Giffey lässt die Finger vom SPD-Vorsitz: Familienministerin will in „gutes Verfahren“ nicht eingreifen
Aufatmen bei Franziska Giffey: Sie kann ihren Doktortitel behalten - und somit auch ihren Posten am Kabinettstisch. In Sachen SPD-Vorsitz winkt sie aber ab.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) strebt auch nach der Entscheidung zu ihrer Doktorarbeit nicht den Bundesvorsitz der Sozialdemokraten an. In das laufende Bewerberverfahren wolle sie nicht eingreifen, sagte sie am Donnerstag in Mainz.
Am Mittwoch hatte die Freie Universität Berlin (FU) nach monatelanger Prüfung entschieden, der SPD-Politikerin ihren Doktortitel nicht abzuerkennen. Danach kam sofort die Frage auf, ob Giffey ungeachtet des laufenden Bewerbungsverfahrens doch noch für den Parteivorsitz kandidiert.
"Bin froh, dass wir kompetente Teams haben"
Dazu sagte Giffey: „Dieses Verfahren ist ein gutes Verfahren. Ich habe mich am Anfang des Verfahrens aus besagten Gründen entschieden, nicht anzutreten, und zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens kann ich Ihnen sagen, werde ich auch bei dieser Entscheidung bleiben.“ Sie wolle sich mit voller Kraft ihrer Aufgabe als Ministerin widmen. Interimsparteichefin Malu Dreyer sagte in Mainz, das Verfahren sei klar und transparent. „Ich bin froh, dass wir kompetente Teams haben.“
Über Monate war die politische Zukunft Giffeys zuletzt unklar gewesen. Denn an der FU wurde die Doktorarbeit der Ministerin überprüft. Die Universität hatte am Mittwoch beschlossen, der Ministerin lediglich eine Rüge zu erteilen. Daraufhin teilte Giffey mit, ihre Arbeit als Ministerin fortsetzen zu wollen.
Als mögliche Nachfolgerin der zurückgetretenen SPD-Chefin Andrea Nahles war Giffey seit diesem Sommer gehandelt worden. Mitte August aber sagte sie in einem Brief an Dreyer ab. Sie wolle „nicht zulassen, dass das derzeit anhängige Verfahren zur Überprüfung meiner Doktorarbeit, auf das ich keinen Einfluss habe, den Prozess der personellen Neuaufstellung der SPD überschattet oder gar belastet“, schrieb sie. Zugleich hatte sie mitgeteilt, als Ministerin zurückzutreten, wenn ihr der Doktortitel aberkannt wird.
Die Ministerin selbst hatte ein bewusstes Plagiat immer zurückgewiesen und gesagt, sie habe die Doktorarbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst.
Die SPD hat den ersten Teil einer aufwendigen Suche nach einem neuen Vorsitz hinter sich. Aus einem Mitgliederentscheid nach 23 Regionalkonferenzen gingen zwei Kandidatenduos als siegreich hervor: Finanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz sowie der frühere NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken.
Eigentliche Vorsitz-Wahl im Dezember
In einem weiteren Mitgliederentscheid in der zweiten Novemberhälfte soll zwischen beiden entschieden werden. Die eigentliche Wahl ist für einen Parteitag Anfang Dezember geplant. Hier können sich auch weitere Kandidaten als Initiativbewerber melden.
Kurz nach Nahles' Rücktritt hatte sich Giffey im Juni selbst indirekt als mögliche Kandidatin ins Spiel gebracht. „Die Leute entscheiden viel über den Bauch und das Herz“, sagte sie in einem Interview. Es sei daher „extrem wichtig, dass jemand im Vorsitz ist, der Bauch und Herz erreicht“. Viele lasen ihre Worte als Ankündigung einer Bewerbung, gilt Giffey doch als Verkörperung von Herzlichkeit und Bürgernähe. (dpa)