Sexueller Missbrauch von Kindern: Giffey fordert mehr Aufklärung und härtere Strafen
Familienministerin Giffey startet eine Aufklärungskampagne über Kindesmissbrauch. Im Groko-Streit um eine Gesetzesverschärfung zeichnet sich eine Einigung ab.
Die Frage ist nicht nur emotional bewegend, sondern auch nicht leicht zu beantworten: Wie kann die Politik Kinder besser vor sexuellem Missbrauch schützen?
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will „das Thema noch stärker aus dem Verborgenen holen“, wie sie am Donnerstag in Berlin sagte. Eine breite Aufklärungskampagne, neue Gesetze sowie Fortbildungen für Richter sollen dafür sorgen.
So arbeitet das Familienministerium zusammen mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, an einer Aufklärungskampagne, die 2021 starten soll.
Das fünf Millionen Euro teure Projekt soll die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren und Betroffene auf Hilfsangebote aufmerksam machen – ähnlich wie frühere Aids-Kampagnen, die es geschafft hätten, ein „Tabu zu brechen“, wie Rörig sagte.
Was nützen härtere Strafen?
Außerdem will Giffey den Jugendmedienschutz reformieren und dem Kabinett im Herbst ein „wirksames Schutzkonzept“ gegen „Cyber-Grooming“ vorlegen. Das soll künftig verhindern, dass Erwachsene mit sexuellen Absichten in den sozialen Medien auf junge Menschen zugehen. Von Missbrauch betroffenen Kindern will Giffey ein „Recht auf Beratung“ bieten.
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Erneut sprach sich die SPD-Politikerin dafür aus, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Es gebe in der Groko dafür einen Vorschlag, sagte sie. „Und das ist nicht die SPD, die den blockiert.“
„Mangel an Ausschöpfung des oberen Strafmaßes“
Seit Bekanntwerden eines Falles schweren Kindesmissbrauchs in Münster im Mai diskutiert die Koalition über härtere Strafen.
Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der CDU-Forderung nach einer Gesetzesverschärfung ist Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) inzwischen bereit dazu. Giffey beklagte am Donnerstag einen „Mangel an Ausschöpfung des oberen Strafmaßes“. Bei mehr als 13000 Fällen von Kindesmissbrauch im Jahr 2019 seien nur acht Täter zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt worden – weit unter dem heute möglichen Höchststrafmaß.
Zum Vorschlag des ehemaligen Berliner CDU-Senators Thomas Heilmann, die Speicherung der Delikte im polizeilichen Führungszeugnis von Kinderschändern von fünf auf zehn Jahre auszuweiten, sagte Giffey: „Wir begrüßen das.“
Rörig sieht indes auch die Länder in der Pflicht, in ihren Schulen flächendeckende „Schutzkonzepte“ gegen den Missbrauch einfzuführen. Bei den Kultusministern sehe er da allerdings „kein wirkliches Handelns“, sagte Rörig. „Das ist erschütternd.“