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Protest gegen Wladimir Putin vor dem Brandenburger Tor in Berlin
© AFP/Stefanie Loos

Allianzen statt Vasallentum: Europa hat Verbündete – Putin hingegen ist isoliert

Die Bündnisform erschwert Einigkeit, das lässt den Westen oft schwach aussehen. Zugleich ist sie aber die Stärke, die den Unterschied ausmacht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Olympischen Spiele sind vorbei und damit das Friedensgebot während der Wettkämpfe. Hätte Wladimir Putin auch diese Regel gebrochen, hätte er Gastgeber Xi Jinping erzürnt und seine Hoffnung auf Rückendeckung Chinas im Konflikt um die Ukraine begraben können.

Und nun: Greift Putin an? Inszeniert er Vorwände für einen Einmarsch? Oder lässt er das sein, verlängert aber, um Zugeständnisse wie die Absage an einen Nato-Beitritt der Ukraine zu erzwingen, den Truppenaufmarsch zu einer monatelangen Krise?

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Was Putin bereits beschlossen hat und was nicht, kann man nicht mit Gewissheit sagen. Die Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende und die Ereignisse der Wochen davor haben aber das Bild von den globalen Machtverhältnissen klarer konturiert.

Es ist eine multipolare Welt, in der der Westen zwar nicht mehr die Übermacht hat, aber viele Bereiche dominiert. Russland ist weitgehend isoliert und hat keine weltwirtschaftliche Bedeutung. China steigt weiter auf, muss aber in jedem Einzelfall prüfen, welche Konflikte es eingeht und wo es neutral bleibt, um Risiken zu vermeiden, wie offenbar nun in der Ukraine.

Die Stärke, die den Unterschied ausmacht

Der Westen ist ein Bündnis. Das führt zu Kakophonie und erschwert Einigkeit, lässt ihn oft schwach und gespalten aussehen. Zugleich ist die Bündnisform eine Stärke, die den Unterschied ausmacht. Ob Deutschland, die USA oder die anderen: Kein Land steht alleine. Sie alle haben Alliierte.

Sie sehen einen Vorteil darin, sich zusammen zu tun. Es war freilich wochenlange Arbeit nötig, wie US-Vizepräsidentin Kamala Harris in München sagte, um Geschlossenheit zu erreichen.

[Lesen Sie alle aktuellen Entwicklungen in unserem Blog zur Krise um die Ukraine]

Russland und China haben keine vergleichbaren Verbündeten. Sie finden hier und da gemeinsame politische oder ökonomische Interessen mit einzelnen Staaten.

Chinas Außenminister Wang Yi geht auf Distanz zu Russland.
Chinas Außenminister Wang Yi geht auf Distanz zu Russland.
© Michael Sohn/AFP

Allianzen, die beide Seiten stärken, sind das nicht. Meist nutzt der Stärkere die Verwundbarkeit des Schwächeren wie bei Russlands Komplizenschaft mit Belarus oder Chinas mit Nordkorea. Das gleicht einem Vasallentum.

Putins Plan für die Ukraine: ein Vasallenstaat

Dieses Modell hat Putin offenbar für die Ukraine im Sinn. Wenn er angreift, wird ihn niemand militärisch daran hindern. Aber das Ziel, um das es ihm geht, kann er so nicht erreichen: ein Bündnis mit der Ukraine sowie mit Belarus und weiteren früheren Sowjetrepubliken, das Früchte trägt.

[Lesen Sie auch: Nach dem Treffen von Putin und Scholz: Die Schlinge um den Hals der Ukraine bleibt. (T+)]

Es wäre ein Besatzungsregime, das Widerstand provoziert, keine Partnerschaft. Das kostet Moskau mehr, als es einbringt. Schon bisher musste Putin verschleiern, wie viele Soldatensärge aus seinen Kriegen heimkehren, von Syrien über den Kaukasus bis zur Ukraine.

Laut Putins Propaganda sind die Ukrainer unzertrennliche Brüder der Russen. Offener Krieg gegen sie ist in seinem Volk nicht populär. Zehntausende würden sterben, Millionen flüchten – Ukrainer, aber auch Russen. Und wofür?

Die Devise „Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag’ ich Dir den Schädel ein“ bringt die Sowjetunion nicht zurück.

China schien Putin zunächst mit einem gemeinsamen Appell gegen neue Nato-Beitritte zu stützen. Viele fürchteten, es sehe in der Ukraine die Blaupause für die Einverleibung Taiwans. In München hat Außenminister Wang Yi Russland nun vor einem Angriff gewarnt.

Kein Land dürfe von einem anderen Unterordnung verlangen. China hat sich in die Neutralität zurückgezogen. Krieg schadet seinen Interessen, von der globalen Instabilität bis zu seinen Geschäften in der Ukraine.

Umkehr von Status Quo und Revision im Vergleich zum Kalten Krieg

Dieser Konflikt unterscheidet sich fundamental vom Kalten Krieg. Damals verteidigte die Sowjetunion den Status Quo. Der Westen strebte die Revision der Teilung Deutschlands und Europas an.

Mit Erfolg. Das westliche Modell ist attraktiv. Heute möchte der Westen den Status quo nicht preisgeben: den Fortschritt an Freiheit, auch Bündnisfreiheit, und Wohlstand im Raum zwischen Deutschland und Russland seit 1989. Putin ist der Revisionist.

Er kann Menschenleben und Staaten zerstören. Aber er hat nicht die Macht, das Sowjetimperium wieder herzustellen. Darf man hoffen, dass sein Verstand über seinen Verlustschmerz siegt?

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