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Polizisten bei einer Razzia in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Mengen (Baden-Württemberg)
© dpa/Thomas Warnack

Kriminelle Migranten: Frust, Gewalt, Frust

Die neue Kriminalitätsstatistik zeigt: Es sind nicht Flüchtlinge aus Syrien und Irak, die kriminell werden, sondern die aus Nordafrika. Aber wie kann das Problem gelöst werden? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ulrike Scheffer

Also doch. Mit den Flüchtlingen kam auch Gewalt nach Deutschland. Die Studie eines Forscherteams um den Kriminologen Christian Pfeiffer, in der die Entwicklung der Kriminalität von Jugendlichen und Flüchtlingen in den Jahren 2014 bis 2016 speziell für Niedersachsen analysiert wurde, belegt jedenfalls, dass in der Hochphase der Flüchtlingskrise Gewalttaten in diesem Bundesland zugenommen haben. Das Ergebnis: Im genannten Zeitraum stieg die Zahl der Gewaltdelikte um 10,4 Prozent. Verantwortlich dafür waren in erster Linie Flüchtlinge. Die Fakten lassen sich nicht schönreden, zumal die Wissenschaftler erstmals konkret Flüchtlinge in den Blick genommen haben, während andere Kriminalitätsstatistiken nicht zwischen diesen und anderen Migranten wie Türken oder Vietnamesen unterscheiden.

Als Bestätigung populistischer Untergangsszenarien taugen die Untersuchungsergebnisse aber eindeutig nicht. Und sie sind schon gar kein Beleg dafür, dass es ein Fehler war, im Herbst 2015 die Grenzen für Flüchtlinge aus den Krisengebieten im Nahen Osten zu öffnen. Im Gegenteil: Sie belegen, dass jene Menschen, die vor Krieg und Gewalt aus Syrien oder dem Irak geflohen sind, eben nicht zu den Gewalttätern gehören und nicht massenhaft rauben und vergewaltigen. Egal, welcher Religion sie angehören. Auffällig werden vielmehr Flüchtlinge, die eigentlich gar keine sind – junge Männer aus Staaten, in denen die Lebensbedingungen zwar schlecht und die Arbeitslosenzahlen teilweise extrem hoch sind, wo jedoch niemand um sein Leben fürchten muss. Besonders viele Tatverdächtige stammen aus Nordafrika, konkret aus Marokko, Algerien und Tunesien.

Weil ein Zuwanderungsgesetz fehlt

Die Studie offenbart damit überraschend deutlich, was in der deutschen Asyl- und Zuwanderungspolitik im Argen liegt. Weil ein Zuwanderungsgesetz fehlt, nehmen auch die oft abschätzig als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichneten Migranten den Weg über das Asylsystem. Das bringt ihnen zwar Unterkunft und Sozialleistungen, doch keine langfristige Perspektive – und schon gar keine Sympathiepunkte in der deutschen Bevölkerung. Frust und Aggressionen sind die Folge. Der Schritt zur Gewalt ist da offenbar nicht weit, erst recht bei jungen Männern, die aus patriarchalisch geprägten Kulturen stammen.

Akzeptabel sind Straftaten deshalb nicht. Wer nach Deutschland kommt, muss sich an das hier geltende Recht halten und unsere liberale Lebensweise respektieren. Und wer nicht schutzbedürftig ist oder sogar kriminell wird, muss das Land wieder verlassen, sofern ihm oder ihr in der Heimat keine akute Gefahr droht. Die Durchsetzung dieses Anspruchs gelingt allerdings nur bedingt, wie die Abschiebezahlen insbesondere auch mit Blick auf die Maghrebstaaten zeigen.

Die Ausreisepflichtigen selbst haben wenig Interesse am Vollzug und lassen nicht selten ihre Papiere verschwinden. Manche tauchen einfach unter. Die Herkunftsstaaten reißen sich ebenfalls nicht um Bürger, die daheim das Heer der Arbeitslosen vergrößern und möglicherweise in den Extremismus abdriften. Entsprechend gering ist ihre Bereitschaft, mit den deutschen Behörden zu kooperieren. Mit Härte ist dem kaum beizukommen. Auch das erzeugt Frust, in diesem Fall allerdings auf der anderen Seite: in der deutschen Bevölkerung.

Die Ergebnisse der Kriminalitätsstudie und nicht zuletzt Verbrechen wie der Mord an einer Schülerin in Kandel befeuern die negative Stimmung zusätzlich. Reflexartige Forderungen nach schärferen Asylgesetzen oder Grenzkontrollen samt Zurückweisungen schon beim Einreiseversuch sind da wenig hilfreich, denn der Migrationsdruck wird bleiben. Gerade aus der nahen, aber armen Nachbarregion der EU.

Niemand hat ein Patentrezept für die Lösung der Krise. Eine geregelte Arbeitsmigration mit Ausbildungsmöglichkeiten für junge Leute, wie sie auch die Kanzlerin ins Gespräch gebracht hat, weist aber in die richtige Richtung. Schließlich würde auch die deutsche Wirtschaft profitieren, die gerade wieder über fehlende Fachkräfte geklagt hat.

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