Letzter großer Vorwahltag im US-Wahlkampf: Clinton kämpft an zwei Fronten in Kalifornien
Rechnerisch hat Hillary die Nominierung längst sicher. Und doch muss sie heute gewinnen, um sich gegen Sanders und Trump zu behaupten. Es geht auch um die Dürre.
Eines ist sicher: Am Dienstag Abend, nach dem letzten großen Vorwahltag, wird Hillary Clinton sich zur Siegerin im Ringen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten erklären. Am Sonntag hat sie Bernie Sanders in Puerto Rico geschlagen, am Samstag in den Virgin Islands. Kurz bevor heute die Abstimmungen in sechs Bundesstaaten beginnen, hat eine ganze Reihe so genannter "Superdelegierter" ihre Unterstützung für sie erklärt: Parteifreunde, die als Abgeordnete, Gouverneure, Senatoren und andere Amtsträger eine Stimme auf dem Parteitag haben und sich bereits öffentlich für sie entschieden haben.
Clinton hat die nötigen Delegierte für die Nominierung
Eine geschickte Inszenierung. Schon bevor im Ergebnis der Vorwahlen an diesem Dienstag nochmals einige hundert Delegiertenstimmen hinzukommen, hat sie rein rechnerisch die Stimmen für die Spitzenkandidatur beisammen. 1812 „Pledged Delegates“ hat sie in den bisherigen Vorwahlen errungen. Bis Montag hatten sich 548 „Superdelegierte“ für sie erklärt. So fehlten ihr nur 22 Delegierte zu den 2382, die für die Nominierung nötig sind. Doch über Nacht ist die Lücke geschlossen. Am Dienstagmorgen ist die Zahl der Superdelegierten auf 571 geklettert - und die Summe aus "Pledged Delegates" und Superdelegierten auf 2383.
Mehr als 600 weitere Delegierte sind an diesem letzten großen Vorwahltag in Kalifornien, Montana, New Jersey, New Mexico, North und South Dakota zu vergeben. Eigentlich ist es nun egal, wie die sechs Vorwahlen heute ausgehen. Rechnerisch hat Clinton die Nominierung sicher und Sanders keine Chance mehr.
Sanders macht eine andere Rechnung auf
Politisch sieht das Bild anders aus. Falls Sanders heute in Kalifornien gegen Clinton gewinnt, wird er seine Niederlage bei der Gesamtzahl der Delegierten nicht eingestehen, sondern den Kampf in den Parteitag tragen. Nur die „Pledged Delegates“ aus den Vorwahlen zählen in dieser Rechnung, behauptet er nun. Bei denen komme Clinton nicht auf 2382. Und die „Superdelegierten“ dürften bis kurz vor der Abstimmung auf dem Parteitag die Seite wechseln. Das sei nicht nur eine theoretische Regel. Sondern viele Superdelegierte werden das auch tun, sagt Sanders voraus, weil er klar machen könne, dass er die besseren Chancen habe, Donald Trump bei der Hauptwahl am 8. November zu besiegen.
Gegen Trump schneidet Sanders besser ab als sie
Kann Sanders die Sensation schaffen? In den Umfragen für Kalifornien führt Clinton mit 48 zu 46 Prozent, in denen für New Jersey mit 57 zu 37 Prozent. Sanders habe den Kampf um die Nominierung schon lange verloren, analysierte die „Washington Post“ am Montag. Doch wahr ist eben auch: Im direkten Vergleich mit Trump schneidet Sanders besser ab: 49,8 zu 39,4 Prozent. Sie schafft laut Umfragen nur 1,5 Prozentpunkte Vorsprung vor Trump (43,8 zu 42,3 Prozent).
Eine Schlappe heute würde Clinton doppelt schaden: Der parteispaltende Wettbewerb mit Sanders würde sich bis zum Parteitag Ende Juli fortsetzen. Sie müsste sich mit ihm auseinandersetzen, statt sich auf Trump zu konzentrieren. Und der hätte eine neue Vorlage, sie als „Looser“ zu verspotten: als Verliererin.
Trump behauptet: Es gibt keine Dürre in Kalifornien
Der Kampf gegen Trump ist schwierig genug. Warum er ein so unbequemer Gegner für sie ist, zeigt sich in Kalifornien gerade beim Thema Dürre. Wassermangel hat es im Central Valley saisonal schon immer gegeben, auch bevor eine immer dichtere Besiedelung mit einer immer intensiveren Landwirtschaft um knappe Ressourcen konkurrierte.
Trump zeigt erneut, wie er ein Thema so vereinfacht und zuspitzt, dass er Clinton die politische Luft entzieht. Vor seiner Kundgebung in Fresno hat er sich mit Farmern getroffen. Und nun peitscht er seine Anhänger in der Selland-Arena mit der Behauptung auf, der Wassermangel sei künstlich verursacht: "Es gibt keine Dürre in Kalifornien!" Eine verrückte Verwaltung drehe den Farmern das Wasser ab. "Niemand versteht das", wettert Trump mit wutverzerrter Miene. Seine Fans antworten mit "Buhs". Die Stimmung ist aufgeladen. Draußen beim Einlass hat es mal wieder Rangeleien mit Anti-Trump-Protestierern gegeben. Die Polizei musste in "riot gear" anrücken: der martialisch wirkenden Ausrüstung mit Helm, Schutzschild und Schutzkleidung, wie Kalifornien sie sonst nur bei Rassenunruhen kennt.
Clinton zeigt Sachkenntnis. Hilft das?
Und schon ist Clinton wieder in der Defensive. Eigentlich wollte sie bei ihren Kundgebungen zwei kleine Terraingewinne feiern. Eine wichtige Umweltschutzgruppe, der NRDC Action Fund, und Gouverneur Jerry Brown haben ihr den Vorzug vor Bernie Sanders gegeben. Doch weil Trump den Wassermangel zum Thema macht, werden die Umweltschützer für Hillary zum Risiko. Natürlich kann sie erläutern, was da wirklich vor sich geht. Sie kennt sich aus. Sie verweist sie auf den Klimawandel. Sie erklärt das Ökosystem, das der Staat nur durch Wasserrationierung schützen könne, sie nennt die vom Aussterben bedrohten heimischen Fischarten wie den "Three Inch Delta Smelt" beim Namen.
Fische gegen Farmer
Doch so wie Trump den Streit dreht - "Irgendein Fisch ist denen wichtiger als die Existenz unserer Landwirte!" -, ist es schwer für sie, die politische Auseinandersetzung um den Sinn der Wasserrationierung zu gewinnen. Mit der Unterstützung durch den Gouverneur und die Umweltschutzgruppe wird sie in dieser Lage wohl nicht sehr viele neue Fans gewinnen. Politisch hat er ihren Vorsprung an Sachkompetenz mit seinen Methoden neutralisiert.