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Ortstermin Pristina: Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU, rechts) und der kosovarische Arbeitsminister Arban Abrashi bei der Eröffnung eines Informationszentrums für Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland.
© Ulrike Scheffer

Wie Deutschland auf dem Balkan um Fachkräfte wirbt: Pfleger statt Flüchtlinge

Flüchtlinge vom Balkan müssen meist wieder gehen. Gleichzeitig gibt es wegen des Fachkräftemangels in Deutschland Anwerbeabkommen mit einigen Staaten der Region.

Als der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) Ende Mai das Kosovo und Serbien besuchte, hatte er vor allem eine Botschaft: „Bürger aus Staaten des westlichen Balkans haben praktisch keine Chance, in Deutschland ein Aufenthaltsrecht zu erhalten.“ Müller nutzte jeden Auftritt, um dies zu wiederholen, jedes Mikrofon, um lokalen Gerüchten, in Deutschland erhalte jeder Zuwanderer vom Balkan 5000 Euro, eine Wohnung und einen Arbeitsplatz, entgegenzutreten. Aber der deutsche Minister tat noch etwas anderes, denn dass Flüchtlinge vom Balkan das deutsche Asylsystem überlasten ist nur eine Seite der Medaille.

Arbeitskräfte vom Balkan sind willkommen

Auf der anderen steht der Fachkräftemangel in Deutschland. Müller eröffnete in der Hauptstadt des Kosovo daher ein Büro, in dem sich Kosovaren informieren können, wie sie ganz legal in Deutschland arbeiten oder studieren können. Deutscher Informationspunkt für Migration, Ausbildung und Karriere, kurz Dimak, heißt es und wird betreut von der staatlichen Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die GIZ hilft auch konkret, Arbeitskräfte im Kosovo für deutsche Unternehmen zu finden. Und obwohl das Bildungs- und Ausbildungsniveau im Kosovo nicht sehr hoch ist, gelingt das in Einzelfällen auch.

Internationaler Wettbewerb

Zuständig für die Vermittlung ist die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ihr Haupteinsatzgebiet ist derzeit die Pflegebranche. In einer Broschüre der ZAV heißt es: Deutsche Arbeitgeber konkurrierten hier in einem weltweiten Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter, denn Pflegekräfte würden nicht nur in Deutschland gesucht. „In diesem Wettbewerb können Arbeitgeber nicht früh genug damit beginnen, bei potenziellen neuen Mitarbeitern zu punkten.“

Anwerbeabkommen für Pfleger

Mit Serbien und Bosnien-Herzegowina wurden spezielle Anwerbeabkommen für Pflegekräfte geschlossen. 2014 wurden nach Angaben einer ZAV-Sprecherin 94 Pflegekräfte aus Bosnien-Herzegowina und 98 aus Serbien nach Deutschland vermittelt, die zuvor ein achtmonatiges Vorbereitungsprogramm mit Sprachkursen, fachlicher Vorbereitung und Integrationsbegleitung erhalten hatten. Die Kosten dafür, 3700 Euro, tragen die Arbeitgeber. Bis ihr Abschluss in Deutschland anerkannt ist, müssen die Pflegekräfte erst einmal als Krankenhelfer arbeiten.

Auszubildende aus dem Kosovo

Im Kosovo ist man noch nicht so weit. GIZ-Projektleiterin Nina Theis kann zwei Monate nach der Eröffnung des Dimak allenfalls erste Trends ablesen. Bisher seien vor allem junge Kosovaren gekommen, die sich nach einem Studien- oder Ausbildungsplatz in Deutschland erkundigen wollten. Im Kosovo liege die Jugendarbeitslosigkeit nach offiziellen Angaben bei mehr als 50 Prozent, erklärt sie. In Deutschland suchten dagegen vor allem Firmen in ländlichen Gebieten nach Auszubildenden. Auf der sogenannten Positivliste der Bundesagentur für Arbeit mit Mangelberufen, für die Bewerber auch aus Nicht-EU-Staaten ohne Beschränkungen zugelassen werden, stehen daher neben Pflegeberufen auch viele technische Berufe. Ein paar Hürden gibt es aber doch. „Der Anerkennungs- und Visumsprozess nimmt in der Regel mehrere Wochen in Anspruch“, sagt Theis. Für den Ausbildungsstart in diesem Sommer sei es daher sehr knapp. Interessenten rät sie, bis zum nächsten Jahr ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. „Viele haben aber ohnehin eine gute Basis an Sprachkenntnissen.“

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