Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern: „Es gibt Täter, die ihr Triebleben nicht in den Griff bekommen“
Der frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) greift in die Debatte um Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch ein. Er will das Bundeszentralregister ändern.
In der Debatte über einen besseren Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch und Kinderpornografie hat der frühere Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) ein neues Instrument vorgeschlagen. „Wir sollten im Bundeszentralregister eine neue Kategorie einführen, die wir Präventionsregister nennen könnten“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Tagesspiegel und fügte hinzu: „Wer wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt ist, sollte nicht wie gegenwärtig manchmal schon nach fünf Jahren, sondern erst nach mehr als zehn Jahren aus dem Bundeszentralregister gestrichen werden.“
Nach der Aufdeckung eines weiteren Netzwerks pädophiler Krimineller, die in mehreren Bundesländern massenhaft Kinder missbraucht und die Taten gefilmt haben sollen, hatten Politiker der Union kürzlich dringend schärfere Strafen für solche Taten gefordert. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sperrte sich zunächst gegen die Vorschläge. Auf Druck auch aus den eigenen Reihen lenkte sie schließlich ein und sprach sich ebenfalls für schärfere Strafen aus. Union und SPD wollen demnächst über die Verschärfung verhandeln. Vor diesem Hintergrund debattiert der Bundestag am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde über das Thema „Sexuellen Missbrauch effektiv bekämpfen – Kinderschutz ausweiten und Prävention stärken“.
Schon nach wenigen Jahren wieder in Nähe von Kindern
Die gegenwärtig geltende Frist von fünf Jahren für eine Streichung der Vorstrafen im Bundeszentralregister nannte Heilmann „eine echte Gefahr für Kinder“. Damit werde es Tätern leichter, schon nach wenigen Jahren wieder in die Nähe von Kindern zu gelangen, etwa in Sportvereinen, Kindergärten oder Pflegeeinrichtungen. „Wer mit 25 Jahren ein Kind sexuell missbraucht hat, sollte auch nicht im Alter von 38 beruflich mit Kindern zu tun haben“, mahnte der Berliner Politiker. In dieser Hinsicht ungefährliche Berufe sollten Täter, die ihre Strafe verbüßt haben, selbstverständlich ausüben können, um sich zu resozialisieren. Zur Wirkung des Vorschlags sagte Heilmann: „Damit würden wir wirksamer verhindern, dass Kinder gefährdet werden.“
In dem vom Bundesjustizministerium geführten Bundeszentralregister werden strafgerichtliche Verurteilungen durch deutsche Gerichte, Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, Vermerke über Schuldunfähigkeit und besondere gerichtliche Feststellungen eingetragen. Für polizeiliche Führungszeugnisse können die Daten abgefragt werden.
Der frühere Justizsenator kündigte an, dass CDU und CSU in den Verhandlungen mit Bundesjustizministerin Lambrecht auf Einhaltung der Versprechen bestehen würden. „Wir als Union fürchten, dass die Zusagen, die sie öffentlich gemacht hat, von der Fachebene des Justizministeriums wieder aufgeweicht werden“, sagte er.
Schutzbedürfnisse seit Jahren vernachlässigt
Heilmann erhob schwere Vorwürfe gegen das Bundesministerium. Es stehe in dieser Hinsicht „in einer unguten Tradition“, sagte er: „Seit Jahren vernachlässigt es die Schutzbedürfnisse von potentiellen Opfern gegenüber anderen Rechtsgütern.“ Er erwarte, dass Lambrecht auch in den Verhandlungen mit der Union „eingemauert werden wird von Vermerken aus ihrem eigenen Haus, wonach schärfere Strafen zu verhindern seien“. Die Union werde „deshalb sehr gut aufpassen in den Verhandlungen“, erklärte der Berliner Abgeordnete, der im Vorstand der internationalen Organisation „Save the Children“ sitzt.
Im Streit um schärfere Strafen mit der Union hatten die Sozialdemokraten davor gewarnt, die Prävention von sexuellem Missbrauch von Kindern zu vernachlässigen und sich auf den Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johann-Wilhelm Rörig, bezogen.
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Heilmann betonte nun, auch der Union sei an Prävention gelegen, allerdings werde deren Wirkung in der Öffentlichkeit unterschätzt. „Viele Menschen wissen nicht, wie wirksam Prävention auch in diesem Bereich ist“, sagte er und mahnte: „Wir sollten eine gute Prävention nicht gegen schärfere Strafen ausspielen.“ Er habe aber als Justizsenator gelernt: „Es gibt schwer bis gar nicht resozialisierbare Täter, die ihr Triebleben nicht in den Griff bekommen. Sie fernzuhalten von Kindern, ist ein wichtiges Ziel."
Die über Tage hinweg von Unionspolitikern vorgetragenen Forderungen nach schärferen Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern waren von Beobachtern auch mit dem Druck der Oppositionspartei AfD in Verbindung gebracht worden, die sich als einziger konsequenter Kämpfer gegen solche Taten empfiehlt. Heilmann wies die Vermutung zurück, mit dem Ruf nach harten Strafen wolle die Union sich gegen Vorwürfe der AfD unangreifbar machen: „Das hat mit der AfD gar nichts zu tun“, versicherte er: „Schon lange bevor es die AfD überhaupt gab, hat die Union sich für einen besseren Schutz von Kindern eingesetzt."