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Viel tiefer im Niveau geht's nicht mehr: Donald Trump und Hillary Clinton.
© dpa

Zweite TV-Debatte zur US-Präsidentschaftswahl: Hillary Clinton versäumt den K.O.-Schlag

Donald Trump hat verheerende 20 Minuten zu Beginn des Duells wegen seiner frauenfeindlichen Äußerungen. Aber das Townhall-Format erlaubt ihm ein Comeback. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

In den ersten 20 Minuten der Fernsehdebatte in der Nacht zu Montag schien sich Donald Trumps Präsidentschaftskandidatur zu zerlegen. Unvermeidlich kam die Sprache auf das Tonband mit seinen Raubtier-Äußerungen über seinen Umgang mit Frauen: Er könne sie ungefragt auf den Mund küssen und straflos an die Genitalien fassen.

Trump: Gegenangriff statt Entschuldigung

Trump vermied alles, was wie eine Entschuldigung wirken könnte, die von Herzen kommt. Er tat seine Wort als Gerede ab, wie es in Umkleidekabinen unter Männern üblich sei: "lockerroom talk". Die USA hätten wichtigere Probleme: das Gesundheitssystem, das Handelsdefizit, Schießereien, die Grenze, den Terror ...

So leicht ließen die Moderatoren ihn nicht davon kommen. Sie fragten scharf nach: Ob er sich bewusst sei, dass er mit der Vergewaltigung von Frauen geprahlt habe? Nein, nein, wehrte er ab. Alles nur "lockerroom talk". Und ging zum Gegenangriff über. Der wahre Frauenfeind sei Bill Clinton - und Hillary habe seine Übergriffe gedeckt.

Erstaunlicherweise hatte Hillary Clinton keine Formulierung vorbereitet, die einem verbalen K.O.-Schlag gleich kam. Sie beließ es dabei, zu bekräftigen: Die O-Töne zeigten, wer Trump wirklich sei - "nicht qualifiziert für das höchste Amt im Staat". Die Äußerungen seien kein Ausrutscher, sondern bestätigten seine Neigung, Frauen, Latinos, Behinderte zu beleidigen.

Verheerend, aber nicht vernichtend

Für Trump war es ein verheerender Einstieg in das zweite von drei TV-Duellen, aber kein vernichtender Moment. Und dann kam das Format dieser Debatte Trump zu Hilfe: "Townhall". Die Fragen kommen im Wesentlichen von Bürgern und Wählern. Die Moderatoren greifen weniger ein. Und auch die Gelegenheiten zum direkten Schlagabtausch zwischen den Kandidaten sind seltener.

Diese Konstellation erlaubte Trump eine Art Comeback. Die Fragen galten den Sachthemen - Gesundheitsreform, Steuerpolitik, Syrien, Energiepolitik. Und auch Hillarys Schwachstellen kamen zur Sprache, darunter ihr Umgang mit Dienst-Emails als Außenminister und die jüngsten Wikleaks-Meldungen über ihre Reden für Banken.

Trump droht Clinton mit Gefängnis

Stimmungsmäßig nahm die Debatte einen niederdrückenden Verlauf. Im Wesentlichen fielen Trump und Clinton übereinander her, beschuldigten sich der Lüge und Irreführung. Eine Diskussion, was der beste Weg in die Zukunft für die USA sei, kam zu kurz. Der Austausch gipfelte in Trumps Ankündigung, er werde Clinton hinter Gitter bringen, wenn er Präsident sei.

Trumps Strategie lief im Kern darauf hinaus: Die Clintons sind mindestens so schlimm wie ich aber eigentlich viel schlimmer. Mag sein, dass ich Steuern vermeide. Clinton sei seit dreissig Jahren in der Politik und habe auch nichts am Steuersystem geändert, weil es ihren reichen Freunden nutze, die ihren Wahlkampf finanzieren. Er ging sogar so weit, seinem Vizekandidaten ausdrücklich zu widersprechen: Mike Pence plädiert für einen härteren Umgang mit Russland wegen Syrien. Trump sagt, Russland bekämpfe dort den IS.

Sie ist offenbar zufrieden mit einem Unentschieden

Clinton hatte sich offenbar entschieden, jedes Risiko zu vermeiden - also auch harte Angriffe, die sie als aggressiv erscheinen lassen konnten. Sie braucht keinen Debattensieg, ein Unentschieden reicht, da sie in den wahlentscheidenden "Swing States" im Aufwind ist. Und weil auch die Schlagzeilen zu Trump Frauen-Kommentaren ihm schaden und ihr nutzen.

Noch 29 Tage bis zur Wahl. Wenn er keine Wende herbeiführt, wird sie Präsidentin.

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