Arbeitsmarkt in Deutschland: Arbeitslosenzahl wird 2018 weiter sinken
Die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland soll 2018 auf 44,8 Millionen steigen, die Arbeitslosenzahl weiter sinken – doch die Integration der Flüchtlinge wird die Entwicklung dämpfen.
Nachdem die Zahl der Arbeitslosen monatelang von einem Rekordtief auf das nächste gesunken ist, schauen manche Experten nun skeptisch auf das neue Jahr. Sogar die Forscher des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarktforschung (IAB) geben sich erstaunlich zurückhaltend. Zählte die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit (BA) jahrelang zu den Optimisten, äußert sie sich nun verhalten. Nach drei Boomjahren rechnen die Forscher für 2018 mit einer Verschnaufpause auf dem Arbeitsmarkt. Und nicht nur sie.
Wie die BA am Mittwoch mitteilte, waren 2017 im Jahresdurchschnitt rund 2,6 Millionen Männer und Frauen hierzulande ohne Arbeit – 158000 weniger als im Jahr davor. Die Arbeitslosenquote lag bei 5,7 Prozent; im Dezember bei 5,3 Prozent. Rechnet man jedoch auch jene hinzu, die mindestens 58 Jahre alt sind oder eine Weiterbildung machen, lag die Zahl der Jobsucher bei 3,4 Millionen. Vorstandschef Detlef Scheele zeigte sich mit der Entwicklung zufrieden: „Das ist aus unserer Sicht außerordentlich bemerkenswert.“
Für 2018 rechnet aber auch er mit einer Abkühlung. Die Zahl der Arbeitslosen werde zwar erneut sinken – voraussichtlich aber nur noch um 60000. „Arbeitssuchende Flüchtlinge werden die Entwicklung etwas dämpfen“, prognostizierte Scheele. An der Spitze der Bundesagentur ist man überzeugt, dass Geflüchtete im kommenden Jahr in noch stärkerem Maße in die Jobcenter drängen werden. Das IAB schätzt: Ohne diese Gruppe würde die Arbeitslosigkeit um 120000 sinken. Bislang sollen 202000 Menschen aus den acht nichteuropäischen Asylherkunftsländern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden haben. Laut Scheele sei das eine „schöne Zahl für sich genommen, aber angesichts der Gesamtzahl doch wenig.“
Das zweite Problem: Der Fachkräftemangel
Gleichzeitig entwickelt sich der Fachkräftemangel zu einem immer größer werdenden Problem. 2018 dürfte die Zahl der Arbeitsplätze nach IAB-Prognose auf den neuen Rekordwert von 44,8 Millionen steigen – und nicht mehr nur die Unternehmen, sondern auch die Deutsche Bundesbank und das IAB warnen vor zu wenig potenziell Beschäftigten.
Die Gründe: Den in Rente gehenden Beschäftigten folgen immer weniger junge nach. Aus den EU-Ländern erwarten Fachleute kaum noch in nennenswertem Umfang Arbeitskräfte. Langzeitarbeitslosen fehlten häufig das Know-how für die immer anspruchsvolleren Aufgaben in den Betrieben. So befürchtet die Deutsche Bundesbank, dass so mancher Unternehmer nicht mehr in zusätzliche Maschinen investiere, weil er nicht glaube, neue Mitarbeiter zu finden. Große Engpässe gibt es zudem in der Pflege und im Handwerk.
Die BA möchte deswegen noch mehr Frauen als Erwerbstätige gewinnen, mehr Zuwanderer aus der EU und aus Drittstaaten nach Deutschland locken und Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt integrieren. „Wir sind ja seit einigen Monaten bei weniger als 900000 Langzeitarbeitslosen. Es wäre schon schön, wenn wir im Laufe des Jahres auf unter 800000 kämen“, sagte Scheele. Dafür bräuchten die Jobcenter aber eine deutliche Aufstockung der Bundesmittel, meinte er kürzlich.
In Berlin lebt jeder Zehnte von Hartz IV
Zu den Berliner Zahlen sagte Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Die Linke): „Trotz weiter wachsender sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gilt es mehr denn je, die Qualität der Beschäftigung nicht außer Acht zu lassen.“ Der Anteil atypischer Beschäftigungsverhältnisse in der Hauptstadt würde bei rund 38 Prozent liegen. „Das ist entschieden zu viel, und es stellt sich die Frage, wie viele Beschäftigte ihre Existenz nicht von ihrer Erwerbsarbeit allein sichern können“, sagte sie. Nach einer Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aus dem vergangenen Jahr mussten in der Hauptstadt mehr als 115000 Menschen ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken. Zudem ist die Zahl aller Hartz-IV-Empfänger im vergangenen Jahr zwar deutlich gesunken, aber dass derzeit rund jeder Zehnte von Grundsicherung lebt, ist noch immer zu viel.
Im Dezember 2017 waren in Berlin zuletzt mehr als 159000 Arbeitslose gemeldet – beziehungsweise 232 000, wenn man ältere Langzeitarbeitslose, Teilnehmer von Fort- und Weiterbildungen sowie Flüchtlinge in Sprachkursen hinzuzählt. Die Arbeitslosenquote betrug zuletzt 8,4 Prozent – 0,8 Prozentpunkte weniger als im Jahr zuvor. In Brandenburg lag sie bei 6,6 Prozent.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, er sei „dankbar für die andauernd positive Beschäftigungsentwicklung“. Gleichzeitig meinte er: „Es ist bitter, dass es hochqualifizierte Industriearbeitsplätze sind, die bei Siemens und General Electric weiter auf der Kippe stehen.“ Der Senat werde gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der IG Metall die Entwicklung im neuen Jahr „nach wie vor im Blick behalten“.