Baerbock in Washington: Gemeinsame Warnung an Moskau
Beim Antrittsbesuch der Außenministerin ist der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wichtigstes Thema. Die Botschaft: Europa und die USA stehen eng zusammen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr US-Kollege Antony Blinken haben beim Antrittsbesuch der deutschen Chefdiplomatin in Washington ihr Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine betont. Im gleichen Atemzug drohten sie Moskau für den Fall einer militärischen Eskalation harte Strafmaßnahmen an. „Das russische Handeln ist mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet“, sagte Baerbock am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz im State Department.
Der US-Außenminister stellte für den Fall einer militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine harte Wirtschaftssanktionen in Aussicht. Es werde dann „massive Konsequenzen“ geben, das sei die gemeinsame Position vieler Länder, Verbündeter und Partner. Sowohl Baerbock als auch Blinken sprachen in warmen Tönen über ihre Begegnung. Der US-Außenminister erinnerte an das erste Treffen mit seiner jungen Kollegin beim G7-Gipel in Liverpool, das er „terrific“ (grandios) nannte.
Moskau dementiert jegliche Angriffspläne
Vor dem Hintergrund neuer diplomatischer Initiativen zur Deeskalation sollte der Besuch beim wichtigsten außereuropäischen Partner die Gemeinsamkeit der Interessen betonen. Der massive russische Truppenaufmarsch mit rund 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze hat in der Ukraine wie im Westen Ängste geschürt, dass eine russische Invasion in dem Nachbarstaat bevorstehen könnte. Moskau dementiert jegliche Angriffspläne und fordert zugleich von der Nato verbindliche Sicherheitsgarantien, wonach die Ukraine nicht Teil des westlichen Verteidigungsbündnisses wird.
Mit Blick auf das geplante Treffen von Vertretern der USA und Russlands am 9. und 10. Januar in Genf sagte Blinken, nun beginne eine „Testphase“, in der sich zeigen werde, ob Russland bereit sei, den ihm angebotenen diplomatischen Weg zu beschreiten. Der außenpolitische Berater von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Jens Plötner, berät an diesem Donnerstag gemeinsam mit seinem französischen Kollegen in Moskau mit dem Berater des russischen Präsidenten für die Ukraine. Der deutsche und der französische Diplomat wollen sich auch mit ihrem ukrainischen Kollegen kurzschließen. Plötner lotet derzeit auch die Möglichkeiten für ein Treffen von Scholz mit Putin aus.
Nach dem Telefonat von US-Präsident Joe Biden mit seinem russischen Kollegen Waldimir Putin, an dem kein EU-Vertreter teilgenommen hatte, waren in Europa Befürchtungen aufgekommen, die beiden Mächte könnten die europäische Sicherheitsarchitektur ohne Europäer verhandeln. Baerbock betonte, es könne „keine Entscheidung über Sicherheit in Europa ohne Europa“ geben. Blinken ging auf den Punkt ein und versicherte, wenn es um Fragen der europäischen Sicherheit gehe, werde Europa einbezogen.
Vor ihrem Abflug hatte Baerbock betont, die Stärke der transatlantischen Allianz messe sich „nicht in Panzern und Raketen“: Es gehe in allererster Linie darum, gemeinsam Grundnormen des Völkerrechts zu verteidigen und für gemeinsame Werte einzustehen“. Die Relativierung der militärischen Kooperation mit den USA wiederholte sie in Washington nicht.
Die Gaspipeline Nord Stream 2 als heikles Thema
Ihr Besuch stellte die neue Außenministerin vor die Aufgabe, trotz unterschiedlicher Ansätze der Grünen und der SPD im Verhältnis zu Russland eine gemeinsame außenpolitische Linie Deutschlands zu vertreten. Differenzen mit Kanzler Olaf Scholz im Hinblick auf die Zukunft der Gaspipeline Nord Stream 2 bezeichnete sie als eine Frage unterschiedlicher Formulierungen. Zugleich wiederholte sie ihre Einschätzung, dass das Energieprojekt "geopolitische Implikationen" habe, was Scholz explizit bestritten hatte. Der Kanzler bezeichnet es als privatwirtschaftliches Projekt. Die Außenministerin stellte in Aussicht, die Bundesregierung werde mit ihren EU-Partnern "effektive Maßnahmen" ergreifen, wenn Russland Energie als "Waffe" einsetze oder es zu "weiteren aggressiven Handlungen" komme, betonte sie.
Blinken sagte, im Fall einer Aggression könne kein Gas durch die Pipeline fließen: "Aus unserer Perspektive ist es sehr schwer vorstellbar, dass Gas durch diese Pipeline fließt, dass sie in Betrieb geht, wenn Russland seine Aggression wiederholt." Im US-Senat gibt es massive Tendenzen, Deutschland wegen Nord Stream 2 zu sanktionieren.