US-Außenminister sieht „Beweise“: Blinken wirft Russland Planung „aggressiver Schritte“ gegen die Ukraine vor
Russland lässt an der Grenze zur Ukraine Truppen aufziehen. Die Nato ist alarmiert. Der US-Außenminister spricht von Belegen für eine geplante Aggression.
US-Außenminister Antony Blinken hat Russland vorgeworfen, „erhebliche aggressive Schritte gegen die Ukraine“ zu planen. Für diese Pläne gebe es Beweise, sagte Blinken am Mittwoch beim Treffen der Nato-Außenminister im lettischen Riga und drohte Moskau für den Fall eines Angriffs mit scharfen US-Wirtschaftssanktionen. Die russischen Pläne reichten von „Bestrebungen zur Destabilisierung der Ukraine aus dem Inneren heraus bis hin zu groß angelegten Militäroperationen“.
„Wir haben dem Kreml klar gemacht, dass wir entschlossen reagieren werden“, sagte Blinken. Dies umfasse auch „eine Reihe von wirkungsvollen wirtschaftlichen Maßnahmen, von denen wir in der Vergangenheit bisher Abstand genommen haben“.
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Russland hat nach Angaben der ukrainischen Regierung bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Truppen, Panzer und anderes schweres Gerät an der Grenze zur Ukraine aufgefahren. Der Westen fürchtet, dass sich die Situation von 2014 wiederholen könnte. Damals annektierte Russland die zur Ukraine gehörende Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Moskau bestreitet jede kriegerische Absicht.
Blinken wird am Donnerstag am Rande des Treffens der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in Stockholm Gespräche mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow führen. Das OSZE-Treffen findet am 2. und 3. Dezember in Stockholm statt. Die OSZE ist seit der russischen Annexion der Krim und der zunehmenden Spannungen zwischen Russland und dem Westen darum bemüht, in dem Konflikt zur Entspannung beizutragen.
Der russische Außenminister hatte dem Westen am Mittwoch vorgeworfen, dieser wolle Moskau „diktieren, wie sich die russischen Streitkräfte auf ihrem eigenen Territorium zu verhalten haben“. Die Nato beschuldigte er einer destruktiven Politik. Die Außenminister des Militärbündnisses berieten am Mittwoch in Riga insbesondere über die Spannungen mit Russland.
Russland startet Wintermanöver
Derweil hat Russland nach eigenen Angaben am Mittwoch sein reguläres Wintermanöver im Süden begonnen, das zum Teil auch an der Grenze zur Ukraine stattfindet. 10.000 Soldaten seien in das weitläufige Manövergebiet geschickt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Übung werde auch auf der Krim abgehalten und in einer russischen Region, die an den Donbass angrenze.
Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge soll das Manöver auf mehr als 30 Übungsplätzen in mindestens sechs Regionen stattfinden. Beteiligt seien unter anderem Infanterieeinheiten.
Die Ukraine, die USA und die Nato haben schon vor Wochen ihre Besorgnis geäußert, Russland könnte womöglich sein Nachbarland angreifen. Sie verwiesen auf ungewöhnliche russische Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine. Die Führung in Moskau hat Vermutungen zurückgewiesen, sie hege Angriffspläne, und erklärt, Russland habe das Recht auf Truppenbewegungen auf seinem eigenen Territorium.
Russland seinerseits warf der Ukraine unterdessen vor, im Osten des Landes Truppen zusammenzuziehen. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte, die ukrainische Armee entsende schweres Gerät und Soldaten in den Osten des Landes. 125.000 Soldaten, „die Hälfte der ukrainischen Truppen“, befänden sich in dem Gebiet nahe der russischen Grenze.
Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmitri Kuleba hat Russland an der Grenze rund 115.000 Soldaten stationiert. Kuleba sprach sich am Mittwoch für ein „Abschreckungspaket“ aus, um Russland von einem Angriff auf sein Land abzuhalten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach sich für direkte Verhandlungen mit Russland aus, um den Konflikt in der Ostukraine zu beenden. „Wir müssen aufrichtig sagen: Wir werden den Krieg nicht ohne direkte Gespräche mit Russland beenden können“, sagte Selenskyj vor dem ukrainischen Parlament. Der Westen wirft Russland vor, pro-russische Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Die Regierung in Moskau bestreitet dies jedoch. (AFP, Reuters)