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Zäsur. Am Donnerstag sprach Hillary Clinton in Kalifornien, wo am Dienstag Vorwahlen stattfinden - und griff ihren Konkurrenten Donald Trump überraschend scharf an.
© David McNew/AFP

Im Duell mit Donald Trump: Hillary Clintons neue Lust am Angriff

Machthungrig, verschlossen, wehrlos: viele Amerikaner haben keine hohe Meinung von Hillary Clinton. Jetzt sind alle gespannt, ob ihre neue Strategie im Wahlkampf zündet. Unser Blendle-Tipp.

Hillary Clinton mag mitunter die Welt nicht mehr verstehen. Und mitunter könnte man dieses Gefühl sogar verstehen. Denn Selbstdarstellung und Fremdwahrnehmung stehen bei der Bewerberin um das amerikanische Präsidentschaftsamt nicht selten in einem extremen Kontrast.

Vor ein paar Tagen zum Beispiel führte sie Wahlkampf in Connecticut, ganz in der Nähe von Newtown. Am 14. Dezember 2012 hatte ein Amokläufer dort in der Sandy-Hook-Grundschule 20 Kinder und sechs Erwachsene erschossen. Vor ihrer Kundgebung an der Universität von Bridgeport setzt sie sich im Umkleideraum der Sporthalle mit Opferfamilien zusammen. Francine und David Wheeler sind mit ihrem 13-jährigen Sohn Nate und dem 17 Monate alten Baby Matty gekommen. Von Benjamin, ihrem mittleren Sohn, sind nur Fotos geblieben. Und ein verzweifelter Schmerz, der nicht vergehen will. Immer wieder schiebt der Vater die Fotografien in Clintons Blickfeld.

Clinton spricht mit leiser aber eindringlicher Stimme, erklärt was sie gegen die Waffenlobby zu tun gedenkt. „Unsere Gegner verbreiten Angstparolen: Wir wollten angeblich allen Amerikanern die Waffen wegnehmen. Sie lügen. Aber wir müssen genauso entschlossen und organisiert handeln.“

Übergangslos wird sie zur Großmutter

Doch als der auf dem Boden krabbelnde Matty anfängt, den Klettverschluss seiner Windel zu öffnen, vergisst sie kurz die Wahlkampfslogans und wird zur Großmutter, die übergangslos nach dem letzten Windelwechsel fragt. Ihr erstes Enkelkind ist ungefähr im selben Alter wie Matty. Im Sommer erwartet sie das zweite. Hillarys Verhalten wirkt nicht künstlich oder berechnend. Ein Mitmensch, der das Leid der Wheelers versteht, ein Familienmensch, der mit Babys umgehen kann, und zugleich mit Leib und Seele eine Politikerin. An jenem Tag in Bridgeport nimmt man ihr das ab.

Die Schlagzeilen dieser Tage malen ein anderes Bild von ihr. Sie sei machthungrig, verschlossen, taktierend. Ihr republikanischer Konkurrent Donald Trump nennt sie ständig „crooked Hillary“, die „betrügerische Hillary“. TV-Sender spekulieren, ob das FBI wohl Anklage gegen sie erhebt, nachdem die interne Untersuchung des Außenministeriums ergeben hat, dass sie keine Genehmigung hatte, Dienst-E-Mails über ihren privaten Server zu leiten.

Die „New York Times“ bemängelt, dass sie den Attacken Trumps ziemlich wehrlos ausgeliefert sei, und die „Los Angeles Times“ berichtet, dass ihr Vorsprung vor dem innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders in Kalifornien schrumpfe. Am Dienstag finden dort und in fünf weiteren Staaten Vorwahlen statt. Mit 39 Millionen Einwohnern ist Kalifornien der bevölkerungsreichste US-Staat. 475 Delegierte sind zu vergeben. Das „Wall Street Journal“ überlegt: Schnappt ihr Bernie Sanders doch noch die Kandidatur weg?

Den vollständigen Text finden Sie im digitalen Kiosk Blendle.

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