Franziska Giffey behält Doktortitel: Ihr Weg nach Berlin wäre jetzt frei
Die SPD-Familienministerin Franziska Giffey lässt die Plagiatsaffäre hinter sich. Das weckt Hoffnungen. Ein Kommentar.
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Das wünschten sie die Sozialdemokraten dieser Tage, so finster war das alles. Bis jetzt, bis zu dieser Nachricht: Franziska Giffey kann ihren Doktortitel, an dem sie so sehr hängt, behalten! Denn das bedeutet zugleich, dass die SPD ihren Liebling behalten kann, an der sie so sehr hängt.
Was bleibt der Partei auch sonst noch an Politikern, mit denen sie gewinnen könnte, und zwar Sympathien wie Wahlen? Genau, vor allen anderen diese.
In ihrem Ressort in der Bundesregierung, im Familienministerium, fürchten sie ja schon lange den Tag, an dem ihnen die Chefin weggenommen wird. Erst war es das Urteil der Freien Universität, das im Fall der Aberkennung des Titels zu Giffey Rücktritt geführt hätte. Jetzt ist es das Urteil der Genossen über Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Das könnte danach zu ihrem Aufstieg führen.
Nicht verzetteln als SPD-Vorsitzende
Jawohl, so ist es! Da können sie in der Berliner Landespartei, um des lieben Friedens Willen, dementieren, was und wie sie wollen. Nicht bloß bei den Sozialdemokraten weckt sie Hoffnungen – man sollte nur ein einziges Mal sehen, wie der gemeine Berliner auf Begegnungen mit Giffey reagiert. Ein himmelweiter Unterschied zu Müller ist das. Die Sympathien fliegen ihr zu, und sie freut das, sie genießt es auch.
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Denn Berlin, das ist ihre Stadt. Giffey weiß immer genau, was wo los ist oder nicht läuft. Wenn ihr jetzt irgendein Zauberer sagen würde, sie könne frei entscheiden, was sie werden wolle, dann wäre das eindeutig: Regiermeisterin. Auch deswegen wollte sie nicht SPD-Vorsitzende werden: um sich nicht zu verzetteln. Wurde die SPD nicht auch schon mal von einem Berliner Regierenden gleichsam neu erfunden, bürgernah, lebensnah?
50 Jahre ist die Kanzlerschaft von Willy Brandt her, der davor auch neun Jahre Regierender in Berlin war. Ein großer Vergleich, bestimmt noch zu groß. Aber immerhin kann man sich bei Giffey schon vorstellen, dass es Parteimitglieder gäbe, die den Slogan „Franziska wählen“ plakatieren würden. Ihre Art steht für sich: Mehr Bürgernähe wagen. Und wer mit Heinz Buschkowsky in Neukölln zurechtkam, der schafft es überall. Und auch andere Kaliber.
Sie ist wieder voll da
Zu dick aufgetragen? Eines Lobeshymne? Tja, so, genau so reden viele Genossen. Schon länger. Immer in der Hoffnung, dass Giffey die Sache mit dem Doktortitel wenigstens einigermaßen übersteht. Was ihr gelungen ist. Die festgestellten Mängel und eine Rüge der Uni ändern nichts daran. Giffey ist jetzt wieder da, voll da.
Die Frage ist für ihre Anhänger jetzt nur noch, wie sie da hinkommt, wo sie sie sehen wollen: im Roten Rathaus. Michael Müller hofft wohl weiter, oder wieder, dass die Berliner ihn am Ende doch ihr Herz schließen. Aber wenn das nicht einmal die Partei tut… Dann wird es schwer.
Müller wird selbst längst ins Grübeln gekommen sein. Welchen Dienst kann er der Partei mit welchem Schritt am besten erweisen? Die SPD Berlin liegt in Umfragen kontinuierlich zu weit zurückliegt, um – Stand heute – nach den nächsten Wahlen wieder den Regierenden Bürgermeister stellen zu können. Käme darum Giffey vorzeitig ins Amt, vor den nächsten Wahlen, könnte sie das Blatt womöglich noch wenden. Ein/e Regierende/r Bürgermeister/in muss kein Mitglied des Abgeordnetenhauses sein.
Das wäre ein Ding: Müller macht den Weg frei für eine „Bürgermeisterin der Herzen“ – die SPD läge ihm zu Füßen. Mindestens die. Ausgeschlossen? Also wenn du denkst, da kommt nichts mehr… kommt von irgendwo was neues her. Sieht man ja an der jüngsten überraschenden Nachricht.