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Bodo Ramelow streitet seit Jahren vor Gericht gegen seine Überwachung.
© dpa

Bundesverfassungsgericht: Rechtsstreit um Linken-Politiker

Das Bundesverfassungsgericht will sich im Herbst mit der Überwachung von Linken-Politikern durch den Verfassungsschutz befassen. Parteichef Klaus Ernst fordert ein Vetorecht des Bundestages gegen eine Beobachtung.

Das Bundesverfassungsgericht wird sich noch in diesem Jahr mit der umstrittenen Beobachtung von Linken-Politikern durch den Verfassungsschutz befassen. Davon geht der thüringische Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow aus, der in einer Art Musterprozess gegen seine Überwachung streitet. Zuvor allerdings hofft die Linke, dass der Bundestag sich auf ein Vetorecht gegen die Beobachtung von Abgeordneten verständigt. Parteichef Klaus Ernst sagte dem Tagesspiegel: „Das Parlament sollte als Souverän dem Gericht zuvorkommen. Ein Beschluss, der dem Bundestag ein Vetorecht gegen die Beobachtung von Parlamentariern gibt, wäre ein wichtiges Zeichen. Die Ausforschung der Linken durch den Inlandsgeheimdienst muss enden.“

Grundsätzlich ist nicht neu, dass Linken-Politiker im Visier des Verfassungsschutzes sind. Doch hatten aktuelle Zahlen über die Beobachtung von mindestens 27 Bundestagsabgeordneten vor Tagen eine erregte Debatte ausgelöst. Auch Politiker von SPD, Grünen und FDP halten das Vorgehen des Geheimdienstes für falsch oder mindestens überzogen.

Ramelow berichtete seiner Parteiführung jetzt, dass sein Verfahren in Karlsruhe mit der Organklage der Bundestagsfraktion zusammengefasst werden soll. Der von den Linken beauftragte Staatsrechtler Hans-Peter Schneider von der Universität Hannover habe mit Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle telefoniert. Voßkuhle höchstpersönlich werde Berichterstatter und damit federführender Richter sein, die mündliche Verhandlung sei für Frühherbst/Herbst geplant.

Im Juli 2010 hatten Ramelow und die Linke vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Niederlage hinnehmen müssen. Die Leipziger Richter urteilten, dass auch das Spitzenpersonal der Linkspartei in eine Beobachtung einbezogen werden dürfe, selbst wenn es sich um Mandatsträger handelt oder um Politiker, die selbst gar keine extremistischen Parolen schwingen. Das bedeutet laut Ramelow: Jeder Einzelkläger müsse sich anrechnen lassen, „was irgendjemand in der Partei gesagt, getan oder gemacht haben könnte“. Für ihn ist das „absonderlich“. Ob das in Karlsruhe auch so gesehen wird, ist offen. Einerseits reagierte Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof eben erst irritiert auf die CSU-Forderung, einen Verbotsantrag gegen die Linke zu prüfen („Man liest die Zeitung und staunt“). Andererseits verdächtigt Ramelow das Verfassungsgericht, dass es möglicherweise Klageverfahren von rechtsextremistischen Abgeordneten „demonstrativ parallel mit behandeln will“. Er warnt: „Die Gleichsetzung von NPD und der Linken dient der politischen Delegitimierung sämtlicher Ideen von links“.

Insgesamt sind 14 Verfahren von Linken-Politikern gegen eine Überwachung anhängig, darunter die von Gregor Gysi, Lothar Bisky und Dietmar Bartsch. Doch bisher ruhen alle Verfahren – bis auf das von Bodo Ramelow. Möglicherweise will die Partei so vermeiden, dass die Aktivitäten von wirklich radikalen Genossen wie Sevim Dagdelen oder Ulla Jelpke in den Fokus geraten – selbst wenn diese behaupten, der Verfassungsschutz finde über sie nur „Harmlosigkeiten“ heraus, wie Jelpke es formulierte.

Juristisch aufgerollt werden könnte zusätzlich allerdings der Fall von Petra Pau, über die der Verfassungsschutz eine mehrere Hundert Seiten starke Akte angelegt hat. „Sie ist als Bundestagsvizepräsidentin Repräsentantin des ganzen Parlaments“, sagt Ramelow zur Begründung.

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