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Ex-Sicherheitsberater John Bolton (links) könnte seinem ehemaligen Chef gefährlich werden.
© Leah Millis/REUTERS
Update

Brisante Enthüllungen: Ex-Sicherheitsberater könnte zum Problem für Trump werden

In seinem Buch belastet John Bolton US-Präsident Trump in der Ukraine-Affäre schwer. Die Frage ist: Sagt er als Zeuge im Impeachment-Prozess aus?

An seiner Aussage sind die Demokraten im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump ganz besonders interessiert: John Bolton gehörte als Nationaler Sicherheitsberater zum engsten Kreises um Trump - bis der ihn im vergangenen September rausgeschmissen hat. Nun sind Teile dessen an die Öffentlichkeit gedrungen, was Bolton den 100 Senatoren sagen könnte, die derzeit über das Impeachment verhandeln. Und das ist brisant.

Die "New York Times" berichtete am Sonntagabend (Ortszeit) über noch unveröffentlichte Auszüge aus Boltons Buch, über die die "NYT"-Autoren Maggie Haberman und Michael S. Schmidt nach eigenen Angaben mit mehreren Personen gesprochen haben. Demnach hat Trump zu Bolton im August gesagt, er wolle die 391 Millionen Dollar an Militärhilfe für die Ukraine so lange eingefroren lassen, bis ukrainische Regierungsvertreter bei Ermittlungen unter anderem gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden helfen würden.

Die Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch vor

Diese Aussage Trumps widerspricht der Verteidigungsstrategie von Trump. Seine Anwälte argumentieren, dass der vorübergehende Stopp der Hilfe nichts mit dem Wunsch des US-Präsidenten nach Ermittlungen gegen seinen möglichen Herausforderer bei der Wahl im November und dessen Sohn Hunter Biden zu tun gehabt habe. Hunter Biden saß zu der Zeit im Aufsichtsrat der ukrainischen Gasfirma Burisma, als sein Vater als Vizepräsident auch für die Ukraine zuständig war.

Wenig überraschend, dass Trump in einer ersten Reaktion auf den Artikel in der "NYT" Bolton der Lüge bezichtigt. Der US-Präsident wirft Bolton vor, Werbung für sein Buch machen zu wollen.

Die Demokraten im Kongress gehen davon aus, dass Trump die Militärhilfe als Druckmittel benutzt hat, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat Ende Juli zu Ermittlungen gegen die Bidens zu bewegen. Damit habe er die anstehende Präsidentschaftswahl zu seinen Gunsten beeinflussen wollen.

Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Es ist erst das dritte Amtsenthebungsverfahren in der amerikanischen Geschichte.

Die Verteidigung argumentiert mit "Hörensagen"

Trumps Verteidiger wiederum behaupten, dem Präsidenten sei es nur um die Bekämpfung der Korruption in der Ukraine gegangen. Da spiele auch Burisma eine Rolle. Deswegen wollen sie die Rolle der Bidens in der Ukraine in den nächsten Tagen thematisieren.

Außerdem kritisieren sie, die Anklage beziehe sich nur auf Vermutungen und Hörensagen. Aus dem Gesprächsprotokoll seines Telefonats mit Selenskyj gehe doch klar hervor, dass der Präsident die Ermittlungen keineswegs an Militärhilfe oder ein Treffen im Weißen Haus geknüpft habe, sagte Mike Purpura, einer der Rechtsberater des Präsidenten und Mitglied des Verteidigerteams, am Samstag im Senat.

Die ukrainische Führung habe selbst mehrfach betont, es sei kein Druck auf sie ausgeübt worden und es habe kein "Quid pro quo" (eine Gegenleistung) gegeben. Es gebe auch keinen einzigen Zeugen, der ausgesagt habe, dass der Präsident selbst eine Verbindung zwischen den Ermittlungen und der Militärhilfe oder einem Treffen mit Selenskyj genannt habe.

Das Weiße Haus hat die Ermittlungen boykottiert

Das ist einerseits richtig. So hatte der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, bei seiner Anhörung im Repräsentantenhaus lediglich erklärt, er nehme an, dass der Präsident die Hilfe auf Eis gelegt habe, um die gewünschten Ermittlungen zu bekommen. Andererseits hat das Weiße Haus aber auch jegliche Zusammenarbeit mit den Ermittlern im Repräsentantenhaus verweigert und Regierungsvertretern die Aussage untersagt.

Die Demokraten kämpfen seit Wochen dafür, neue Unterlagen anzufordern und Zeugen im Senat zu hören - bislang vergeblich. Sie wollten unter anderem die Vorladung von Trumps geschäftsführendem Stabschef, Mick Mulvaney, und eben Bolton erreichen. Letzterer hatte sich Anfang Januar überraschend zur Aussage bereiterklärt, wenn er denn vorgeladen werde.

Die Anklage fordert die Vorladung von Bolton

Würde Bolton nun im Kongress über das erzählen, was in seinem Manuskript steht, hätten die Demokraten erstmals die Aussage eines Zeugen zu ihrem Vorwurf eines "Quid pro quo". Die Demokraten forderten am Sonntagabend erneut seine Anhörung. Bolton widerspreche dem Kern der Verteidigung des Präsidenten "und muss daher als Zeuge im Impeachment-Verfahren gegen Präsident Trump vorgeladen werden", erklärten die Vertreter der Anklage um Adam Schiff, den Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus.

Die Entscheidung darüber wird in der kommenden Woche fallen. Zunächst hat auch die Verteidigung noch bis Dienstagabend die Gelegenheit, ihre Argumente darzulegen, warum sich der Präsident nichts hat zuschulden kommen lassen.

Bis zu fünf Wackelkandidaten bei den Republikanern

Danach können die Senatoren 16 Stunden lang schriftlich Fragen stellen. Anschließend soll entschieden werden, ob zusätzliche Dokumente angefordert oder neue Zeugen im Senat vorgeladen werden. Verhindern die Republikaner mit ihrer Mehrheit (53 zu 47 Stimmen) in der Kongresskammer Zeugenvernehmungen, könnte das Verfahren bereits nächste Woche enden.

Bis zu fünf Republikaner gelten als Wackelkandidaten, darunter der Trump-Kritiker Mitt Romney. Der Senator aus Utah erklärte am Samstag, dass er darüber nachdenke, mit den Demokraten für die Aussage von Zeugen wie Bolton zu stimmen.

Am Montag sagte Romney, es sei zunehmend wahrscheinlich, dass auch andere republikanische Senatoren dafür seien, Bolton vorzuladen. Angesichts des "NYT"-Berichts könne man sagen, "dass John Bolton Relevantes zu berichten hat", sagte Romney. Auch Susan Collins aus Maine äußerte sich ähnlich.

Neben den "New York Times"-Enthüllungen zu Bolton wurden am Wochenende auch neue belastende Details zur Abberufung der damaligen US-Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, öffentlich. Auch in diesem Fall drängen die Demokraten darauf, dass sich der Senat mit den neuen Beweisen beschäftigt.

Das Weiße Haus kann das Erscheinen des Buches verhindern

Der Senat nimmt bei einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte des Repräsentantenhauses. Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat ist es bislang sehr wahrscheinlich, dass Trump freigesprochen wird.

Es ist aber auch aus einem anderen Grund gut möglich, dass Boltons Einsichten in Trumps Entscheidungen schwer zu verwerten sind. Der 71-Jährige habe die entsprechenden Passagen aus seinem Buch in den vergangenen Wochen auch dem Weißen Haus übermittelt, schreibt die "New York Times".

Dies sei ein üblicher Prozess für manche aktuelle und ehemalige Regierungsmitarbeiter, die an Veröffentlichungen arbeiteten. Das Problem daran sei, dass das Weiße Haus nun das Erscheinen des Buches verhindern oder zumindest brisante Passagen streichen lassen könnte.

Den Demokraten bliebe dann nur die Hoffnung, dass die amerikanische Öffentlichkeit durch die neuen Medienberichte aufgerüttelt wird. Und dass die Wähler Trump im November auch deswegen eine zweite Amtszeit verweigern.

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