Scheuer soll Autobahn-Verträge offenlegen: Grüne wollen Minister zum Ausbau-Stopp zwingen
Die Grünen haben viel Kritik geerntet für den Umgang mit dem A49-Ausbau - jetzt wollen sie durch Einblick in alle Vertragsdetails das Projekt noch verhindern.
Für die Grünen ist es ein Glaubwürdigkeitsdilemma, aus dem ihnen ausgerechnet einer ihrer ärgsten politischen Gegner heraushelfen soll: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Der Ausbau der A49 in Hessen treibt Umwelt- und Klimaschützer wegen der drohenden Rodung im Dannenröder Forst auf die Barrikaden.
Die Bundes-Grünen unterstützen den Protest und fordern ein Autobahnmoratorium, in Hessen aber sitzen die Grünen mit der CDU in der Regierung und müssen unter Führung von Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir das Bundes-Projekt bisher mittragen und durchsetzen.
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Im Bund versuchen die Grünen daher nun zur Herausgabe des ungeschwärzten und vollständigen Vertrages für das Projekt der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft beim Ausbau der A49 von Kassel nach Gießen zu zwingen.
Das Kalkül: Einblick in die Renditezusagen an die privaten Betreiber erhalten, in die monatlichen Kosten und die Kündigungsoptionen – sie wollen wie bei der Maut Scheuer ein Fehlverhalten nachweisen – und die rasche Kündigung der Verträge erzwingen.
Grüne wollen A49-Vertrag stoppen
Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler wollte daher von Scheuer über das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu dem mit der Strabag Infrastrukturgesellschaft geschlossenen Vertrag zu bekommen. Doch das Ministerium lehnte das ab und verwies auf Geheimhaltungsinteressen, wie aus einer Antwort hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Zugleich hat es aber weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt den von Scheuer Ende August unterschriebenen Vertrag, der die Grundlage für den Ausbau der A49 bildet, nun etwas versteckt auf seiner Internetseite veröffentlicht, aber wiederum in stark geschwärzter Form.
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Kindler will das Ministerium nun notfalls auf die Herausgabe der ungeschwärzten Verträge verklagen. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was der Minister für Milliarden-Verträge unterzeichnet hat“, sagte er dem Tagesspiegel.
Schon aus den nicht-geschwärzten Teilen des Vertrages werde deutlich, dass der Bund den ÖPP-Vertrag zur A49 umgehend kündigen könnte. „Fakt ist: Nicht das Land Hessen kann das ÖPP-Projekt A49 jetzt stoppen, sondern nur der Bund. Minister Scheuer sträubt sich aber weiter dagegen und hält an dem sinnlosen Autobahnprojekt fest.“
„Gehört nicht in Scheuers Tresor“
Sollte Andreas Scheuer den Vertrag auch auf den geplanten Widerspruch hin nicht zeitnah vollständig, also ungeschwärzt, veröffentlichen, dann werde man den Weg einer Klage beschreiten und versuchen ihn juristisch dazu zu zwingen, den Vertrag in Gänze zu veröffentlichen. „Statt endlich alle Karten auf den Tisch zu legen, simuliert Andreas Scheuer Transparenz nur.
Scheuer will weiterhin geheim halten wie hoch die Renditen sind, die er Privaten für die Realisierung des Projektes zahlt“, kritisierte Kindler. „Die Milliarden-Verträge zu ÖPP-Projekten gehören ans Licht der Öffentlichkeit und nicht in den Tresor des Bundesverkehrsministers.“
In Zeiten der Klimakrise brauche es keine neuen Straßen mehr, meinte Kindler „Das Fernstraßennetz Deutschlands ist eines der dichtesten in Europa. Wir brauchen mehr Investitionen in pünktliche Bahnen und saubere Busse und keine Milliardenverschwendungen mehr für neue, überflüssige Straßen.“