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Ein Asylbewerber aus Albanien sitzt in einem Gruppenzelt auf dem Gelände der Zentralen Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt. Mehr als 40 Prozent der Flüchtlinge in Mitteldeutschland kommt vom Westbalkan.
© dpa

Wiedereinreise von abgelehnten Asylbewerbern: Für Balkan-Flüchtlinge wird die Drehtür bedient

Viele Asylbewerber kommen aus den Balkanstaaten und wurden schon einmal abgelehnt. Barbara John meint, dass hier nur noch ein sinnloser Mechanismus wirkt, den die Politik sich nicht traut zu ändern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

Der diesjährige Monat Juli stach heraus, was die Zahl neuer Asylbewerber in Deutschland angeht. Insgesamt kamen 79000 Personen. Durchschnittlich stellten also mehr als 2600 Personen täglich einen Asylantrag – das hatte es noch nie gegeben seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949. Zum Vergleich: 2012 kamen im gesamten Jahr nur 64500 Flüchtlinge. Kein Zweifel, wir alle sind Zeugen einer dramatischen Entwicklung, die mit Sicherheit zu einer Neuordnung der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik führen wird. Wie die aussehen könnte, das weiß noch niemand, aber es ließe sich jetzt viel lernen. Eine Punkt wird gerade politisch diskutiert: der Umgang mit Asylanträgen aus den Balkanländern.

Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge berichtete kürzlich, dass von 209000 gerade zu bearbeitenden Asylanträgen 90000 vom Balkan stammen (Länder mit EU-Ambitionen) und nur 40000 von Syrern. Seine Schlussfolgerung: „Das Gefüge stimmt nicht mehr!“ Das wissen die Bundesländer und setzen auf die Bestimmung weiterer „sicherer Länder“, um dann im Notfall schneller abschieben zu können. Keine gute, aber eine leider notwendige Methode. Nur, sie funktioniert nicht: Von etwa 9500 Ausreisepflichtigen in Berlin konnten knapp vier Prozent im ersten Halbjahr 2015 abgeschoben werden (374). Viele reisen zwar nach dem ersten Asylantrag freiwillig aus, kommen dann aber oft mit einem Folgeantrag wieder.

Nicht als „Schmarotzer“ abstempeln

Warum kommen sie überhaupt, obwohl nur ganz wenige – meist aus Krankheitsgründen – erst mal hierbleiben dürfen? Nun, sie haben nach dem monatelangen Aufenthalt in Deutschland mehr als vorher. Wage niemand, sie deshalb als „Schmarotzer“ abzustempeln. Was sie bekommen an Versorgung, das haben das Bundesverfassungsgericht und der Bundestag festgesetzt. Flüchtlingspolitisch liegt der Skandal woanders. Alle Ämter bedienen mit der Hälfte der Mitarbeiter für diese Gruppe nur die Drehtür: Ankommen, Registrierung, Ausreise, Wiederkommen. Hier wirkt nur noch ein sinnloser Mechanismus, den zu ändern die Politik derzeit keine Kraft hat. Diese Länder brauchen Hilfe. Der individuelle Asylantrag in Deutschland hilft nicht.

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