Russland stoppt Schiffe vor der Krim: "Eine Art der hybriden Kriegsführung"
Die Meerenge an der Krim wird von Russland kontrolliert. Der Grünen-Abgeordnete Manuel Sarrazin warnt davor, diesen Konflikt zu unterschätzen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin ist gerade von einer Reise in die Ukraine zurückgekehrt. Er besuchte nicht nur die Hauptstadt Kiew, sondern auch die Stadt Mariupol am Asowschen Meer, die seit Monaten unter dem Konflikt mit Russland leidet. Denn alle Schiffe, die Mariupol ansteuern, müssen die Meerenge vor der von Moskau annektierten Krim passieren. Im November hatten russische Einheiten die Durchfahrt ins Asowsche Meer zeitweise gesperrt und vor der Krim drei ukrainische Marineschiffe aufgebracht. Seitdem sind 24 ukrainische Seeleute trotz internationaler Proteste in russischer Haft. Der Grünen-Abgeordnete ließ sich in Mariupol vom Hafendirektor erklären, dass jedes Schiff an der Straße von Kertsch ein bis drei Tage festgehalten werde. Je länger ein Schiff unterwegs ist, desto teurer wird es für die Reederei. „Das ist eine Art der hybriden Kriegsführung, die das Vertrauen in die Entwicklung der ukrainischen Häfen schwächen soll“, sagte Sarrazin dem Tagesspiegel.
Deutscher Vorschlag gilt als wenig aussichtsreich
Um den Konflikt am Asowschen Meer zu entschärfen, hatte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) vorgeschlagen, deutsche und französische Beobachter an die Straße von Kertsch zu entsenden. Diese Idee unterbreitete der Minister im Januar seinen Amtskollegen in Moskau und Kiew. Offiziell begrüßten beide die deutsche Initiative. Doch Russland will keine Vereinbarung mit der Ukraine über eine solche Beobachtermission schließen. Für die Ukraine wiederum sind Fragen der Souveränität betroffen, wenn die Beobachter auf der völkerrechtswidrig annektierten Krim mit russischen Behörden verhandeln sollten.
„Um die russische Politik der Schikane gegen ukrainische Schiffe zu dokumentieren, muss man keine Beobachter entsenden“, sagte Sarrazin nach seinem Besuch in der Ukraine. Im Hafen von Mariupol werde über alle vorübergehend festgehaltenen Schiffe genau Buch geführt. „Man kann sich einfach die Liste aus Mariupol schicken lassen“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete.
Zugleich warnte Sarrazin davor, den Konflikt zu unterschätzen. „Ein kleiner Vorfall im Asowschen Meer könnte zu einem Wiederaufflammen des Krieges in der Ostukraine führen.“
Einige EU-Staaten wollen mehr Druck auf Moskau
Die von Maas vorgeschlagene Beobachtermission geht anderen europäischen Staaten nicht weit genug, sie wollen innerhalb der EU den Druck auf Russland erhöhen. In der vergangenen Woche waren der tschechische und der dänische Außenminister gemeinsam nach Mariupol gereist. Wenn die ukrainischen Seeleute nicht freigelassen würden, sollte die EU bereit sein, „neue, gezielte Sanktionen gegen Russland” zu prüfen, forderten die beiden Minister in einer gemeinsamen Erklärung. „Russland muss eine ungehinderte und freie Durchfahrt durch die Straße von Kertsch ins Asowsche Meer gewährleisten und seine Schikanen gegen Schiffe stoppen, die auf dem Weg in ukrainische Häfen sind.“
Am 18. Februar wollen die EU-Außenminister über die Lage an der Straße von Kertsch und mögliche weitere Schritte beraten. Dabei soll es auch um finanzielle Hilfen für die ukrainische Region am Asowschen Meer gehen. So könnte den Hafenstädten mittelfristig ein Ausbau wichtiger Straßen- und Schienenverbindungen helfen.