Modellauto-Affäre: Anwalt von Haderthauers Ex-Geschäftspartner zweifelt an Bilanz
Bayerns heutige Staatsministerin Christine Haderthauer und ihr Mann ließen begehrte Modellautos fertigen – angeblich ohne großen Gewinn. Doch der Anwalt des früheren Geschäftspartners Roger Ponton zweifelt an den Zahlen.
Die „Modellauto-Affäre" um die heutige bayerische Staatsministerin Christine Haderthauer (CSU) und ihren Mann Hubert zieht weitere Kreise. Nach den Worten des Anwalts von deren früherem Geschäftspartner Roger Ponton gibt es erhebliche Zweifel an den Geschäftsunterlagen, Bilanzen und Umsatzzahlen des fragwürdigen Modellauto-Geschäfts. „Das kann so einfach nicht stimmen“, sagt Rechtsanwalt Malte Magold mit Blick auf die Zahlen, mit denen sein Mandant Ponton von den Haderthauers „gefüttert“ wurde.
Pontons Anwalt hatte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen Christine Haderthauer und ihren Ehemann sowie den neuen Besitzer der Firma wegen möglichen Betrugsverdachts erstattet. Mit dem französischen Geschäftsmann Ponton hatten Hubert Haderthauer und seine Frau eine Firma betrieben, die in den Bezirkskrankenhäusern Ansbach und Straubing von psychisch kranken Straftätern hochwertige Modellautos produzieren ließ.
Zum größten Problem für das prominente Ehepaar könnten sich die Aufzeichnungen der beiden Bezirkskrankenhäuser erweisen, wo die Haderthauers zwischen 1990 und 2008 die edlen Modellautos produzieren ließen. Aus der genauen Stückzahl sowie den Material- und Personalkosten, die dezidiert festgehalten sind, können fundierte Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umsätze gezogen werden. Dafür interessiert sich bereits die Landesanwaltschaft, die gegen den Landgerichtsarzt Haderthauer wegen möglicher Dienstverstöße ermittelt.
Auch in Magolds Strafanzeige spielt die Produktionszahl eine entscheidende Rolle. „Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass insgesamt mehr als 130 Autos produziert wurden“, bestätigt der Anwalt eine Zahl, die bereits der Konstrukteur der Modelle, Dreifachmörder Roland S., ins Spiel gebracht hatte. Nach Einschätzung Magolds bedeute dies, dass der Handel mit den kleinen Luxusflitzern, die auf dem Sammlermarkt zwischen 20 000 und im Einzelfall auch über 100 000 Euro einbrachten, ein lukratives Millionengeschäft war.
Gegenüber Firmenpartner Ponton und dem Finanzamt dokumentierten die Haderthauers dagegen einen verlustreichen Geschäftsbetrieb. Aus einem Bescheid des Finanzamtes, der mit Datum vom 9. September 2003 an Christine Haderthauer gerichtet ist und von ihr auch an Ponton weitergeleitet wurde, geht hervor, dass besonders das Jahr 2000 ein tiefes Loch in die Firmenkasse gerissen haben soll. Auf 249 279 D-Mark belief sich mit Stichtag des 31. Dezember danach der Verlust.
Ein Auto kann auf dem Sammlermarkt einen fünfstelligen Betrag erzielen
Den Haderthauerschen „Gewinnermittlungen“ zufolge, die sie ihrem Partner erst bei den Vergleichsverhandlungen im Jahr 2011 vorlegten, war das Geschäftsmodell vor allem ein irrer Kostenfresser. Im Jahr 2006 zum Beispiel belief sich die Summe aller Geschäftseinnahmen, inklusive einer Umsatzsteuererstattung in Höhe von 6300,51 Euro auf exakt 30 450,51 Euro. So viel erzielte auf dem Sammlermarkt oft ein einzelnes Auto. Die von Hubert Haderthauer geltend gemachten Betriebsausgaben erklommen im gleichen Zeitraum satte 93 370,31 Euro. Noch weniger lassen sich die angegebenen Umsatzzahlen für die Geschäftsjahre 2005 und 2006 erklären, wenn man weiß, dass der Dokumentation des Bezirkskrankenhauses Straubing zufolge insgesamt zwölf Modellautos angefertigt wurden – darunter drei weltweit einzigartige Sondermodelle, wovon jedes einzelne auf dem Sammlermarkt im hohen fünfstelligen Bereich gehandelt wurde. Lief es ausnahmsweise besser, etwa im Jahr darauf, als ein Gewinn von 83 496,79 Euro verbucht werden konnte, durften wegen der schlechten Geschäftslage des Vorjahres rund 63 000 Euro verrechnet werden. Derartige Verlustabschreibungen wurden vom Finanzamt auch schon in früheren Jahren akzeptiert.
Haderthauer machte Kosten geltend, die viele Fragen aufwerfen
Bei der Auflistung der hohen Kosten, die angefallen sein sollen, bekommt Rechtsanwalt Magold Bauchschmerzen. Er spricht von „einer Fülle von Merkwürdigkeiten“ und „unerklärlichen Kostenfaktoren“ in den Haderthauer-Bilanzen – und von einem „enormen Aufklärungsbedarf“. Zu den Auffälligkeiten der Gewinnermittlungen gehören zum Beispiel „Reisekosten“, die in den Jahren 2005 und 2007 dicht an die 30 000-Euro-Grenze heranreichten. Erklärbar werden sie möglicherweise dadurch, dass Hubert Haderthauer eine ganze Reihe von fertiggestellten Automodellen einzeln direkt zum jeweiligen Käufer brachte und auf den Versand per Postweg verzichtete. Mindestens zweimal, weiß Konstrukteur S., flog der Medizinaldirektor für seinen Nebenjob sogar bis nach Kalifornien, in einem anderen Fall auch nach Hongkong. Hatte das vielleicht damit zu tun, dass bei derartigen Geschäften oft Barzahlungen üblich sind? Ebenfalls auf der Kostenseite tauchen nicht näher definierte „Verschiedene Kosten“ im bis zu fünfstelligen Bereich auf, oder sich nicht erschließende Mietkosten, die 2005 bei 13 840 Euro lagen. Für so viel Geld lassen sich in Ingolstadt großzügige Büroräume in der Innenstadt mieten, wobei nicht klar ist, wofür die gebraucht werden sollten. Die Autos wurden ausschließlich in den Bezirkskrankenhäusern produziert, wo auch die Maschinen standen und das Material zur Herstellung der Modellautos lagerte.
Abgerechnet wurden nach den Unterlagen, die neben Anwalt Magold auch der Landesanwaltschaft vorliegen, zum Beispiel bis zu 2700 Euro jährliche Kosten für Fahrten zwischen der Wohnung in Ingolstadt und der Arbeitsstätte in Straubing. Im Fall von Hubert Haderthauer würde das bei der Kalkulation mit den dafür vorgesehenen 30 Cent pro Kilometer bedeuten, dass er die knapp 240 Kilometer hin und zurück rund 40 Mal zurücklegte. An derart häufige Besuche kann sich im Bezirkskrankenhaus niemand erinnern. „Er war in den letzten Jahren nur selten da“, erklärte Auto-Konstrukteur Roland S. schon früher. Für Ponton-Anwalt Magold stecken in den Haderthauer-Bilanzen mehr als genug Anhaltspunkte dafür, dass sein Mandant über den Tisch gezogen worden sein könnte. Die inzwischen zur Chefin der Bayerischen Staatskanzlei aufgestiegene Christine Haderthauer, die sich in einer einzigen, sehr knappen und eher allgemein gehaltenen Stellungnahme zu ihrem geschäftlichen Engagement geäußert hat, bezeichnete diesen Vorwurf als absurd. Ihr Mann, der am Anfang gegenüber verschiedenen Medien noch Erklärungen abgab, die sich später nicht mehr halten ließen, hört längst auf den Rat seines Anwaltes, sich wegen der laufenden Ermittlungen der Landesanwaltschaft nicht mehr zu äußern.
Helmut Reister