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Ein Mann vom Sicherheitsdienst überprüft ein Auto, das zerstört wurde.
© Mariam Zuhaib/AP/dpa
Update

Angriffe auf afghanische Hauptstadt Kabul: Granatenhagel tötet zehn und verletzt Dutzende Zivilisten

Der Konflikt in Afghanistan geht ungeachtet der Friedensgespräche weiter. In Kabul schlagen mehr als 20 Granaten vor allem in Wohnvierteln ein.

Beim Einschlag zahlreicher Geschosse in der afghanischen Hauptstadt Kabul hat es am Samstag Dutzende Tote und Verletzte gegeben. Nach Angaben des Vizeministers Amrullah Saleh wurden bei dem Angriff zehn Menschen getötet und 51 weitere verletzt. Rund zwei Dutzend Raketen und Mörsergranaten schlugen in Wohngebieten ein, wie das Innenministerium berichtete.

Die „Terrormiliz Islamischer Staat“ (IS) reklamierte den Angriff für sich. „Soldaten des Kalifats“ hätten die sogenannte Grüne Zone in Kabul angegriffen, erklärten die Dschihadisten. Die Echtheit des Bekenntnis ließ sich zunächst nicht prüfen. Sie wurde aber über die üblichen Kanäle des IS in den sozialen Medien verbreitet.

US-Außenminister Mike Pompeo traf sich unterdessen mit führenden Vertretern der Taliban und forderte die Gruppe zu raschen Verhandlungen für einen permanenten Waffenstillstand in Afghanistan auf. Bei dem Treffen im Emirat Katar habe er zudem eine Reduzierung der Gewalt gefordert, wie ein Sprecher des Außenministeriums am Samstag mitteilte. Pompeo traf sich auch mit dem Verhandlungsteam der afghanischen Republik.

Beim IS-Angriff auf die schwer gesicherte Grüne Zone im Herzen Kabuls lösten Augenzeugen zufolge mehrere Botschaften Alarm aus. Der Staatssender RTA veröffentlichte am Samstag Fotos eines ausgebrannten Kleinlasters, von dem die Raketen abgefeuert worden sein sollen. Die militant-islamistischen Taliban dementierten, für die Attacke verantwortlich zu sein.

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Trotz der Aufnahme innerafghanischer Friedensgespräche in Katar zwischen den Taliban und der Regierung geht der Konflikt im Land weiter. Auch der IS verübt regelmäßig Anschläge. Vizepräsident Amrullah Saleh hatte vor wenigen Wochen angekündigt, für mehr Sicherheit in der Hauptstadt zu sorgen. In einer Mitteilung gestand Saleh am Samstag ein, diese Ziele noch nicht erreicht zu haben.

USA hatten mit Taliban Ende Februar Vertrag unterzeichnet

US-Außenminister Mike Pompeo reiste unterdessen in die Region und will in Katar Verhandlungsdelegationen der Konfliktparteien treffen. Die USA hatten mit den Taliban Ende Februar ein Abkommen unterzeichnet, das einen schrittweisen Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan vorsieht. Im Gegenzug verpflichteten sich die Taliban unter anderem zu den Friedensgesprächen mit Kabul.

Der amtierende US-Präsident Donald Trump hatte jüngst angekündigt, den Truppenabzug zu beschleunigen. Mitte Januar sollen dann nur noch 2500 US-Soldaten in dem Land sein. Es war ein Wahlversprechen Trumps, die „endlosen Kriege“ der USA zu beenden. Experten warnen vor einem überstürzten Abzug aus dem Land, der den Taliban in die Hände spielen könnte.

Raketeneinschläge in Kabul: Polizisten sichern Wohngebiete.
Raketeneinschläge in Kabul: Polizisten sichern Wohngebiete.
© Reuters/Omar Sobhani

Das Bundesverteidigungsministerium arbeitet nun an einem Szenario für einen Komplettabzug der Bundeswehr aus Afghanistan innerhalb weniger Monate. Ein solcher Plan – auch für einen vollständigen Abzug binnen vier Monaten – werde entwickelt, sagte ein Ministeriumssprecher der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“. Dafür habe man allerdings auch schon vor der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, das US-Kontingent deutlich zu verkleinern, geplant. Am Ende folge die Bundeswehr aber der politischen Entscheidung.

Noch 1250 deutsche Soldaten in Afghanistan

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Donnerstag gesagt, die Bundeswehr sei in der Lage, sehr schnell auf den geplanten US-Truppenabzug aus Afghanistan zu reagieren. Die Bundeswehr habe unterschiedliche Szenarien entwickelt und bereits Fachleute vor Ort. Die Folgen der Truppenreduzierung könnten schnell eingeschätzt und Konsequenzen gezogen werden. Die Bundeswehr ist derzeit mit 1250 Soldaten an der Nato-Mission zur Ausbildung afghanischer Streitkräfte beteiligt.

Nach Angaben des Ministeriumssprechers sollen bis zu 150 Logistiker der Rückverlege- und Verwertungsorganisation der Bundeswehr in Masar-i-Scharif den Abzug vorbereiten, begleiten und organisieren, wie die beiden Zeitungen berichteten. 100 Logistiker seien dazu bereits im Land. Dabei gehe es auch darum, welches Material zurück nach Deutschland geflogen, welches Gerät eventuell den Afghanen überlassen und welche eigenen Waffen oder Fahrzeuge im Einsatzland womöglich „unbrauchbar“ gemacht würden. (dpa)

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