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Der russische Präsident Wladimir Putin.
© Alexei Druzhinin/Sputnik/Kremlin Pool/dpa

Konflikt zwischen Russland und der Ukraine: Europa muss dem Kreml klare Grenzen aufzeigen

Der Kreml führt seit Jahren einen verdeckten Krieg in der Ukraine. Eine neue Eskalation vor der Krim darf für Moskau nicht ohne Folgen bleiben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Die Nachrichten aus dem Schwarzen Meer sind alarmierend. Die russische Marine kapert drei ukrainische Schiffe, ein weiteres wird von einem russischen Schiff gerammt. Russland blockiert zeitweise eine strategisch wichtige Meerenge, so dass der Zugang zu ukrainischen Häfen versperrt ist. Die Ukraine will deshalb das Kriegsrecht ausrufen. So fangen Kriege an.

Doch auf den Konflikt, der sich derzeit zwischen Russland und der Ukraine abspielt, trifft dieser Satz eigentlich nicht zu. Denn der Kreml führt schon seit vier Jahren einen verdeckten Krieg in der Ukraine. Erst tauchten russische Soldaten in Uniformen ohne Hoheitszeichen auf der Krim auf, später annektierte Russland die ukrainische Halbinsel trotz internationaler Proteste. Zugleich schickte Moskau russische Kämpfer und Waffen in die Ostukraine, wo sie gegen die ukrainische Armee zum Einsatz kamen. Ohne die russische Intervention wäre der Krieg im Donbass nicht nur längst vorbei, er hätte nie begonnen. Die russische Führung jedoch beharrt seit vier Jahren darauf, nicht Kriegspartei zu sein.

Die Ereignisse an der Straße von Kertsch, der Meerenge zwischen der Krim und Russland, die den Weg vom Schwarzen ins Asowsche Meer öffnet, markieren eine weitere Stufe der Eskalation in diesem Krieg. Zugleich agiert der Kreml hier ganz offen und versucht gar nicht erst, die russische Rolle zu verdecken. Russland gab der Ukraine die Schuld an den Zwischenfällen und sprach von einer Grenzverletzung. Doch ein Abkommen von 2003 legt fest, dass beide Staaten gleichermaßen Zugang zum Asowschen Meer haben.

Jüngster Konflikt kam nicht überraschend

Jahrelang hat der Westen der Behauptung des Kremls, mit dem Krieg in der Ukraine nichts zu tun zu haben, viel zu wenig entgegengesetzt. Weder Angela Merkel noch Emmanuel Macron und schon gar nicht Donald Trump forderten Wladimir Putin öffentlich auf, seine Kämpfer aus der Ostukraine abzuziehen und den Angriff auf ein souveränes Nachbarland endlich zu beenden. Der Friedensprozess für den Donbass kommt seit Jahren nicht voran, nicht einmal der Waffenstillstand wird eingehalten. Im Westen ist dieser Krieg, in dem mehr als 10.000 Menschen getötet wurden, in Vergessenheit geraten.

Der jüngste Konflikt um den Zugang zum Asowschen Meer kam keineswegs überraschend. Seit Monaten hat Russland dort Handelsschiffe, die ukrainische Häfen anlaufen sollten, gestoppt und kontrolliert. Doch die Europäer schauten weg. Noch in der Nacht zu Montag forderte die Europäische Union Russland auf, die Straße von Kertsch wieder freizugeben, mahnte aber zugleich beide Seiten zu „äußerster Zurückhaltung“. Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte: „Wir rufen beide Seiten zur Deeskalation auf.“

Angreifer und Angegriffenen nicht gleich behandeln

Doch wer in einem Krieg den Angreifer und den Angegriffenen nahezu gleich behandelt, ist eben kein neutraler Vermittler, sondern schlägt sich auf die Seite des Aggressors. Es ist Zeit, dass die Europäer für Russlands Vorgehen in der Ukraine klare Worte finden.

Zugleich sollten sie deutlich machen, dass weitere Angriffe der russischen Marine oder eine Seeblockade nicht ohne Folgen für Moskau bleiben werden. Denkbar sind beispielsweise weitere gezielte Finanzsanktionen gegen die Kreml-Elite. Putin muss wissen, dass er und seine Getreuen für eine weitere Eskalation in der Ukraine einen hohen Preis zahlen würden.  

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