Kommunalwahl in der Türkei: Erdogans Partei verliert wohl Ankara und Istanbul
Der türkische Präsident hatte die Kommunalwahlen zur Abstimmung über seine Politik erklärt. Die Resultate in zwei großen Metropolen sind Schlappen für ihn.
In der Türkei hat die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan bei den Kommunalwahlen eine herbe Niederlage erlitten: Nach Jahren an der Macht in Istanbul und Ankara verlor die islamisch-konservative AK-Partei laut den vorläufigen Wahlergebnissen das Rathaus in der Hauptstadt und die Stadtverwaltung der Millionenmetropole am Bosporus. Das Ergebnis ist auch persönlich eine Niederlage für Erdogan, da er die Kommunalwahlen zu einer Art Referendum über seine Politik gemacht hatte.
Nach einer dramatischen Wahlnacht sieht die türkische Wahlbehörde YSK die Opposition im Rennen um das Bürgermeisteramt in der wichtigen Wirtschaftsmetropole Istanbul vorne - um Haaresbreite.
Demnach führte der Kandidat der Mitte-Links-Partei CHP, Ekrem Imamoglu, am Montagmorgen mit 27.889 Stimmen vor dem Kandidaten der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim.
„Für Ekrem Imamoglu habe ich bisher die (Stimmen-)Zahl 4.159.650. Für Herrn Binali sind 4.131.761 Stimmen im System eingetragen“, sagte YSK-Chef Sadi Güven in einem TV-Interview. Allerdings werden Güven zufolge derzeit noch Stimmen neu ausgezählt.
Offenbar legen beide Parteien noch Beschwerden ein. Dafür sind drei Tage Zeit, wie Güven sagte. Es seien weiter nicht alle Ergebnisse „ins System eingetragen“. Die Resultate von 84 Urnen fehlten noch.
Istanbul war lange AKP-regiert. Das Ergebnis kommt einem Denkzettel für die AKP und ihren Parteichef gleich, den Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Sollte sich Imamoglus Sieg bestätigen, hätten die Türken Erdogan und seiner Partei gleich einen doppelten Denkzettel verpasst: Auch in der Hauptstadt Ankara lag der CHP-Kandidat Mansur Yavas mit 50,9 Prozent klar vorn. Mehmet Özhaseki von der AKP erreichte nur 47 Prozent.
Ebenso wie Istanbul wurde Ankara seit 25 Jahren von der AKP beziehungsweise ihrer Vorgängerpartei regiert. Jeder vierte Türke lebt in einer der beiden Metropolen.
"Ankara hat gewonnen, der Verlierer in Ankara ist Özhaseki. Die schmutzige Politik hat verloren, die Demokratie hat gewonnen", rief Yavas am frühen Morgen vor jubelnden Anhängern.
In einer nächtlichen Rede vom Balkon des AKP-Hauptquartiers in Ankara hatte es Erdogan vermieden, sich klar zu den Ergebnissen in den beiden Metropolen zu äußern. Der AKP-Vorsitzende betonte allerdings, dass seine Partei seine Partei in 56 Prozent der Rathäuser im Land sowie in 16 Großstädten regieren werde. (dpa, AFP)