Schwesig und die Nord-Stream-Stiftung: Es geht um ihre Wahl
Die Ministerpräsidentin lässt sich von Nord Stream 2 eine Stiftung finanzieren - als Bollwerk gegen Sanktionen. Schaden nimmt sie in Kauf. Ein Kommentar.
Wenn sich der Außenminister öffentlich vom Projekt einer deutschen Ministerpräsidentin distanziert, muss die Verstimmung ziemlich groß sein. In Kairo stellte Heiko Maas diese Woche klar, dass die von der Schweriner Landesregierung mit Unterstützung der Linkspartei ins Leben gerufene Stiftung Klima und Umweltschutz von ihm oder anderen Mitgliedern des Bundeskabinetts nicht unterstützt wird. „Es ist eine Entscheidung, die in Mecklenburg-Vorpommern getroffen worden ist“, sagte er: „Die Stiftung ist keine Entscheidung der Bundesregierung.“
Man kann die Intervention von Maas auch so lesen: Die von Nord Stream 2, der Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom, mit 20 Millionen Euro ausgestattete Stiftung ist nicht im außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik, der Chefdiplomat sieht sie als Störfall. Das ist umso bemerkenswerter, als Maas und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig der gleichen Partei angehören – der SPD. Die Sozialdemokraten gelten seit den Zeiten von Wladimir Putins Freund Gerhard Schröder als eifrigste Förderer des Gas-Geschäfts zwischen Russland und Deutschland. Dagegen verurteile Grüne und Teile der Union es als Finanzierungsprogramm für ein autokratisches System und dessen zerstörerische Interventionen in der Ukraine oder in Syrien.
Nun weiß der Außenminister auch, dass sich die SPD-Ministerpräsidentin aus Schwerin im Herbst einer Landtagswahl stellen muss. Aber ihm ist es offenbar wichtiger, Schaden von der deutschen Außenpolitik abzuwenden. Der abgewählte US-Präsident Donald Trump hatte versucht, den Fertigbau der Nord-Stream-Pipeline mit massiven Sanktionen zu verhindern, gegen die sich die Bundesregierung wehrte. Sein Nachfolger Joe Biden ist ebenfalls ein Gegner des Projekts. Doch noch besteht Hoffnung, sich mit der neuen US-Regierung zu einigen. Wer noch vor Bidens Amtseinführung eine Stiftung gründet, die in Wirklichkeit dem Zweck dient, Nordstream 2 vor Sanktionen zu schützen, spricht ihm offen das Misstrauen aus.
Eine der wichtigsten politischen Eigenschaften von Manuela Schwesig ist ihre Hartnäckigkeit. Hartnäckig setzt sie sich für die Belange ihres Landes ein, hartnäckig verbreitert sie ihre Basis im Vorfeld der Landtagswahl. Das gilt im Kampf gegen Corona, in dem sie anfangs im Interesse ihres noch kaum betroffenen Landes strenge Regeln für alle ablehnte. Das gilt auch in ihrem Kampf für die Fertigstellung der Pipeline. Dabei geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um Freundschaftssignale an Russland, die in den neuen Ländern gut ankommen. Schwesig hat die EU-Sanktionen gegen Russland immer wieder attackiert. Im Wahljahr verstärkt sie diese Botschaft nun wieder.
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Ob ihre Angriffe auf die EU-Sanktionen oder die Stiftungsgründung übergeordneten Interessen schaden, scheint für sie dabei zweitrangig. Bisher stellt sich nur der Außenminister gegen sie. Dabei wäre es dringend nötig, dass der SPD-Kanzlerkandidat im Jahr der Bundestagswahl endlich Führungswillen zeigt. „Wir spielen auf Sieg“, hat Olaf Scholz gesagt. Im Streit um Schwesigs seltsame Stiftung aber will er gar nicht mitspielen.