Klimaschutz: Bis 2050 soll sich die Wirtschaft vom Kohlendioxid befreien
Klimaschutzplan 2050 liegt im Kanzleramt. Ins Kabinett geht er vielleicht im Herbst. Die erste Fassung des Plans enthielt noch Handlungsanleitungen. Inzwischen ist das Papier eher eine vage Leitlinie.
Eine „riesige Aufgabe“ sei das, was im lang erwarteten Klimaschutzplan 2050 enthalten sei, heißt es im Umweltministerium (BMUB). Die Regierungsstrategie „atme den Geist der Dekarbonisierung“, sagte ein hochrangiger Beamter des Hauses am Donnerstag. Was er damit sagen will? Bis 2050 muss sich die deutsche Volkswirtschaft von ihren Kohlendioxid-Emissionen befreien. Im Klimaschutzplan wird zumindest teilweise der Kurs darauf vorgezeichnet.
Vor wenigen Tagen hat der Klimaschutzplan 2050 das Umweltministerium verlassen – und liegt jetzt im Kanzleramt – zur „Frühkoordinierung“. Zuvor hatte sich das Haus von Barbara Hendricks (SPD) mit dem Wirtschaftsministerium noch früher koordiniert. Der 67 Seite lange Plan ist also ein gemeinsamer Vorschlag von Hendricks und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Wenn das Kanzleramt das Papier freigibt, beginnt die eigentliche Ressortabstimmung. Dann dürften vor allem das Verkehrs- und das Landwirtschaftsministerium den Plan weiter entschärfen. Und irgendwann im Herbst „steuern wir das Kabinett an“, heißt es im BMUB.
Zeitpläne haben es nicht in die zweite Fassung geschafft
Der Klimaschutzplan ist im Dialog mit dem Wirtschaftsministerium bereits zu einer eher programmatischen Schrift geschrumpft. Im Ursprungsentwurf waren noch klare Zeitpläne – auch für die Vorlage von Regierungsprogrammen zur Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode – enthalten. Die fehlen inzwischen weitgehend. Dennoch will die Regierung ihn als Modernisierungskonzept für die deutsche Wirtschaft verstanden wissen. Und sie erwartet damit, ihre Klimaziele bis 2050 erreichen zu können. Bis 2030 müssen demnach alle Sektoren der Wirtschaft ihre Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent mindern. Bis 2050 soll „Treibhausgasneutralität“ erreicht sein. Im Umkehrschluss bedeutet das nichts anderes, als einen vollständigen Kohleausstieg bis 2050, angesichts der Probleme anderer Sektoren aber vermutlich sogar „deutlich vor 2050“, wie es das BMUB ursprünglich formuliert hatte. So klar wollte es das Wirtschaftsministerium aber – wohl mit Rücksicht auf die SPD in Nordrhein-Westfalen – nicht im Plan stehen haben.
Der Verbrennungsmotor hat keine Zukunft
Und auch die Ansage an die Autoindustrie ist eigentlich klar. Ab 2030 dürfen nur noch Fahrzeuge zugelassen werden, die kein Kohlendioxid (CO2) mehr ausstoßen. Allerdings hat das Wirtschaftsministerium noch eine Passage in den Text hineinverhandelt, dass der Verbrennungsmotor für CO2-frei erzeugte synthetische Brennstoffe auch eine Zukunft haben soll. Die synthetischen Brennstoffe jedoch haben wegen ihrer hohen Kosten gegen Öl auf absehbare Zeit keine Chance, sich am Markt durchzusetzen. Es sei denn, Öl wird so hoch besteuert, dass sie vom Preis her zumindest gleichziehen, oder der Bundestag ringt sich in zehn Jahren zu einem Verbot von Benzin oder Diesel als Treibstoff im Straßenverkehr durch. Das Ergebnis im Klimaschutzplan ist jedenfalls eine Doppelbotschaft. Im BMUB sind sie trotzdem überzeugt, dass die Autoindustrie nach Dieselgate und dem beachtlichen Milliarden-Lehrgeld, das VW dafür aufbringen muss, inzwischen verstanden hat, dass die Zukunft elektrisch sein wird.
Um den Klimaschutzplan umzusetzen, soll übrigens eine Kommission eingesetzt werden, die die „Vollendung der Energiewende, den Klimaschutz, den Strukturwandel und das Wirtschaftswachstum“ zusammenbringen und den gesellschaftlichen Kompromiss dafür suchen soll. Wer das sein wird, und wann, steht nicht mehr im Plan.