meer reden.

Nach der jüngsten Eskalation an der Meerenge von Kertsch hat die Kanzlerin bereits mit Poroschenko und mit Putin telefoniert – und dabei erfahren, wie weit die Positionen auseinanderliegen. Unterschiedlicher hätten die Darstellungen der Ereignisse nicht sein können, sagte Merkel später vor der Unionsfraktion.

Kritik an Putin

Der Ukraine hat die Kanzlerin bereits ihre Unterstützung zugesichert, verbunden mit Mahnungen zu Besonnenheit. Doch Poroschenkos Wünsche wird Merkel kaum erfüllen können. So plädierte er dafür, dass Kriegsschiffe aus Deutschland und anderen Staaten im Schwarzen Meer Präsenz zeigen. Eine solche militärische Drohgebärde will man aber sowohl in Berlin als auch in anderen Nato-Hauptstädten vermeiden. Außerdem hofft die ukrainische Führung darauf, dass die Bundesregierung den Druck auf Moskau erhöht. Denn sie fürchtet, dass Russland beispielsweise die Hafenstädte Mariupol und Berdjansk erobern könnte.

Während die Rufe nach der Kanzlerin auf der internationalen Bühne lauter werden, ist der Spielraum, den sie als Vermittlerin im Ukraine-Konflikt tatsächlich hat, ziemlich begrenzt. Eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland würde zwar den Druck auf die Führung in Moskau erhöhen, gilt allerdings in der EU derzeit als nicht durchsetzbar. Ein solcher Schritt müsste einstimmig beschlossen werden, aber zumindest Italien würde neuen Sanktionen nicht zustimmen.

Zudem ist die Bundesregierung bereits mit einem ersten Vermittlungsangebot gescheitert. Am Montag saßen ranghohe Diplomaten aus Berlin, Kiew, Moskau und Paris im Auswärtigen Amt zusammen, das Treffen war lange geplant. Die vier Länder, so der deutsche Vorschlag, könnten gemeinsam nach Lösungen für den jüngsten Konflikt an der Meerenge von Kertsch suchen. Die Antwort aus Moskau kam prompt. Außenminister Sergej Lawrow betonte, die Behörden seines Landes und der Ukraine könnten die Probleme selbst diskutieren.

Was der Kanzlerin also derzeit bleibt, sind deutliche Worte Richtung Moskau. So warf sie Putin am Donnerstag vor, mit dem Bau einer Brücke zur Krim die Spannungen erst hervorgerufen zu haben. "Das geht voll auf die Kosten des russischen Präsidenten", sagte Merkel beim Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin. Seit der Einweihung der Brücke im Mai hätten sich die Bedingungen für die Schifffahrt verschlechtert, obwohl ein Vertrag von 2003 der Ukraine und Russland die gleichen Rechte zusichert.

Merkel warnte davor, dass die ukrainische Hafenstadt Mariupol "einfach abgeschnitten wird". Außerdem forderte die Kanzlerin eine Freilassung der von Russland inhaftierten ukrainischen Soldaten und kritisierte, dass deren "Geständnisse erpresst" worden seien.

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