Affäre um Bayerns Sozialministerin: Christine Haderthauer und das zweifelhafte Geschäft mit Modell-Autos
Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer und ihr Mann Hubert ließen wohl einen Strafgefangenen für ihre Firma arbeiten. Er baute Modelle von Luxus-Karossen. Die Opposition fordert Aufklärung, Haderthauer aber schweigt.
Als äußerst findiger Geschäftsmann erwies sich Ende der 1980er Jahre der damalige Assistenzarzt Hubert Haderthauer. In der forensischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Ansbach, wo psychisch gestörte Straftäter einsitzen, lernte er einen Mann mit ungewöhnlichen Talenten kennen. Der verurteilte Dreifachmörder Roland S., heute 76 Jahre alt, baute Modellautos wie offenbar kaum ein zweiter. Auf dem Markt haben die kunstvollen Wagen im Maßstab 1:8 einen Wert von bis zu 20 000 Euro. Haderthauer stieg in die Firma „Sapor Modelltechnik“ ein und brachte die Modelle für viel Geld an den Mann. Der Strafgefangene S. hingegen erhielt 200 Euro Monatslohn.
Haderthauers Frau Christine war an dem Geschäft beteiligt. 13 Jahre lang, bis 2003, war sie Mitgesellschafterin der Firma. Sie ist Bayerns Sozialministerin, gehört der CSU an und gilt als eine mögliche Nachfolgerin Horst Seehofers, wenn der einmal seine Ämter als Ministerpräsident und CSU-Chef aufgibt. Die Modellauto-Geschichte ist deshalb seit einigen Wochen ein großes Thema. Hubert Haderthauer war sich offenkundig bewusst, dass es mindestens heikel ist, wenn ein Arzt nebenberuflich von der Arbeit eines Strafgefangenen profitiert.
Das Thema kommt ungelegen - mitten im Wahlkampf
Den eigentlichen Hersteller der Luxusmodelle wie Bentley oder Mercedes Simplex, die aus bis zu 5000 handgefertigten Einzelteilen bestehen, hat er nie genannt – das wäre schädlich fürs Geschäft gewesen. Stattdessen wurden die Autos, so sagt es die Landtags-SPD, als „Kreationen eines Dr. Haderthauer“ vermarktet. Als Christine Haderthauer 2003 Landtagsabgeordnete wurde, zog sie sich aus der Firma zurück. Als sie 2008 ins Ministerium einzog, das auch für Arbeitstherapien in den Gefängnissen zuständig ist, stieg auch ihr Mann bei "Sapor Modelltechnik" aus. Heutzutage ist eine solche Verquickung zwischen Arzt und Gefängnispatient nicht mehr zulässig.
Für die Ingolstädterin kommt der Fall äußerst ungelegen, steht sie doch schon wegen ihrer abweisenden Haltung gegenüber den hungerstreikenden Asylbewerbern in München in der Kritik. Auch muss sich die CSU noch mit den Nachwehen der Beschäftigungsaffäre im Landtag auseinandersetzen. Für Bayerns Grüne hat der Fall um die Karossen zumindest ein „Gschmäckle“. Die sonst so redefreudige Ministerin gibt sich wortkarg, und auch CSU und FDP im Landtag sehen keinen Aufklärungsbedarf.
Ein entsprechender Oppositionsantrag im Sozialausschuss wurde von der Regierungsmehrheit abgelehnt. „Die Ministerin stellt sich nicht und beschädigt sich so immer mehr“, sagt der SPD-Abgeordnete Horst Arnold. Die SPD möchte mehr zu den Verwicklungen wissen und interessiert sich auch für die Privilegien, die Roland S. im Gefängnis genießt. So soll er Schlüssel für Werkstatt und Fenster besitzen und beliebig begleiteten Ausgang erhalten.
Patrick Guyton