Gesetz gegen Ferienwohnungen: Verbieten statt vermieten in Berlin?
Das Zweckentfremdungsverbot leuchtet vielen nicht ein. Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel und Airbnb-Manager Alexander Schwarz im Streitgespräch.
Seit zweieinhalb Jahren gilt in Berlin das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, doch Jörg Lammersen vom Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) kann das Wortungetüm immer noch nicht unfallfrei aussprechen. „Ich verspreche dran zu arbeiten“, sagt Lammersen, der am Montag das VBKI-Streitgespräch "Verbieten statt vermieten?" zum Thema Ferienwohnungen moderierte. Angetreten waren der neue Bürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), und Airbnb-Manager Alexander Schwarz, zuständig für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Zum Streit kam es nicht, stattdessen wurde deutlich, dass illegal nicht für alle dasselbe bedeutet, und dass Unternehmer wenig Lust haben, ein kompliziertes Gesetz genau zu lesen. Neben Moderator Lammersen haben auch viele VBKI-Mitglieder das Verbot in seiner Ambivalenz noch nicht durchdrungen. "Ich habe eine möblierte Wohnung, darf ich die für drei Monate vermieten oder nicht?" Stephan von Dassel: "Kommt auf den Einzelfall an." Ein Hausbesitzer aus Lichtenrade findet nicht in Ordnung, dass ihm das Bezirksamt die Nutzung seiner Doppelhaushälfte, nach dem Auszug seiner Tochter zur Ferienwohnung umgebaut und angemeldet, untersagt hat. Versteht von Dassel auch nicht. Er hätte das genehmigt. "Ich bin dafür, den Ermessensspielraum voll auszunutzen." Leider lege jedes Bezirksamt das Gesetz etwas anders aus.
Gesetz verursacht "Kollateralschaden"
Am wenigsten plausibel erscheint den Zuhörern und Airbnb-Manager Schwarz, dass man im Urlaub oder bei einem Auslandsaufenthalt nicht an Feriengäste vermieten darf. In Amsterdam und Hamburg gebe es die Teilzeit-Regel, maximal 120 bzw. 180 Tage im Jahr vermieten ist erlaubt. Diesen Kompromiss findet Schwarz fair, weil er das Geschäft der Plattformanbieter nicht blockiere und das Wohnungsangebot nicht dezimiere. Von Dassel gibt zu, dass hier ein "Kollateralschaden" vorliege. Das Gesetz sei sehr streng, weil die Macher davon ausgingen, dass laxere Regelungen ausgenutzt würden. Etwa, indem über viele Plattformen vermietet werde, was die Ämter kaum kontrollieren könnten. Hamburg und Amsterdam orientierten sich inzwischen nach ersten Erfahrungen eher am Berliner Gesetz.
Warum aber im hiesigen Gesetz steht, dass man einmal an Gäste vermieten darf, dann aber nicht mehr, will niemandem einleuchten. „Was heißt einmal, einmal im Jahr?“ Von Dassel ganz trocken: "Einmal im Leben." Sein Gegenspieler Alexander Schwarz macht derweil auf Diplomatie. Er wolle im Dialog mit der Stadt "nach konstruktiven Lösungen suchen", damit die angeblich große Mehrheit der "Homesharer", also der Teilzeit-Vermieter, zu ihrem Recht kämen. Gleichzeitig wolle auch Airbnb der angeblich kleinen Minderheit der "schwarzen Schafe", die Privatwohnungen gewerbsmäßig vermieten, das Handwerk legen.
Airbnb "unterstützt den Gesetzesbruch".
Von Dassel will aber nicht kooperieren, solange Airbnb nicht kooperiert, also Daten und Adressen weiterleitet, wie es das Gesetz eigentlich verlangt. Schwarz: "Wir halten uns an die europäischen Datenschutzregeln." Von Dassel wird schärfer: Solange Airbnb von seinen Anbietern nicht verlange, dass sie eine Genehmigung vorlegen, sei das Unternehmen "keine seriöse Plattform". Airbnb "unterstützt den Gesetzesbruch", sagt von Dassel ohne wahrnehmbare Erregung.
Vielleicht lag es an dieser schwachen rhetorischen Dynamik, dass Schwarz sich gar nicht angegriffen fühlte. Vielleicht war es auch Taktik, die Spitze zu ignorieren. Airbnb will auf keinen Fall wie eine Heuschrecke wirken, die auf Kosten der Wohnungssuchenden ihre Gewinne steigert. "Wir sehen uns eher auf der Seite der Stadt" – gemeint ist das hippe, "progressive" Berlin, das Millionen von Touristen anzieht. Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz – Schwarz kann es fehlerfrei aussprechen – sei ganz in Ordnung, Hamburg habe ja auch sowas, aber eben mit fairen Bedingungen. Das Berliner Gesetz sei nicht progressiv und schade dem Image der Stadt. Unter den Zuhörern ein zustimmendes Raunen.
Schwarz versucht mit Zahlen zu argumentieren, das Institut Gewos habe da eine schöne Studie gemacht – aber leider nur mit Airbnb-Daten, nicht für alle Anbieter. Deshalb kann von Dassel diese Zahlen einfach durch andere ersetzen. Am Ende weiß niemand, wer recht hat.