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Der türkische Präsident Erdogan nach der Stimmabgabe bei der Kommunalwahl
© Reuters/Murad Sezer
Update

Kommunalwahlen in der Türkei: Knappe Wahlausgänge in wichtigen Städten

Millionen Türken stimmen über ihre Kommunalpolitiker ab. Landesweit liegt die Regierungspartei AKP vorn. In Ostanatolien gab es einen tödlichen Zwischenfall.

Bei der türkischen Kommunalwahl liefern sich die islamisch-konservative Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan und Oppositionsparteien um wichtige Städte ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach Auszählung der Hälfte aller Stimmen meldeten regierungsnahe Medien ausgerechnet für die Hauptstadt Ankara am Sonntagabend einen knappen Vorsprung des Oppositionskandidaten der Mitte-Links-Partei CHP vor dem der AKP. Der Verlust der Hauptstadt, die seit mehr als 20 Jahren von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert wird, wäre ein herber Schlag für den machtgewohnten, umstrittenen Präsidenten und Aufwind für Kritiker.

Landesweit ist die AKP nach Teilergebnissen aber weiter deutlich die stärkste Partei. Auch in der Wirtschaftsmetropole Istanbul lag die AKP mit ihrem prominenten Kandidaten, dem Ex-Ministerpräsidenten Binali Yildirim, zunächst vorne.

Enge Rennen gab es auch in anderen wichtigen Großstädten wie Antalya und dem südtürkischen Adana, wo die AKP beziehungsweise ihr Bündnispartner MHP bei der Kommunalwahl 2014 noch gewonnen hatten.

Die Kommunalwahl ist ein Stimmungstest für Präsident Erdogan und seine islamisch-konservative Regierung. Knapper als 2014 wird es für die AKP vor allem wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage. Die Türkei steckt seit Ende 2018 in der Rezession. Die Lira hat massiv an Wert verloren, die Zahl der Arbeitslosen stieg innerhalb eines Jahres um rund eine Million und die Teuerungsrate um rund 20 Prozent.

Wählerinnen bei der Stimmabgabe in Ankara.
Wählerinnen bei der Stimmabgabe in Ankara.
© Umit Bektas/Reuters

Bei der Wahl gab es Zwischenfälle. Zwei Tote gab es im ostanatolischen Malatya, wo der Nachrichtenagentur DHA zufolge zwei Gruppen in einem Wahllokal im Bezirk Pötürge aneinandergerieten. Ein Mann habe eine Pistole gezogen und zwei andere getötet. Der Chef der kleinen Oppositionspartei Saadet, Temel Karamollaoglu, schrieb auf Twitter, die Opfer seien Wahlbeobachter seiner Partei. Bei der Kommunalwahl von 2014 waren laut Innenministerium noch zwölf Menschen ums Leben gekommen.

Außerdem gab es Berichte über Prügeleien und Messerstechereien. Das Innenministerium zählte bis zum Nachmittag Ortszeit 310 „Vorfälle“.

Oppositionelle Medien wie Bianet oder Dokuz8Haber berichteten von Unregelmäßigkeiten; das Ausmaß der Wahlmanipulationen war aber nicht unmittelbar absehbar. Im Osten, wo die pro-kurdische Oppositionspartei HDP besonders stark ist, standen Sicherheitskräfte vielerorts gleich neben den Urnen. Laut Wahlgesetz dürfen sich Sicherheitskräfte nur auf Anfrage hin in direkter Umgebung der Urnen aufhalten. Ein dpa-Reporter berichtete aus der Stadt Diyarbakir, dass in einer Schule, die als Wahllokal dient, Polizisten an den Türen der Klassenräume postiert waren, in denen die Wähler ihre Stimme abgaben.

Die Grünen-Politikerin Margit Stumpp, die in der osttürkischen Stadt Diyarbakir zur Wahlbeobachtung unterwegs war, sagte, HDP-Abgeordnete hätten ihr von großen Diskrepanzen in den Wählerregistern erzählt.

Rund 57 Millionen Türken waren landesweit aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Abstimmung fand in allen 81 Provinzen gleichzeitig statt. (dpa)

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