Bauministerin: Hendricks will Familien beim Kauf von Wohneigentum helfen
Vor allem in Metropolen ist der Wohnraum knapp und teuer. Die Politik will mit einer Novelle des Baurechts gegensteuern. Was ist geplant?
Seit Jahren zieht es Menschen vom Land in die Städte und Ballungsräume - und dort wird der Wohnraum knapp und teuer. Die Politik will gegensteuern. Die Novelle des Baurechts, die das Kabinett an diesem Mittwoch verabschiedet, soll das Zusammenleben von immer mehr Stadtbewohnern erleichtern.
Die Grundidee: Künftig gibt es nicht mehr nur Wohn-, Gewerbe- und Mischgebiete, sondern auch „urbane Gebiete“. Zudem plant Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) einem Medienbericht zufolge für Familien in Regionen mit hohen Immobilienpreisen staatliche Zuschüsse zum Erwerb eines Eigenheims. Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) will Familien mit einem Zuschuss von bis zu 20.000 Euro den Kauf von Wohnungen in Ballungsräumen erleichtern.
"Ich hoffe, dass wir das noch in dieser Wahlperiode umsetzen können", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Berlin. Gefördert werden sollten Familien mit einem Einkommen von bis zu 70.000 Euro. 8000 Euro sollten Familien mit einem Kind bekommen, für das zweite und dritte Kind sollten jeweils 6.000 Euro ausgezahlt werden. Offen sei, ob es einen Rechtsanspruch gebe oder ein Förderprogramm mit Obergrenze aufgelegt werde. Mit 500 Millionen Euro könnten etwa 40.000 Familien zu einer Wohnung oder einem Eigenheim verholfen werden, rechnete sie vor. Finanzminister Wolfgang Schäuble sei informiert. "Wir sind in guten Gesprächen."
Schäubles Ministerium äußerte sich zurückhaltend: "Es handelt sich augenscheinlich um eigene Überlegungen aus dem Bauministerium. Uns liegt kein Konzept vor", sagte ein Sprecher des CDU-Politikers. CDU und CSU hatten selbst ein Baukindergeld vorgeschlagen, das der CDU-Parteitag kommende Woche beschließen will. Die Union will damit in den Bundestagswahlkampf 2017 ziehen.
Bayerns Finanzminister Markus Söder kritisierte den Vorschlag von Hendricks als kompliziert und nicht ausreichend für Familien mit Kindern, da er sich auf Ballungsräume konzentriere. "Wir brauchen aber eine flächendeckende Förderung und nicht nur in Ballungsräumen mit hohen Immobilienpreisen."
Hintergrund der Initiativen sind die in den vergangenen Jahren massiv gestiegenen Preise für Wohnungen und Häuser in den Ballungsräumen in Deutschland.
Was ist ein urbanes Gebiet?
Das Ideal ist eine nachhaltige „Stadt der kurzen Wege“, in der Familien und Singles wohnen, in der es aber auch Gewerbe und Kultureinrichtungen gibt. Also Gastronomie, Werkstätten, Geschäfte, Musikschule, Club, Kita - alles dicht beieinander, so dass man im besten Fall überall hin zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren kann.
Warum braucht es dafür eine neue Kategorie im Baurecht?
Für die bisherigen Mischgebiete gelten Bauvorschriften, die im urbanen Gebiet weniger streng sein werden. Dort darf höher und dichter gebaut werden. Heißt zum Beispiel: Es dürfen 80 Prozent eines Grundstücks bebaut werden statt nur 60 Prozent wie im Mischgebiet. Außerdem darf es ein wenig lauter sein, auch abends oder am Wochenende, aber nicht so laut wie in Gewerbegebieten.
Wo kann ein urbanes Gebiet entstehen?
Zum Beispiel auf innerstädtischem Brachland oder alten Gewerbegebieten, schlägt Bundesumweltministerin Barbara Henricks (SPD) vor. Die Festsetzung urbaner Gebiete soll es Kommunen möglich machen, das Bauen in stark verdichteten städtischen Gebieten zu erleichtern.
Wie sieht es mit Zweit- und Ferienwohnungen aus, die nehmen ja auch Wohnraum weg?
Grundsätzlich sollen Ferienwohnungen auch in Wohngebieten erlaubt sein. Kommunen sollen bei der Bebauungsplanung aber leichter verhindern können, dass Ferienwohnungen entstehen. Auch gegen selten genutzte Zweitwohnungen, sogenannte Rollladensiedlungen, sollen Kommunen künftig besser vorgehen können. Vor allem auf Inseln in Nord- und Ostfriesland hatte es dem Bauministerium zufolge Klagen über Wohnungen gegeben, deren Besitzer nur selten vorbeischaut.
Was ist mit dem Ärger um Lärm auf Sportplätzen?
Es gibt immer wieder Ärger, weil zum Beispiel Fußballspielen auf Plätzen in Wohngebieten Lärm macht. Nun werden die sogenannten Immissionsrichtwerte für die Ruhezeit am Abend sowie an Sonn- und Feiertagen nachmittags zwischen 1 und 3 Uhr etwas erhöht. Hendricks hofft, damit einen guten Kompromiss zwischen den Interessen von Anwohnern und Sportlern gefunden zu haben. Für viele Sportvereine auch wichtig: Für Plätze, die vor 1991 gebaut wurden und nun mit Kunstrasen oder Flutlicht aufrüsten, sollen alte Bestimmungen weiter gelten - sie müssen nicht plötzlich den Betrieb einschränken.
Sind die Kommunen einverstanden mit den Änderungen?
Weitgehend ja. „Es ist gut, dass die Städte mit der Novelle mehr Spielraum für ihre Stadtplanung erhalten“, sagt Eva Lohse, die Präsidentin des Deutschen Städtetages. Allerdings fehle ein Baustein: Städte sollten Lohse zufolge Schallschutzmaßnahmen, etwa besondere Fenster, als geeignetes Mittel gegen Gewerbelärm vorsehen können. Der Städte- und Gemeindebund moniert, das Gesetz erleichtere die Innenentwicklung von Städten „nur bedingt“. Eine Ausweitung der Überwachungspflichten bei den Umweltauswirkungen von Bebauungsplänen bedeute etwa einen großen Mehraufwand. rtr/dpa