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Einig nach zähen Verhandlungen: Gema und Youtube
© dpa/Sven Hoppe

Youtube und Gema: Eine Einigung zur Freude der Nutzer

Lange Jahre stritt die Verwertungsgesellschaft Gema mit Youtube über die Verwendung von Musikvideos. Nun haben sich beide Seiten geeinigt. Wie kam es dazu? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Sieben Jahre lang hieß es bei Tausenden von Musikclips auf Youtube: „Dieses Video ist in Deutschland nicht verfügbar.“ Weil sich das Google-Tochterunternehmen und die Gema nicht über die Vergütung einigen konnten. Seit Dienstag aber ist der Streit beigelegt, beide Seiten vereinbarten einen neuen Vertrag.

Warum hat es so lange gedauert?

Der Streit zwischen Gema und Youtube hatte Ähnlichkeiten mit einem Asterix-Comic, in dem ein kleines gallisches Dorf Widerstand gegen das große römische Weltreich leistete. Zumindest hat sich die Gema gerne in der rebellischen Rolle gesehen, denn in anderen europäischen Ländern hatten sich die Verwertungsgesellschaften längst mit Youtube geeinigt. Aber auch die Youtube-Mutter Google hatte sich in Deutschland auf anderen Feldern längst mit der Gema geeinigt. Für seinen Musikstreamingdienst Google Music akzeptierte der Internetgigant die Vergütungsregeln ebenso wie Spotify oder Deezer. In der Frage der Youtube-Vergütung wollten die beiden Seiten jedoch bis jetzt nicht von ihren Maximalforderungen abweichen.

Warum kam die Einigung gerade jetzt zustande?

Die Verhandlungen zwischen Youtube und der Gema waren zwar in den zurückliegenden sieben Jahren ins Stocken geraten, doch die Gespräche zwischen den deutschen Rechteverwertern und dem weltweit größten Videostreamingportal waren nie ganz abgebrochen worden. Die Vorlage eines neuen Angebots an die Gema begründet Youtube damit, dass man unabhängig von einer Einigung in der Sache im Sinne der Nutzer handeln wollte. Dennoch sei weiter strittig, ob eigentlich die Plattform oder die Nutzer, die Musikvideos hochladen, für die Entrichtung der Lizenzgebühren zuständig sind. Der eigentliche Anlass für die Einigung dürfte jedoch sein, dass die Google-Tochter den Start des bereits in den USA eingeführten Abo-Diensts Youtube Red in Europa nicht gefährden wollte. Die Gema führt den Erfolg der Verhandlungen dagegen darauf zurück, dass die härtere Gangart der Europäischen Union im Umgang mit großen Internetunternehmen wie Google Wirkung zeige. Auch die gemeinsamen Forderungen von Künstlern aus ganz Europa an die Adresse der Europäischen Kommission zur Schaffung eines verbindlichen Urheberrechts könnten sich positiv auf die Verhandlungen ausgewirkt haben.

Was steht in dem Vertrag?

Über die genauen Details schweigen sich die Partner aus, die Gema verweist auf den ausdrücklichen Wunsch von Youtube zur Geheimhaltung der Vertragsdetails. Youtube macht zwar keine Angaben zu der Höhe der Zahlungen, legt aber Wert auf die Feststellung, dass anders als zunächst von der Gema gefordert nicht per Stream, sondern pauschal für eine nicht näher genannte Vertragslaufzeit gezahlt wird. Die Frage, wer sich durchgesetzt hat, ist somit nicht eindeutig zu beantworten. Die Gema kann für sich einen Vertrag geltend machen, bei dem „den Urhebern auch im digitalen Zeitalter eine angemessene Vergütung zusteht“, wie es Verbandschef Harald Heker ausdrückte. Verbraucherschutz-Minister Heiko Maas (SPD) begrüßte den Kompromiss. „Das ist eine gute Nachricht für Kreative, die über die Vermarktung durch Youtube zusätzliche Einnahmen erzielen werden. Es ist auch eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher, für die Inhalte mit Gema-Musikinhalten bisher gesperrt waren“, teilte er mit.

Für wen gilt die Einigung?

Die Gema mit ihren rund 70 000 Mitgliedern vertritt Komponisten, Textdichter und somit auch Singer-Songwriter. Nach der Einigung werden diese Urheber jetzt auch für die Zeit seit dem Ende des alten Vertrags im Jahr 2009 vergütet. Die Aufteilung liegt im Ermessen der Gema. Die Rechte der Plattenfirmen und der ausführenden Künstler vertritt die Gema hingegen nicht. Doch auch sie litten unter den Sperren der Musikvideos, da ihnen dadurch Einnahmen verloren gehen. Youtube beteiligt die Labels und Künstler an den Werbeerlösen vor den Musikvideos und schüttet nach eigenen Angaben den Großteil der Gelder aus. Auch in Österreich und der Schweiz, wo es keine Sperrtafeln gab, kann jetzt ebenso wie auch in Deutschland wieder Werbung geschaltet werden.

Was bedeutet die Einigung für die Künstlerinnen und Künstler?

Erleichterung und etwas mehr Geld. „Wir tanzen hier auf den Tischen“, sagte etwa Anne Haffmans, Deutschland-Chefin von Domino Records, am Dienstag. Sie habe schon fast nicht mehr daran geglaubt, dass es noch einmal zu einer Einigung zwischen der Gema und Youtube kommen werde. Bei dem Indie-Label sind Bands wie die Arctic Monkeys, Hot Chip und Franz Ferdinand unter Vertrag. „Endlich müssen wir denen nicht mehr erklären, warum ihre schönen Videos in Deutschland leider nicht zu sehen sind“, sagte Haffmans. Wie die rückwirkende Abrechnung bis ins Jahr 2009 funktionieren soll, kann sie sich allerdings aufgrund der immens hohen Datenmengen, die ausgewertet werden müssen, noch nicht recht vorstellen. Sie tippt auf eine pauschale Abrechnung. Weniger euphorisch äußerte sich hingegen Christof Ellinghaus, Geschäftsführer des Berliner Labels City Slang und Vorstandsvorsitzender des Verbands unabhängiger Musikunternehmen: „Ich bin skeptisch, denn viele Dinge bleiben unklar.“ Schließlich seien beide Seiten weiter unterschiedlicher Auffassung, ob Youtube oder die Uploader für die Lizenzierung der genutzten Musikwerke verantwortlich seien. „Es wirkt mehr wie eine temporäre Einigung“, sagte Ellinghaus, der dafür plädiert, Youtube wie einen Contentanbieter zu behandeln und nicht als Plattform.

Wie wurde zuvor mit Sperren umgegangen?

Es gab Schlupflöcher. Deklarierte eine Band oder ein Label einen Clip bei Youtube nicht als Musikvideo, sondern etwa als Comedy-Inhalt, konnte er so an der Sperre vorbeigeschmuggelt werden. Das bedeutete aber einen Verzicht auf die Musiklizenzeinnahmen, für die die Gema zuständig ist. Es blieben lediglich die Werbeeinnahmen. Zudem wichen die Musikerinnen und Musiker auf andere Videoplattformen wie Vimeo, Clipfish, Myvideo oder Vevo aus. Da Youtube das meistgenutzte Portal ist, war das jedoch immer nur eine Behelfslösung.

Sind mit der Einigung sämtliche Probleme beseitigt?

Derzeit besteht für Verträge wie dem zwischen Gema und Youtube das Prinzip der Freiwilligkeit. Zudem ist weiterhin strittig, wer für die Lizenzierung grundsätzlich aufkommen muss – Youtube oder die Nutzer, die die Clips auf die Plattform hochgeladen haben. Dahinter steht die Position vieler Internetunternehmen, dass sie als Provider nur die Plattform bereitstellen, aber nicht für die Handlungen der Nutzer verantwortlich sind. Die Gema fordert deshalb von der Politik unabhängig von der Einigung mit Youtube „einen klaren Rechtsrahmen“. „Der wirtschaftliche Wert kultureller und kreativer Werke muss auch den Schöpfern der Werke zugutekommen. Hier muss ein modernes Urheberrecht geschaffen werden, das es den Musikschaffenden ermöglicht, ihren wirtschaftlichen Anteil an der digitalen Wertschöpfung geltend zu machen“, fordert Verbandschef Heker.

Können Youtube-Nutzer jetzt beliebige Musikstücke hochladen?

Im Zuge der Einigung wurden sämtliche juristischen Streitigkeiten zwischen der Gema und Youtube ebenfalls beigelegt. Genau wie bei den Werbeerlösen spielen die Interpreten und Plattenfirmen auch für die Youtube-Nutzer eine zentrale Rolle. Ohne Einwilligung der Künstler und Labels dürften deren Songs nicht online gestellt werden, auch nicht zur musikalischen Untermalung eigener Youtube- Videoclips, warnt der Internet-Anwalt Christian Solmecke. Allerdings muss das nicht zwangläufig zu juristischem Ärger führen. Youtube hat ein technisches Verfahren entwickelt, mit dem die Urheber der Musik festgestellt werden können. Werden mit den Clips Werbeerlöse erzielt, werden die Urheber daran entsprechend beteiligt – unabhängig davon, wer das Video hochgeladen hat.

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