Energiewende: Ein EEG mit wenig Klimanutzen
Wichtiger als das Pariser Abkommen ist der Regierung ihr Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2013. Da kann sich die Welt weiterdrehen, wie sie will. Ein Kommentar.
So ein Koalitionsvertrag ist für die Ewigkeit. Jedenfalls im Fall von CDU, CSU und SPD, die sich seit 2013 konsequent nur an das halten, was in dem 134 Seiten starken Dokument steht. Und dort steht, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz bis 2025 zwischen 40 und 45 Prozent liegen soll. In der Union verstehen das viele Politiker so, dass der Anteil auf keinen Fall darüber liegen darf. Genau dieser Philosophie folgt nun die zweite Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) in dieser Legislaturperiode. Am Freitag haben Bundestag und Bundesrat das Gesetz gebilligt.
Ob das neue EEG zum Zusammenbruch der Windindustrie führen wird, wie das die Branchenverbände in der Debatte behauptet haben, wird die Praxis weisen. Wochenlang haben Regierung und Parlament darum gekämpft, Bürgerenergieprojekte besser zu stellen, um eines der Markenzeichen der deutschen Energiewende nicht zu verlieren: die meisten Wind- und Solarparks sind von privaten Investoren oder Bauern gebaut worden, oft von Menschen, die dort auch wohnen. Künftig sollen auch Leute profitieren, die nicht genug Geld haben, um selbst zu investieren. Mit Mieterstromprojekten sollen auch Geringverdiener etwas von der Energiewende haben. Die Zustimmung zum Totalumbau des Energiesystems ist in der Bevölkerung weiter groß – auch wenn es im Konkreten oft harte Auseinandersetzungen gibt: um Windräder oder um Stromleitungen.
Zwei Schöheitsfehler
Die Energiewende der großen Koalition hat aber zwei Schönheitsfehler. Zum einen spart sie aktuell kein Kohlendioxid ein. Zwar werden Windräder und Solaranlagen gebaut, aber bisher gehen keine Kohlekraftwerke vom Netz. Solange es über den Stromexport noch Absatzmärkte gibt, wird das auch nicht automatisch passieren. Mit der Klimareserve, die nichts anderes ist als eine Art Vorruhestand für Kohlekraftwerke, den sich die Energiekonzerne von den Stromkunden teuer bezahlen lassen, sollen nun bis 2020 die ersten Kraftwerke eingemottet werden.
Zur gleichen Zeit diskutiert die Bundesregierung aber auch über den Klimaschutzplatz 2050. Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die es geschafft hat, die sieben wichtigsten Industriestaaten, die G 7, dazu zu bringen, sich auf eine „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts“ einzulassen. Für Deutschland bedeutet das, bis 2050 aus der Kohlewirtschaft ausgestiegen zu sein und den Strom zu nahezu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Das steht im Klimaschutzplan, mit dem das Pariser Klimaabkommen umgesetzt werden soll, bisher auch so drin.
Nur das EEG mit seiner Ausbaubremse passt nicht dazu. Denn um den Verkehr von Treibhausgasen zu befreien, wird er im großen Stil elektrifiziert werden müssen. Dafür braucht es mehr Wind- und Solarstrom. Nicht weniger. Aber das steht so nicht im Koalitionsvertrag. Den wird wohl die nächste Regierung aushandeln müssen. Diese ist klimapolitisch offenbar am Ende.