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History - erstmals in der Geschichte der USA kann eine Frau Präsidentin werden.
© AFP

Clintons Kandidatur: Ein Arbeitssieg, keine Krönung

Die USA können erstmals tun, was anderswo längst Alltag ist: Eine Frau an die Spitze wählen. Clinton ist nicht die ideale Kandidatin dafür. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Amerika schlägt ein Kapitel im Geschichtsbuch auf, das für andere Nationen Alltag ist. Eine Frau an der Spitze – soll man das 2016 noch einen Meilenstein nennen? Indien wählte 1966 Indira Gandhi zur Regierungschefin, Israel 1969 Golda Meir, Großbritannien 1979 Margaret Thatcher – und Deutschland 2005 Angela Merkel. Die USA können sich nun in die historische Liste einschreiben. Erstmals hat eine Frau die Chance, ins Weiße Haus einzuziehen. Noch ist Hillary Clinton freilich nicht gewählt.

Die USA waren mal Vorreiter der Emanzipation

Warum so spät? Amerika war Vorkämpfer von „Women’s Lib“, der Emanzipationsbewegung. Es liegt weniger an Frauenfeindlichkeit der Gesellschaft als an den traditionellen Mechanismen des Politikbetriebs in den USA. Zudem war der Sturm auf andere Barrieren vielen Bürgern symbolisch noch wichtiger: die Wahl des ersten dunkelhäutigen Präsidenten, Barack Obama. Lange hatte wohl auch die richtige Kandidatin gefehlt.

Ist Hillary die Kandidatin, auf die das Land gewartet hat? Eher nicht. Deshalb war der Weg zu ihrer Nominierung keine von Begeisterung begleitete Krönungsprozession. Es ist ein Arbeitssieg, mühsam erkämpft an zwei Fronten zugleich: gegen den innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders sowie den populistischen Rüpel Donald Trump im Gegenlager.

Hillarys Demütigung

Es ist fast eine Demütigung für Clinton, dass sie sich mit all ihrer Sachkompetenz nicht früher durchsetzen konnte. Und zugleich typisch. Sie musste sich alles durch Hartnäckigkeit und Fleiß erarbeiten. Geliebt wurde sie nicht. Sie ist auch keine gute Wahlkämpferin. Der Anteil der Wähler, die ihr misstrauen, ist auf 57 Prozent gestiegen. Im Gespräch mit Menschen kann sie durchaus überzeugen. Im Fernsehen und bei Massenveranstaltungen wirkt sie wenig authentisch. Sie klingt, als habe sie ihre Sätze auswendig gelernt. Viele Amerikaner nehmen sie als verschlossen wahr, als Person, die nicht ehrlich über ihre Ansichten und ihr Verhalten Auskunft gibt. Die E-Mail-Affäre ist nur ein Beispiel von vielen.

Und doch: Wenn Amerika nun die Wahl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump hat, kann es keine Frage sein, wer von beiden besser wäre: für die USA, aber auch für Deutschland, Europa und die Welt. Sie hat sich über Jahrzehnte in die nationalen und internationalen Sachfragen eingearbeitet. Sie hat Kompetenz. Trump nicht. Er macht Schlagzeilen mit Provokationen, flotten Sprüchen und Beleidigungen. Ernsthafte politische Lösungen hat er nicht anzubieten. Er mag die bessere Rampensau sein. Die Schalthebel der Macht kann man nur ihr anvertrauen.

Sie hat bessere Siegeschancen als Trump

Chancenlos ist Trump nicht bei der Hauptwahl im Herbst. Clinton hat aber die besseren Aussichten – und das größere Wählerpotenzial: die klare Mehrheit der Frauen, der Afroamerikaner und Latinos sowie des jüngeren Teils der Bevölkerung. Die jungen Sanders-Fans muss sie freilich erst überzeugen. Und sie darf in den fünf Monaten bis zur Wahl am 8. November keine Fehler machen.

Ein Fehler wäre es, wenn sie jetzt Druck auf Sanders ausübt. Sie muss ihm die Zeit lassen, die sie selbst 2008 brauchte, um ihre Niederlage zu verdauen. Den Druck machen andere. Er wird einlenken, damit die Demokraten sich auf dem Parteitag in sechs Wochen als große bunte Familie präsentieren, die der Wunsch eint, Donald Trump zu verhindern und weiter im Weißen Haus die Geschicke Amerikas zu lenken.

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