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Triste Aussichten: Der Alltag der Menschen in Gaza ist von Leid und Not geprägt.
© Mahmud Hams/AFP

Not im Gazastreifen: Hilfsorganisationen fordern Weltgemeinschaft zum Handeln auf

Zerstörte Krankenhäuser, kaputte Schulen und 100.000 Menschen ohne Obdach: Ein neuer Bericht über die Lebensbedingungen in Gaza fällt deprimierend aus. NGOs fordern von der Staatengemeinschaft, ihre Zusagen für den Wiederaufbau einzuhalten.

Es waren ungewöhnlich klare Worte für einen sich sonst so diplomatisch gebenden Mann wie Ban Ki Moon: "Dies muss die letzte Konferenz zum Wiederaufbau Gazas sein. Der Kreislauf aus Zerstörung und Aufbau muss enden", sagte der UN-Generalsekretär im Oktober vergangenen Jahres in Kairo.

Es war ein eindeutiger Appell an die internationalen Geber, die sich in der ägyptischen Hauptstadt eingefunden hatten. Das Ziel lautete: Möglichst viel Geld sammeln, um dem Küstenstreifen nach dem Krieg zwischen der Hamas und Israel den Wiederaufbau zu ermöglichen. Mehr als drei Milliarden US-Dollar wurden für das Krisengebiet in Aussicht gestellt. Doch passiert ist herzlich wenig.

Dieser Auffassung sind zumindest 46 Nichtregierungsorganisationen. In einem Bericht mit dem Titel "Einen neuen Kurs festlegen. Den Stillstand in Gaza überwinden" rügen Hilfswerke wie Ärzte der Welt, Handicap International, Medico International, Oxfam und die den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung die mangelnde Unterstützung der Weltgemeinschaft für die Menschen in Gaza. "Die feierlichen Reden auf der Kairoer Geberkonferenz waren nicht viel mehr als leere Worte“, sagt der Nahost-Referent von Oxfam Deutschland, Robert Lindner.

Teufelskreis aus Not und Gewalt

Der jüngste Konflikt zwischen Israel, der Hamas und anderen bewaffneten Palästinensergruppen im Sommer 2014 habe beispiellose Zerstörung und menschliches Leid verursacht, heißt es in der Studie. Demnach sind 100.000 Menschen in Gaza momentan ohne Obdach, viele müssen in provisorischen Unterkünften hausen und haben zu wenig zum Essen. Für mehr als 80 Prozent der Krankenhäuser fehlt die nötige Finanzierung. Zudem verhindern Einfuhrbeschränkungen, dass Hilfsprojekte beginnen können. Seit Januar wurden nur an 36 von über 260 beschädigten und zerstörten Schulen dringend erforderliche Reparaturarbeiten durchgeführt.

Die Geberstaaten hatten zwar in Kairo Milliarden versprochen. Doch nach Angaben der Hilfsorganisationen sind bislang lediglich 26,8 Prozent des zugesagten Geldes tatsächlich bereitgestellt worden. Die Geber zögern nicht zuletzt, weil sie fürchten, dass die finanzielle Unterstützung sich im Falle eines neuen Waffengangs als nutzlos erweisen könnte. Das wollen die NGOs so nicht gelten lassen. Die Regierungen müssten nun endlich handeln, fordert das Bündnis. "Sonst haben die in Gaza lebenden 1,8 Millionen Menschen keine Chance, dem Teufelskreis aus Not, Gewalt und Zerstörung zu entkommen", sagt der Medico-Repräsentant in Israel und Palästina, Riad Othman.

Die Forderungen der NGOs sind mit Blick auf die Not in Gaza vielfältig. Dazu gehört in erster Linie, dass es nicht wieder zu einem Krieg kommen dürfe. Alle Parteien sollten daher sofort die Verhandlungen für einen langfristigen Waffenstillstand wieder aufnehmen, lautet eine zentrale Empfehlung in dem Bericht. Zudem dürften Verstöße gegen das Völkerrecht und Kriegsverbrechen nicht länger straflos bleiben. "Sonst macht sich die internationale Gemeinschaft daran mitschuldig, dass immer neue Gewalt ausbricht und alle Bemühungen für Frieden und Entwicklung vergeblich sind", betont Peter Schwick, Vize-Vorstandsvorsitzender von Ärzte der Welt.

Israels Sicherheitsbedenken

Ein zentrales Anliegen der Hilfsorganisationen ist die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens und die Lockerung restriktiver Grenzkontrollen durch Israel und Ägypten. Nur dann sei eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Gaza möglich. Denn bislang sind 80 Prozent der Bevölkerung auf Unterstützung angewiesen, fast 70 Prozent der Jugendlichen haben keinen Job. Die Menschen bräuchten "dringend Zukunftsperspektiven", sagt Rene Wildangel, Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung Palästina/Jordanien.

Dass Israel gerade die Einfuhr von Baumaterial so streng reglementiert, wird in Jerusalem mit Sicherheitsbedenken begründet. In der Vergangenheit soll die Hamas insbesondere Zementlieferungen für den Bau von Tunneln genutzt haben. Mithilfe dieser Anlagen gelangten Terroristen auf israelisches Gebiet und verübten Anschläge. Ägypten wiederum hat inzwischen sogar eine Art Pufferzone an der Grenze zu Gaza errichtet. Diese soll Terroristen davon abhalten, Anschläge auf dem Sinai zu verüben.

Dass der Wiederaufbau in Gaza nicht vorankommt, liegt nach Auffassung der NGOs allerdings nicht ausschließlich am mangelnden Engagement der Staatengemeinschaft oder Israels restriktiver Haltung. Auch die palästinensische Führung trage eine Mitschuld. Sie müsse den Aufbau effektiver koordinieren. Doch die radikalislamische Hamas und die als gemäßigt geltende Fatah machen sich gegenseitig für den Stillstand verantwortlich Die Hamas wirft der Autonomiebehörde von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor, ihren Aufgaben bei der Grenzüberwachung der Importe nicht nachzukommen. Die Fatah wiederum verweist darauf, dass die Hamas sich immer noch weigere, die militärische Kontrolle über den Gazastreifen an die vor einem Jahr gebildete Einheitsregierung zu übergeben.

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