Bauministerin gegen Wohnungsnot: Hendricks will Familien mit Baugeld beglücken
Eine eigene Wohnung können sich viele Familien nicht leisten. Der Bund will helfen und ändert das Baurecht. Es sollen mehr Wohnungen entstehen - höher und dichter.
20.000 Euro vom Bund für Familien mit drei Kindern, die eine Wohnung oder ein Haus erwerben wollen sowie eine Lockerung des Baurechts für Länder und Kommunen – so will sich Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) im Kampf gegen die Wohnungsnot in den rasant wachsenden Metropolen behaupten. Die „Baurechtsnovelle“ zur Einführung von „Urbanen Gebieten“ hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen. Ob dagegen das Familienbaugeld kommt, hängt vom Wohlwollen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ab.
500 Millionen Euro für 40.000 Haushalte
Von „guten Gesprächen“ mit Schäuble sprach Hendricks und dass sie „sehr hoffe, noch in dieser Wahlperiode“ die Geldgeschenke verteilen zu können. Dass gerade junge Familien mit mittlerem Einkommen (maximal 70.000 Euro) unter den hohen Mieten leiden und diese mit demselben Budget auch den Erwerb einer eigenen Wohnung finanzieren könnten, hatte vor wenigen Tagen eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung erneut festgestellt. Hendricks zufolge sind gerade junge Familien in Metropolen nicht in der Lage, das erforderliche „Eigenkapital“ für den Immobilienkauf anzusparen – hier wolle man helfen.
Mit dem Einsatz von 500 Millionen Euro könne der Bund bis zu 40.000 Haushalten Familienbaugeld gewähren, so Hendricks. Mehr Steuermittel wären erforderlich, falls ein Rechtsanspruch auf die Förderung eingeräumt wird. Aber darüber wird ja noch verhandelt.
"Urbane Gebiete" mit höheren Häusern, dichter zusammengestellt
Entschieden hat das Kabinett dagegen eine Änderung des Planungsrechtes, das Städten und Kommunen ermächtigt, „Urbane Gebiete“ auszuweisen. Einfach ausgedrückt ermöglicht das den Städten dort höher zu bauen, Häuser dichter nebeneinander zu stellen und Siedlung auf zuvor überwiegend von Gewerbebetrieben genutzten Arealen zu errichten. „Da darf es etwas lauter zugehen“, so Hendricks, drei Dezibel mehr als in Wohngebieten. Und statt bisher 60 Prozent des Grundstücks darf der Baukörper dort 80 Prozent überbauen und zweieinhalb mal so viel „Geschossfläche“ haben wie bisher.
„Güterbahnhöfe und aufgelassene Industriegebiete“ nannte die Bauministerin als Beispiele für Flächen, wo die neuen urbanen Gebiete entstehen könnten. Anders als in der autogerechten Stadt seien dort Wohnsitz und Arbeitsstätte nicht mehr kilometerweit getrennt, sondern auf kurzen Wegen erreichbar und bildeten die „nachhaltige europäische Stadt“.
Lärm von Sportplätzen auch in der Mittagszeit
Die Änderung der Lärmschutzregelungen soll Konflikten vorbeugen, die heute auch bekannt sind von Siedlungen mit angrenzenden Sportstätten. Auch diese Auseinandersetzungen soll die Baurechtsnovelle befrieden: Fünf Dezibel mehr müssen die Bürger künftig ertragen in den abendlichen Ruhezeiten (von 20 bis 22 Uhr) und auch an Sonn- und Feiertagen in der Mittagszeit (13 bis 15 Uhr). „Dadurch kann der Sportbetrieb auch in diesen Zeiten fortgeführt werden“, sagt Hendricks. Ältere, vor 1991 gebaute Sportplätze bekommen außerdem einen „Bonus“, können saniert und umgebaut werden, ohne dass sie dabei ihren geschützten Status verlieren.
Ein weiteres heißes Eisen, die Zulässigkeit von Ferienwohnungen in Wohngebieten, wird mit der Novelle auch angepackt. Das Gesetz sieht Ferienwohnungen grundsätzlich als zulässig an, räumt Städten und Kommunen aber zugleich ein, die Umwandlung regulärer Wohnungen in Ferienobjekte „unter Genehmigungsvorbehalt“ zu stellen. Anders ausgedrückt: Die politisch Verantwortlichen vor Ort sollen entscheiden. Über Ferienwohnungen wird in Berlin ebenso gestritten wie auf den Nord- und Ostseeinseln, wo immer mehr „Rollläden-Siedlungen“ entstehen, die nur in der Saison durch Touristen belebt sind. Einheimische finden dafür kaum noch Mietwohnungen.
Immobilien-Ausschuss: Lärmschutz muss stärker gelockert werden
Der Immobilienverband Deutschland (IVD) begrüßte die Regelungen, die den Bau von Wohnungen auf bisher nicht verfügbaren Flächen möglich mache. Der Zentraler Immobilien Ausschuss Deutschland kritisierte die Lockerung des Lärmschutzes als unzureichend: Für Gewerbelärm müsse derselbe geringe Grenzwert gelten wie für Verkehr.
Der baupolitische Sprecher der Grünen Chris Kühn nannte den „Eigenheimzuschuss Augenwischerei“, eine Einführung in dieser Legislaturperiode sei nicht möglich. Sein CDU-Kollege Jan-Marco Luczak nennt die Zulage wirkungslos, weil die Länder „gleichzeitig bei der Grunderwerbsteuer kräftig zulangen“.