Christine Haderthauer: Ermittlungen gegen Bayerns Staatskanzleichefin
Gerade erst wurde Anklage gegen den früheren CSU-Fraktionschef Georg Schmid erhoben, nun steht die politische Karriere von Seehofers Staatskanzleichefin auf dem Spiel. Wegen der so genannten Modellauto-Affäre haben die Staatsanwälte beantragt, die Immunität von Christine Haderthauer aufzuheben.
Am Dienstag beantragte die Staatsanwaltschaft München II die Aufhebung von Haderthauers Immunität. Grund dafür seien Ermittlungen wegen Betrugs und Steuervergehen gegen sie und ihren Mann Hubert Haderthauer im Zusammenhang mit der so genannten Modellauto-Affäre, hieß es. Haderthauer lehnte einen Rücktritt ab und beteuerte ihre Unschuld. Und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ließ nach einer Krisensitzung ebenfalls mitteilen, dass er an der CSU-Politikerin festhalten wolle. Allein die Aufnahme von Ermittlungen begründe keine Notwendigkeit, personelle Konsequenzen zu ziehen. Außerdem beeinträchtigten die Ermittlungen Haderthauers Amtsführung nicht.
Modellautos von Straftätern
Bei den Ermittlungen geht es um die frühere Beteiligung des Ehepaars Haderthauer an einer Firma namens Sapor Modelltechnik. Zusammen mit dem französischen Geschäftsmann Roger Ponton hatten die beiden zwischen 1990 und 2008 von psychisch kranken Straftätern in zwei Bezirkskrankenhäusern hochwertige Modellautos fertigen lassen und teuer verkauft. Politisch erhält die Sache eine gewisse Würze durch den Umstand, dass Haderthauer vor ihrer Ernennung zur Chefin der Staatskanzlei bayerische Sozialministerin und als solche auch zuständig für die Bezirkskrankenhäuser war. Allerdings schied sie bereits Ende 2003 als Gesellschafterin der Firma aus. Ihre Nachfolge als Gesellschafter trat einen Tag später dann der Landgerichtsarzt Hubert Haderthauer an, der als Psychiater direkten Zugang zu den Straftätern hatte - und aus seiner amtlichen Position womöglich privaten Profit gezogen hat. Er deklarierte das Modellauto-Geschäft als therapeutische Maßnahme und verkaufte die Firma erst im Oktober 2008.
Den eigentlichen juristischen Ärger jenseits der politischen Anrüchigkeit beschert den Haderthauers jedoch ihr früherer Geschäftspartner, der Ende 2008 die Firma verließ, drei Jahre später mit einer Zahlung von 20 000 Euro abgefunden wurde - und sich nun betrogen fühlt. Ihm und dem Finanzamt gegenüber hätten die Haderthauers das Geschäft nämlich als überaus verlustreich dargestellt, sagt sein Anwalt Malte Magold. Nach einer Auflistung ihres Steuerberaters lag der angegebene durchschnittliche Jahresgewinn teilweise bei weniger als 8000 Euro. Tatsächlich aber hätten die Haderthauers mit der Modellauto-Produktion Millionengewinne gemacht. Aus den Aufzeichnungen der Bezirkskrankenhäuser gehe hervor, dass insgesamt mehr als 130 Modellautos produziert wurden. Und auf dem Sammlermarkt hätten die handgefertigten Luxusflitzer pro Stück im schlechtesten Fall 20 000, im besten auch schon mal mehr als 100 000 Euro eingebracht.
Grüne drohen mit Untersuchungsausschuss
Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold forderte den sofortigen Rücktritt der Staatskanzleichefin: „Haderthauer hat versucht, die Öffentlichkeit und das Parlament über ihre Beteiligung an der Firma Sapor Modelltechnik wiederholt zu täuschen“, sagte er. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause bekräftigte ihre Drohung, einen Untersuchungsausschusses zu beantragen.
Wenn Staatsanwälte gegen Landtagsabgeordnete ermitteln wollen, müssen sie den Landtag informieren. Denn Abgeordnete genießen eigentlich den Schutz der Immunität. 48 Stunden lang hat der Landtag dann Zeit, um Einspruch zu erheben. Tut er es nicht, kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einleiten.
Erst am vergangenen Freitag hatte die Augsburger Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass gegen Georg Schmid Anklage erhoben worden sei. Schmid war im Zuge der sogenannten Verwandtenaffäre im bayerischen Landtag als CSU-Fraktionschef zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass er seine Ehefrau über Jahrzehnte als Scheinselbstständige beschäftigt hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er mindestens 340 000 Euro Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen habe. Er hatte als Abgeordneter seine Ehefrau für Büroarbeiten wie eine Unternehmerin bezahlt und ihr bis zu 5500 Euro im Monat überwiesen. . (mit AFP/dpa)
Rainer Woratschka