Bundesversammlung: Gauck soll am 18. März gewählt werden - Linke erwägt eigene Nominierung
Wenn am 18. März die Bundesversammlung zusammenkommt, gilt eine breite Mehrheit für Joachim Gauck als sicher. Nur die Linke hat Schwierigkeiten mit dem "Konsenskandidaten".
Am 18. März wird die Bundesversammlung zusammenkommen, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Wie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Montag in Berlin mitteilte, wird die 15. Bundesversammlung an diesem Tag im Berliner Reichstagsgebäude stattfinden. Nach dem Rücktritt des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff muss die Bundesversammlung, die aus 1.240 Wahlleuten besteht, ein neues Staatsoberhaupt wählen. Nachdem sich ein breites Bündnis aus CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen für den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck ausgesprochen hatte, gilt dessen Wahl als sicher.
Die Linke muss jedoch am Katzentisch Platz nehmen: Sie ist nicht gefragt worden, als es um die Suche nach einem überparteilichen Kandidaten für die Nachfolge des zurückgetretenen Bundespräsidenten ging. Der jetzt auserkorene Kandidat Joachim Gauck ist für die Linke nicht wählbar, und ein eigener Kandidat der Partei hätte allenfalls eine kleine Chance auf einen Achtungserfolg. So bleibt die Linke, die seit Monaten im Umfragetief verharrt, im Parteienspektrum wieder einmal isoliert.
"Es ist schwer, von einem Konsenskandidaten zu sprechen, wenn mehr als fünf Millionen Wähler von vornherein ausgegrenzt werden“, schimpft Parteichef Klaus Ernst über den am Sonntagabend gekürten Bewerber Joachim Gauck. Doch mit dem früheren DDR-Bürgerrechtler hat die Linke ohnehin ihre Probleme. Der einstige Stasiakten-Beauftragter ist wegen seiner Rolle als früherer DDR-Dissident gerade für die Ex-SEDler bei den Linken ein rotes Tuch. Und er trifft wegen seiner Kritik an der kapitalismuskritischen Occupy-Bewegung auf starke Vorbehalte.
Entsprechend hart fällt am Montag das Urteil der Parteispitze über den Bewerber aller anderen Bundestags-Parteien aus. Gauck sei der „Kandidat der kalten Herzen“, schimpfte Linken-Chefin Gesine Lötzsch, und der Ko-Vorsitzende Ernst stempelt ihn als „Verteidiger des Finanzkapitals“ ab. Die Linken-Kritik an Gauck ist nicht neu, schon bei der Präsidenten-Wahl 2010 verweigerte die Partei ihm die Unterstützung.
Sie zog ihre eigene Kandidatin, die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen, damals zwar nach dem zweiten Wahlgang zurück. Den damaligen rot-grünen Bewerber Gauck wählte sie danach im entscheidenden dritten Wahlgang aber trotzdem nicht. Damit zerplatzten die letzten Hoffnungen von SPD und Grünen, ihrem Bewerber doch noch zum Sieg zu verhelfen. Das Rennen machte schließlich Christian Wulff, der am Freitag unter dem Druck staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts auf Vorteilsannahme zurücktrat.
Die Isolation in der Präsidentenfrage trifft die Linke in einer Situation, in der es zuletzt zarte Anzeichen für eine partielle Anerkennung durch die anderen Parteien gegeben hatte. Als kürzlich die Beobachtung zahlreicher Linken-Abgeordneten durch den Verfassungsschutz bekannt wurde, erhielten insbesondere „Realos“ wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau Rückendeckung von SPD und Grünen. Und als es im Bundestag um die Aufarbeitung der Mordserie von Neonazis ging, wich vorübergehend sogar die Union von ihrem Prinzip ab, mit den Linken keine gemeinsame Sache zu machen.
Jetzt steht die Linke wieder alleine da. Um dennoch im Gespräch zu bleiben in der alles überschattenden Präsidentenfrage, erwägt sie eine eigene Kandidaten-Nominierung. Dabei spekuliert die Partei darauf, ein präsentabler eigener Bewerber könnte Unterstützung bei Vertretern von SPD und Grünen haben, die auch ihre Schwierigkeiten mit den kantigen Thesen von Joachim Gauck haben. Gesucht werde ein Bewerber, der auch „Stimmern aus anderen Lagern anzieht“, verkündet Parteichefin Lötzsch.
Wen auch immer die Linke aus der Taufe heben wird, er müsste sich nicht wirklich auf einen Umzug ins Schloss Bellevue, dem Sitz des Staatsoberhauptes, umstellen. Denn die Linke wird voraussichtlich über gerade mal 125 der 1240 Stimmen in der Bundesversammlung verfügen - mehr als ein Achtungserfolg ist damit nicht zu machen.
(AFP)