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Clinton hat gut lachen vor der zweiten TV-Debatte gegen Trump.
© dpa

Kampf um das Weiße Haus: Clinton führt klar in den Umfragen

Vor dem zweiten TV-Duell gegen Donald Trump baut die Demokratin ihren Vorsprung in wahlentscheidenden "Swing States" aus. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Vor der zweiten TV-Debatte zwischen Donald Trump und Hillary Clinton haben sich die Umfragen für die demokratische Präsidentschaftskandidatin verbessert. Im Schnitt der nationalen Erhebungen liegt sie nun wieder solide 4,1 Prozentpunkte vor Trump: 48,0 zu 43,9 Prozent. Wichtiger noch ist die Entwicklung in den wahlentscheidenden „Swing States“, die mal für die Demokraten, mal für die Republikaner stimmen, und in der Summe den Ausschlag gebe, wer am 20. Januar 2017 ins Weiße Haus einzieht.

"How to get to 270?"

Im US-Wahlsystem wird nicht derjenige Präsident, der die meisten Stimmen landesweit erzielt. Bill Clinton gewann 1992 mit 43 Prozent, George W. Bush 2000 mit 47,9 Prozent. Die entscheidende Frage lautet: „How to get to 270?“ 270 Wahlmänner sind nötig für den Sieg. Jeder der 50 Bundesstaaten hat eine bestimmte Anzahl Wahlmänner, abhängig von der Einwohnerzahl. Wer am Wahltag – 2016 der 8. November – die Mehrheit der Stimmen in einem Staat erzielt, erhält alle Wahlmänner dieses Staats. „The winner takes all.“ Der bevölkerungsreichste Staat Kalifornien (38,8 Millionen) hat 55 Wahlmänner, Wyoming als kleinster (584.000 Bürger) drei.

Regionale Umfragen in den rund ein Dutzend „Swing States“ werden wegen des hohen Aufwands nur alle paar Wochen gemacht. Deshalb nutzen Medien die weit häufigeren nationalen Erhebungen als Notbehelf, obwohl deren Aussagekraft für den mutmaßlichen Wahlausgang begrenzt ist. Bevor Clinton und Trump in der Nacht zu Montag in St. Louis, Missouri, aufeinandertreffen, stehen nun neue Daten aus wichtigen Staaten zur Verfügung. Nimmt man sie alle zum Nennwert – unabhängig von dem Einwand, dass die statistische Fehlerquote einiger Umfragen größer ist als der Abstand zwischen Clinton und Trump –, käme sie aktuell auf 322 Wahlmänner, er auf 165.

Clinton hat die Schwächephase überwunden

Im September war die Berechnung viel knapper, 272 zu 266 Wahlmänner. Nur ein weiterer Staat hätte in den Projektionen an Trump fallen müssen, und er wäre nach den damaligen Erhebungen Präsident geworden. Die Zeitschrift „The New Yorker“ malte aus, wie seine Präsidentschaft verlaufen könnte.

Beschränkt man sich auf die Zählung der „sicheren“ Staaten, wo sie oder er aktuell mit mehreren Prozentpunkten führt, kommt Clinton auf 237 Wahlmänner, Trump auf 165. Für sie ist es viel einfacher, die fehlenden Wahlmänner zu gewinnen. Die zwölf Staaten, die jetzt als „unsicher“ gelten, verfügen über 136 Wahlmänner. In acht davon führt Clinton, zum Teil deutlich: Colorado (3,3 Prozent), Florida (2,4), Maine (3,8), Minnesota (4,3), Nevada (1,4), New Hampshire (5,0), North Carolina (1,3) und Wisconsin (5,0). Trump liegt in Arizona (1,0 Prozent), Georgia (4,0), Iowa (5,0) und Ohio (1,6) vorn.

Pennsylvania gilt jetzt als sicher für die Demokraten

Zwei Detailergebnisse mit Signalwirkung: Pennsylvania gilt nicht mehr als „Swing State“, sondern als sicher demokratisch. Der Staat hat zentrale Bedeutung für Trump. Er muss ihn gewinnen, um Präsident zu werden, und wirbt um Weiße, die unter dem Strukturwandel leiden: Kohlekumpel und Industriearbeiter, deren Jobs gefährdet sind. Im September war Clintons Vorsprung dort auf ein gutes Prozent gesunken, jetzt führt sie mit sechs Prozentpunkten.

Der Südstaat North Carolina war früher verlässlich republikanisch. Im August führte dort Clinton, im September Trump, jetzt wieder Clinton. Gewinnt sie North Carolina, hat Trump kaum noch einen Weg, auf 270 Wahlmänner zu kommen.

Drei Faktoren machen einen einen Sieg Clintons wahrscheinlicher: das Wahlsystem; die „politische Geografie“ – welche Staaten stimmen traditionell demokratisch, welche republikanisch? – sowie die demografische Entwicklung. Die Wähler der Republikaner sind überwiegend weiß, älter und männlich; ihr Anteil an der Bevölkerung sinkt. Für die Demokraten stimmen überwiegend Afroamerikaner und Latinos, die Jüngeren und die Frauen. Ihr Anteil an der Gesellschaft wächst. Der „Gender Gap“, das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen, liegt über zwanzig Prozent.

Gibt es eine Schweigespirale?

Zwei Risikofaktoren: Kann Clinton die demokratischen Anhänger ebenso gut mobilisieren wie Barack Obama? Und: Ist auf die Umfragen Verlass oder gibt es eine „Schweigespirale“ von Bürgern, die Trump wählen, das den Forschern aber nicht sagen?

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