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Hubertus Heil auf seiner Sommerreise. Der Arbeitsminister hat für den Herbst ein „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ angekündigt.
© Uwe Anspach/dpa

„Für den Krisenfall wappnen“: Heil will massivem Stellenabbau in einer Wirtschaftsflaute vorbeugen

Schnellere Kurzarbeit, mehr Weiterbildung: Arbeitsminister Heil will sich mit einem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ auf die nächste Konjunkturdelle vorbereiten.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Arbeitnehmer in der nächsten Wirtschaftsflaute besser vor einem Jobverlust schützen. „Wir wollen uns für den Krisenfall wappnen“, sagte Heil bei einer Sommerreise im rheinland-pfälzischen Herxheim. Falls es mehr als eine Eintrübung der Konjunktur gebe, solle man vorbereitet sein. Für den Herbst kündigte er einen Gesetzentwurf („Arbeit-von-morgen-Gesetz“) an.

Zu Heils Plänen gehört, den Einsatz von Kurzarbeitergeld im Krisenfall schneller zu ermöglichen. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hatte dieses Instrument geholfen, in zahlreichen Unternehmen Kündigungen zu vermeiden. Außerdem will der SPD-Politiker dafür sorgen, dass Kurzarbeit auch heute schon häufiger mit Weiterbildungsmaßnahmen verknüpft wird. Wenn ein Unternehmen seinen Beschäftigten Qualifizierung ermögliche, soll die Bundesagentur für Arbeit die Sozialbeiträge des Arbeitgebers übernehmen.

Die Änderungen sollten dazu beitragen, konjunkturelle Krisen flankieren zu können, sagte Heil. Die Weltwirtschaft werde „verflochtener, unkalkulierbarer, irrationaler“. Derzeit sei auf den deutschen Märkten eine nachlassende Nachfrage aus China festzustellen, außerdem sei die Handelspolitik des US-Präsidenten Donald Trump nicht gerade wachstumsfördernd. Auch sei ungewiss, wann der Brexit komme.

Heils Pläne sehen außerdem vor, dass Beschäftigte und ihre Arbeitgeber besser auf die Umbrüche durch den technologischen Wandel vorbereitet werden sollen. Konkret plant der Arbeitsminister, höhere Zuschüsse an Arbeitgeber zu zahlen, wenn diese ihren Beschäftigten Weiterbildungsmaßnahmen ermöglichen und sie dafür von der Arbeit freistellen.

Arbeitgeber, die Weiterbildung ermöglichen, sollen Zuschüsse bekommen

Voraussetzung für diesen „Transformationszuschuss“ soll unter anderem sein, dass die Sozialpartner sich auf einen Qualifizierungsplan verständigen und dass der Betrieb eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter abgibt. Eine Branche, in der die neuen Instrumente zum Einsatz kommen könnten, sei die Automobilindustrie, sagte Heil. Diese stehe mit ihren vielen kleinen und mittelständischen Zulieferbetrieben vor einem „gigantischen Umbau“.

Schon seit dem Jahresbeginn ist durch das von der großen Koalition beschlossene Qualifizierungschancengesetz eine stärkere Übernahme der Weiterbildungskosten möglich. Zwischen Januar und Juli dieses Jahres stiegen nach vorläufigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit die Eintritte in geförderte Weiterbildung um gut 15 Prozent auf rund 180.000 Fälle.

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Heil kündigte an, eine „zweite Förderlinie“ etablieren zu wollen. Auch Arbeitnehmer, die in einem Betrieb eigentlich keine Aussicht mehr auf Weiterbeschäftigung haben, sollen mit öffentlicher Förderung im Betrieb bleiben und weiter qualifiziert werden können, damit sie im Anschluss bessere Chancen haben, einen neuen Job zu finden. Bei dieser „Perspektivqualifizierung“ soll es Zuschüsse sowohl zur Weiterbildung als auch zum Lohn geben.

Der Arbeitsminister will außerdem einen Rechtsanspruch auf das Nachholen eines Berufsabschlusses einführen. Bisher gibt es ein solches Recht auf Förderung nur für den Schulabschluss. Derzeit verfügen etwa 1,3 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren über keinen Berufsabschluss. Hier gebe es ein „schlummerndes Potenzial“ an Arbeitskräften, sagte Heil: „Wir brauchen eine Kultur der zweiten und dritten Chance.“

Der SPD-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass die finanziellen Mittel für seine Gesetzespläne vorhanden seien. Die Bundesagentur für Arbeit verfüge über Rücklagen von mehr als 20 Milliarden Euro, sagte er.

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