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Hört die CSU irgendwann die Signale?
© DPA

Heute startet der CSU-Parteitag in Nürnberg: Diese CSU passt nicht zu Deutschland

Der Shitstorm rund um #YallaCSU macht deutlich: Diese Partei pflegt eine Politik, die nicht (mehr) zur Berliner Republik passt. Die Mehrheit der Deutschen ist längst weiter als Seehofer, Gauweiler und Co. Ein Kommentar.

Die CSU ist eine demokratische Partei. Die Parteiführung in München lässt aber manchmal mit ihren Kampagnen und Forderungen, mit ihrer politischen Kultur insgesamt daran zweifeln, ob die CSU noch mit dem gesellschaftlichen Wandel in Deutschland mithalten kann und mithalten möchte. In den letzten Monaten wurde aus dem "manchmal" ein "oft".

Aus Bayern, darüber könnte die gemäßigte Schwesterpartei ein Lied singen, verstand sich die CSU anscheinend schon immer als konservative Fundamentalopposition, am besten mit Regierungsbeteiligung. Während Angela Merkel den Pfad der erzkonservativen Identitätspolitik schon als Oppositionsführerin verlassen hat, stochert die CSU mit - im wahrsten Sinne - unzeitgemäßen Vorschlägen in rechten Wählerschichten herum. Die konservativen Themen rund um Identität und Nationalismus links liegen zu lassen, birgt durchaus eine Gefahr. Mit ihnen munter zu spielen auch.

In der Tradition von Franz Josef-Strauß, so ist es auch jüngeren Menschen in Deutschland bekannt, werden regelmäßig krude Vorschläge, Taten und politische Methoden in die Bundespolitik eingebracht. Die "Spiegel"-Affäre ist da nur das berühmteste Beispiel.

CSU-Politiker wollen beispielsweise Entschädigungen von Staaten wie Tschechien für deutsche Vertriebene im zweiten Weltkrieg eintreiben. Blasphemie sollte unter Strafe gesetzt werden, lautete ein CSU-Vorschlag mit Blick auf eine Satiresendung rund um den Papst. Zum Thema Zuwanderung gefragt, warnte Edmund Stoiber als Nachwuchspolitiker vor einer "durchmischten und durchrassten" Gesellschaft. Das war im Jahr 1988, doch seitdem scheint die Parteiführung nicht sonderlich dazu gelernt zu haben. Die CSU geht so gar nicht mit der Zeit. Das kann man sowohl als integer aber auch als ewig gestrig einstufen.

Hier twittert Tagesspiegel-Volontär Mohamed Amjahid live vom CSU-Parteitag:

Ein Vorschlag wie die "Herdprämie" zum Beispiel ist in erster Linie ein diskutables Projekt. Man kann, je nach politischer Ansicht, dafür oder dagegen sein, dass Kinder so lange wie möglich am besten bei der Mutter aufwachsen. In Bayern gibt es anscheinend mehr Wähler, die dies befürworten. Okay. Gleichzeitig aber für eine Deutschpflicht für Migranten in den eigenen vier Wänden zu plädieren, ist aber alles andere als Politik aus einem Guss. Integrationspolitik kann das auf gar keinen Fall sein.

Wenn vom CSU-Parteitag nur der Hashtag #YallaCSU übrig bleibt, muss sich die Union insgesamt über ihr parteipolitisches Profil Gedanken machen. Doch die CSU sucht von Parteitag zu Parteitag, von Koalitionsausschuss zu Koalitionsausschuss und von Wahlkampf zu Wahlkampf nach Parolen, die Politikwissenschaftler einhellig als populistisch betrachten. Besserung ist nicht in Sicht.

Vorschläge wie die "Deutschpflicht für Migranten", Kampagnen wie "wer betrügt, der fliegt", Parolen gegen Griechenland im Zuge der Finanzkrise, kategorische Wahlkämpfe "gegen Brüssel" oder die Begründung warum Ausländer nun eine extra-Maut auf deutschen Straßen mitten in Europa zahlen sollen, lassen die CSU als Partei immer weiter von der Realität in der Berliner Republik im Jahr 2015 wegdriften. Es gibt vielleicht - auch aufgrund von regionalen Gründen - ein großes Wählerpotenzial in Bayern, in ganz Deutschland müsste sich die CSU aber mit der AfD um zehn Prozent der Wählerstimmen streiten.

Mohamed Amjahid

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